Die Männer von Bravo Two Zero
Tagen einen Motor repariert. Mein Körper war mit Schlamm bedeckt, der langsam einkrustete, während ich ging. Schweiß rann mir den Rücken hinab, und im Schritt und unter den Achseln bildeten sich feuchtklamme Flecken. Arme und Beine waren zwar eiskalt, doch wenigstens war mir am übrigen Körper warm, da ich in Bewegung war.
Es war noch immer sehr kalt. Der Schlamm war mit einer dünnen Eisschicht überzogen. Jede Pfütze hatte einen einige Zentimeter breiten, hartgefrorenen Eisrand. Es war eine schöne, kristallklare Nacht. Die Sterne funkelten, und an jedem anderen Ort der Welt hätte ich staunend zum Himmel geschaut. Doch der sternenklare Himmel bedeutete hier, daß keine Wolken da waren, die den Mond im Westen bedeckten, und kein Wind, der die Geräusche verwehte.
In einigen vereinzelten kleinen Hütten brannte Licht oder brummte ein Generator. In einer Stadt in südlicher Richtung konnte ich Lichter sehen. Hunde bellten; ich schlich an Gebäuden vorbei und hoffte, daß niemand auf mich aufmerksam würde.
Autoscheinwerfer in der Ferne jagten mir einen Schreck ein. Waren das meine Verfolger? Suchte man jetzt die Felder ab? Ich war hier nicht mehr sicher. In einer halben Stunde wurde es hell - nicht genug Zeit, um durch die Stadt hindurchzukommen, geschweige denn, sie zu umgehen und die andere Seite zu erreichen.
Als die Lichter nach und nach schwächer wurden, mußte ich mich entscheiden. Sollte ich weitergehen oder hier bleiben? Sollte ich mich verstecken oder so schnell wie möglich zur Grenze laufen und versuchen, sie vor Tagesanbruch zu überqueren? Wie groß war die Wahrscheinlichkeit, daß die Irakis mich am Tag verfolgten? Bislang war mir offensichtlich niemand gefolgt. Vielleicht dachten sie, ich wäre bereits jenseits der Grenze und über alle Berge.
Die Häuser sahen so einladend aus. Sollte ich in eins der kleinen Gebäude gehen und den Tag über bei irgendeinem alten Knaben am offenen Kamin bleiben? Ich hätte ein Dach über dem Kopf und wahrscheinlich auch zu essen und zu trinken - und theoretisch eine bessere Chance, einer Entdeckung zu entgehen. Aber man sollte nie eine isolierte oder offensichtliche Deckung nehmen, da sich jeder Suchtrupp automatisch zuerst auf diese Punkte konzentriert. In Filmen sieht man zwar immer wieder, daß sich Leute in Scheunen verstecken, aber das ist reine Fiktion. Da finden sie dich ganz bestimmt. Sich unter einem Strohballen verstecken und um Haaresbreite einem stochernden Bajonett entgehen, das läuft nicht.
Die beste Chance war ein Versteck im offenen Gelände, und zwar möglichst so, daß ich weder vom Boden noch von der Luft aus zu sehen war. Ich mußte mit dem Schlimmsten rechnen, also damit, daß die Iraker Suchflugzeuge einsetzten. Ich entdeckte einen Bewässerungsgraben, der knapp einen Meter breit und einen halben Meter tief war und leichtes Gefalle hatte, so daß das Wasser darin floß. Ich stieg hinein und ging in dem Graben weiter, froh, im schlammigen Wasser keine Spuren zu hinterlassen. Das Wasser floß von Ost nach West, genau in meine Marschrichtung.
Ich sah auf die Uhr und errechnete die Minuten bis zum Morgengrauen. Alle paar Meter blieb ich stehen und sah mich um, lauschte, überlegte den nächsten Schritt, überlegte, was ich machen würde, wenn der Feind von vorn kam? Was, wenn er von links kam? Ich rief mir das Gelände in Erinnerung, über das ich bisher gekommen war, und skizzierte mir den besten Fluchtweg für alle Eventualitäten.
Nach 300 oder 400 Metern sah ich vor mir etwas Dunkles. Entweder ein kleiner Damm oder ein Brückchen. Als ich näher kam, erkannte ich, daß eine Stahlplatte als provisorische Brücke über den Graben gelegt worden war, wie man es in Europa bei Straßenarbeiten macht. Ein Weg verlief darüber, der sich in nordsüdlicher Richtung vom Euphrat zu der Siedlung erstreckte. Es dämmerte bereits. Ich mußte eine Entscheidung treffen. Ich konnte im Graben weitergehen und hoffen, irgend etwas Besseres zu finden, oder mich hier verkriechen, was ich unter dem Strich für die bessere Alternative hielt.
Schwierig war nur, daß das, was einem im Dunkeln und in der Not betrachtet ganz gut erscheint, bei Tageslicht völlig anders aussehen kann. Man muß sehr vorsichtig sein, wenn man nachts in einem völlig unbekannten Gebiet ein LUP auswählt.
Ich kroch auf dem Bauch unter die Stahlplatte. An dieser Stelle war der Graben nicht so tief, weil er dort nicht gereinigt worden war, doch die Aussicht, meine Glieder
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