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Die Märchen von Beedle dem Barden

Die Märchen von Beedle dem Barden

Titel: Die Märchen von Beedle dem Barden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J.K Rowling
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junge Mann sich selbst menschenunähnlich. Das Herz, das er weggeschlossen hat, vertrocknet langsam, und es wachsen ihm Haare, was sein eigenes Absinken ins Viehische versinnbildlicht. Am Ende ist er nichts weiter als ein grausames Tier, das sich gewaltsam nimmt, was es haben will, und er stirbt bei dem aussichtslosen Versuch, zurückzugewinnen, was nun auf immer unerreichbar für ihn ist — ein menschliches Herz.
    Die Redewendung »ein haariges Herz haben« ist zwar etwas veraltet, hat jedoch Eingang in die Alltagssprache der Zauberer gefunden und bezeichnet kalte oder gefühllose Hexen oder Zauberer. Meine unverheiratete Tante Honoria behauptete stets, dass sie ihre Verlobung mit einem Zauberer aus der Abteilung für unbefugte Zauberei abgesagt habe, weil sie rechtzeitig erkannt habe, dass »er ein haariges Herz hatte«. (Allerdings ging das Gerücht, wonach sie ihn in Wahrheit dabei entdeckte, wie er ein paar Horklumpe [Fußnote: Horklumpe sind rosafarbene, borstige pilzartige Wesen. Es ist sehr schwer nachzuvollziehen, weshalb irgendjemand den Wunsch verspüren sollte, sie zu streicheln. Für weitere Informationen siehe Phantastische Tierwesen und wo sie zu finden sind. ] streichelte, was sie äußerst schockierend fand.) In jüngster Zeit stürmte das Selbsthilfebuch Das haarige Herz: Wenn Zauberer sich nicht binden wollen [Fußnote: Nicht zu verwechseln mit Haarige Schnauze, menschliches Herz, einem herzergreifenden Bericht über den Kampf eines Mannes mit der Lykanthropie.] die Bestsellerlisten.

Babbitty Rabbitty und der gackernde Baumstumpf
    Vor langer Zeit lebte in einem fernen Land ein törichter König, der beschloss, dass er alleine die Macht der Zauberei besitzen sollte.
    Deshalb befahl er dem Anführer seiner Armee, eine Brigade von Hexenjägern aufzustellen, die er mit einer Meute blutrünstiger schwarzer Hunde ausstattete. Gleichzeitig ließ der König in jedem Dorf und in jeder Stadt des Landes Proklamationen verlesen: »Vom König wird gesucht: ein Lehrer für Zauberei.«
    Keine echte Hexe, kein echter Zauberer wagte es, sich freiwillig für den Posten zu melden, denn sie hielten sich alle vor der Brigade von Hexenjägern versteckt.
    Doch ein listiger Scharlatan ohne magische Kraft sah eine Gelegenheit, sich zu bereichern, und er fand sich im Palast ein und behauptete, ein Zauberer von gewaltigen Fähigkeiten zu sein. Der Scharlatan vollführte ein paar einfache Tricks, die den törichten König von seinen magischen Kräften überzeugten, und wurde auf der Stelle zum Obersten Großzauberer, zum persönlichen Zauberlehrer des Königs ernannt.
    Der Scharlatan bat den König, ihm einen großen Sack voller Gold zu geben, damit er Zauberstäbe und anderes magisches Handwerkszeug kaufen könne. Er verlangte auch mehrere große Rubine, die bei der Ausübung von Heilzaubern verwendet werden sollten, und ein oder zwei Silberkelche zur Aufbewahrung und Reifung von Zaubertränken. All diese Dinge beschaffte ihm der törichte König.
    Der Scharlatan verstaute den Schatz sicher in seinem eigenen Haus und kehrte zu den Palastgründen zurück.
    Er wusste nicht, dass er von einer alten Frau beobachtet wurde, die in einer Hütte am Rande des Schlossparks wohnte. Ihr Name war Babbitty, und sie war die Waschfrau, die dafür sorgte, dass die Wäsche des Palastes immer weich, wohlriechend und weiß war. Als Babbitty hinter ihren trocknenden Laken hervorlugte, sah sie, wie der Scharlatan zwei Zweige von einem der Bäume des Königs abbrach und im Palast verschwand.
    Der Scharlatan gab dem König einen der Zweige und versicherte ihm, es sei ein Zauberstab von ungeheurer Macht.
    »Er wird jedoch nur seinen Dienst tun«, sagte der Scharlatan, »wenn Ihr seiner würdig seid.«
    Jeden Morgen gingen der Scharlatan und der törichte König hinaus in den Schlosspark, wo sie ihre Zauberstäbe schwangen und unsinniges Zeug in den Himmel schrien. Der Scharlatan war sorgsam darauf bedacht, weitere Tricks zu vollführen, damit der König keine Zweifel an den Fähigkeiten seines Großzauberers hegte und an der Macht der Zauberstäbe, die so viel Gold gekostet hatten.
    Eines Morgens, als der Scharlatan und der törichte König ihre Zweige herumwirbelten und im Kreis hüpften und sinnlose Reime sangen, drang ein lautes gackerndes Lachen an des Königs Ohr. Babbitty, die Waschfrau, beobachtete den König und den Scharlatan vom Fenster ihres Häuschens aus und lachte so heftig, dass sie, zu schwach zum Stehen, bald umsank und den

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