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Die Männer von Bravo Two Zero

Die Männer von Bravo Two Zero

Titel: Die Männer von Bravo Two Zero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy McNab
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Einerseits beunruhigte es mich sehr, daß Leute in der Nähe waren, andererseits tat es einfach gut, menschliche Stimmen zu hören, denn es zeigte mir, daß ich nicht allein war. Ich fror und war erschöpft. Irgendwie tröstete es mich, daß ich noch unter den Lebenden weilte.
    Manchmal kamen irgendwelche Wagen so bedrohlich nahe, daß mir das Herz stockte.
    Werden sie anhalten?
    Sei nicht albern - keine Panik, sie wollen zum Fluß.
    Die suchen nach dir.
    Aber nicht intensiv - es ist zu nahe an der Grenze.
    Die Geräusche waren unheimlich. Wenn sie mich erreichten, hatte ich sie im Geist bereits hundertfach verstärkt. Ich hatte Panik, daß die Kinder vielleicht neugierig wurden. Kinder müssen spielen. Vielleicht wollten sie im Wasser spielen? Oder mit den Ziegen? Was würden sie machen? Kinder sind kleiner als Erwachsene, also hätten sie einen besseren Blickwinkel unter die Brücke. Sie könnten meinen Kopf oder meine Füße sehen, und sie müßten nicht besonders helle sein, um zu wissen, daß sie Alarm schlagen müßten.
    Ich wollte auf gar keinen Fall geschnappt werden. Nicht jetzt. Nicht nach allem, was ich durchgemacht hatte.
    Ich sah immer wieder auf die Uhr, die auf meiner Brust lag. Einmal war es ein Uhr. Eine halbe Stunde später sah ich wieder nach. Es war fünf nach. Die Zeit zog sich, aber allmählich empfand ich meine Lage als nicht mehr ganz so schlimm. Trotz Fahrzeugen, Ziegen und Ziegenhirten war ich davongekommen. Ich versuchte weiter, mir die Karte einzuprägen, und ging die Strecken im Geist durch. Ich konnte kaum noch erwarten, daß es dunkel wurde.
    Mit ohrenbetäubendem Scheppern donnerten mehrere Fahrzeuge über die Brücke. Diesmal hielten sie an.
    Wieso halten die? Du steckst in der Scheiße.
    Keine Sorge, die laden nur jemanden ein. Verhalt dich
    einfach mucksmäuschenstill, kontrollier deine Atmung.
    Ich versuchte mit allen Kräften, positiv zu denken, so als ob sie dann nicht kommen und mich entdecken würden. Die 7.62er ist ein großkalibriges Geschoß. Das Gehämmer von mehr als 100 davon, die nur Millimeter vor meiner Nase auf die Stahlplatte krachten, war das Schlimmste, was ich je gehört hatte. Ich rollte mich zusammen und schrie innerlich.
    Scheiße! Scheiße! Scheiße! Scheiße! Scheiße!
    Männer brüllten aus Leibeskräften. Sie feuerten auf den Bewässerungsgraben. Der Schlamm spritzte auf. Ich spürte das Beben. Ich rollte mich noch enger zusammen und hoffte, nicht getroffen zu werden. Das Knallen, die Einschläge und Rufe nahmen kein Ende.
    Das Schießen hörte auf, doch das Rufen nicht. Was hatten sie jetzt vor - würden sie einfach eine Waffe unter die Brücke halten und mich wegpusten oder was?
    Ich machte mir vor Angst in die Hose. Ich wußte nicht, was sie wollten. Ich verstand nicht, was sie schrien. Wollten sie mich gefangennehmen? Wollten sie mich töten? Würden sie eine Granate werfen? Verdammt, dachte ich, wenn sie mich hier rauskriegen wollen, müssen sie mich rausziehen.
    Ich war mir ganz sicher, daß ich in einem Bewässerungsgraben vier Kilometer vor der Grenze sterben würde. Meine Nase berührte quasi die Unterseite der Stahlplatte. Ich reckte den Hals, konnte aber so gut wie nichts sehen.
    Die Mündung eines Gewehrs kam nach unten. Dann das Gesicht eines Mannes. Als er mich sah, machte er ein völlig verdutztes Gesicht. Er prallte zurück und rief etwas.
    Als nächstes sah ich, wie jede Menge Stiefel rechts und links in den Bewässerungsgraben sprangen. Drei Männer an jeder Seite, die wie verrückt brüllten. Sie forderten mich durch Zeichen auf, herauszukommen.
    Geschissen!
    Sie wollten meine Hände sehen. Ich lag auf dem Rücken, Beine und Hände ausgestreckt. Zwei Männer packten jeder einen Stiefel und zogen.
    Ich rutschte auf dem Rücken unter der Brücke hervor und konnte zum ersten Mal bei Tageslicht einen Blick auf Syrien werfen. Es war das schönste Land auf Erden. Ich konnte den Flaggenmast auf der Anhöhe sehen, verführerisch nah. Mir war, als brauchte ich nur die Hand auszustrecken und hätte ihn berühren können. Ich fühlte mich wie das Opfer eines Raubüberfalls; ich war fassungslos, daß mir so was passierte, und fast empört, weil man mir etwas wegnahm, worauf ich ein Recht hatte.
    Wieso ich? Mein ganzes Leben lang bin ich ein Glückspilz gewesen. Ich habe brenzlige Situationen erlebt, für die ich nichts konnte, und ich habe in Schwierigkeiten gesteckt, die auf mein Konto gingen. Aber immer bin ich einigermaßen heil

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