Die Männer von Bravo Two Zero
davongekommen.
Sie traten mich ein paarmal, um mich zum Aufstehen zu bewegen. Ich stand aufrecht da, die Hände in die Luft gestreckt, und starrte geradeaus. Es war ein schöner blauer Himmel, einfach herrlich. Ich kehrte Syrien den Rücken zu und blickte auf die Acker und das Grün, auf die Hütten und Wege, denen ich in der Nacht ausgewichen war.
Alles umsonst. So kurz nach Anbruch der Dunkelheit. Sie fuchtelten nervös mit den Waffen herum und sprangen auf und ab, wobei sie seltsame, unverständliche Laute von sich gaben. Sie waren genauso verängstigt wie ich. Sie feuerten Salven in die Luft, und ich dachte, jetzt fehlt nur noch, daß ich aus Versehen eine Kugel in den Kopf kriege.
Zwei LandCruiser parkten rechts von der Brücke. Drei Männer marschierten auf der Stahlplatte auf und ab; acht oder neun andere rannten auf beiden Seiten des Grabens hin und her.
Die Landschaft sah noch europäischer aus, als ich gedacht hatte. Ich war stinksauer auf mich. Hätte man mich in einer kargen Wüste aufgegriffen, wäre das Pech gewesen, aber so geschnappt zu werden, in einer Gegend, die auch in Nordwesteuropa hätte liegen können, das war verdammt schwach.
Überall waren Soldaten; sie schwatzten durcheinander, noch immer sehr mißtrauisch. Jetzt, da sie mich hatten, wußten sie nicht genau, was sie mit mir anstellen sollten. Es gab offenbar mehr Häuptlinge als Indianer; jeder wollte Befehle erteilen. Vermutlich konnten sie mit einer Belohnung rechnen. Ich stand reglos im Schlamm, ein Häufchen Elend. Ich blickte geradeaus, kein besänftigendes Lächeln, keine trotzige Miene, nicht der geringste Blickkontakt. Meine Ausbildung übernahm die Kontrolle. Ich spielte bereits den Unscheinbaren.
Sie fingen an, in den Boden zu schießen. Sie waren unglaublich aufgeregt. Ich fürchtete schon, daß sie mich aus Versehen töten würden und nicht auf Befehl oder in einem Gefecht mit mir. Nicht, daß ich mir Gedanken um Ruhm und Ehr’ gemacht hätte, ich wollte bloß nicht deshalb sterben, weil irgend so ein schieß wütiger Vollidiot durchdrehte. Oder schlimmer, schwer verletzt werden. Aber in solchen Situationen darfst du auf gar keinen Fall zeigen, daß du Angst hast; du stehst einfach da, atmest tief durch, schließt die Augen und läßt sie machen.
Das Schießen hörte nach 15 Sekunden auf. Einer der Soldaten sprang hinunter und suchte unter der Brücke nach meiner Ausrüstung. Er kam mit der Karte zurück, die nicht markiert war, der Gürteltasche und dem Kampfmesser. Er fuchtelte mit der Klinge vor meiner Nase herum und tat dann so, als wolle er mir die Kehle durchschneiden. Ich dachte, das kann ja heiter werden.
Einer der anderen Soldaten stieß mich mit seiner Waffe an und gab mir zu verstehen, daß ich mich hinknien sollte.
Will er mich töten? Muß ich jetzt sterben?
Ich konnte mir keinen anderen Grund denken, warum ich mich hinknien sollte. Wenn sie mich mitnehmen wollten, würden sie mich wegschleifen oder mich irgendwohin bugsieren.
Soll ich mich hinknien und darauf warten, erschossen zu werden, oder soll ich abhauen?
Ich würde nicht weit kommen. Nach fünf Schritten wäre ich tot. Ich kniete mich ins Wasser und in den tiefen Schlamm.
Der Grund des Bewässerungsgrabens war etwa einen halben Meter tiefer als die Felder drumherum, und als ich mich hingekniet hatte, war mein Gesicht etwa in Höhe der Stahlplatte. Ich blickte hoch.
Einer der jungen Burschen bestrafte mich mit einem Tritt gegen das Kinn, so daß ich rückwärts in den Graben fiel. Wasser strömte mir in die Ohren, und grellweiße Flecken tanzten vor meinen Augen. Als ich sie wieder öffnete, sah ich wie durch explodierende Sterne hindurch, daß sich Menschen um mich drängten und aus dem klaren, blauen Himmel gleich Gewehrkolben auf mich herabregnen würden.
Selbst wenn man benommen ist, reagiert der Körper mit dem Selbstschutzreflex, man dreht sich weg. Mit dem Gesicht im Schlamm rollte ich mich zusammen, so eng ich konnte. Fallschirmspringer sagen, wenn es stürmisch ist und sie wissen, daß die Landung heikel wird: »Füße und Knie zusammen und die Landung über sich ergehen lassen.« Ich mußte das hier über mich ergehen lassen, ich konnte nichts dagegen tun. Ich war nicht erschossen worden, und eingedenk dessen war es fast eine angenehme Überraschung.
Sie verhielten sich fast wie verspielte Tiere, versetzten mir ab und zu einen Tritt, wichen zurück, kamen erneut, wurden immer mutiger. Sie packten mich an den Haaren und zerrten
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