Die Magierin des Windes: Roman (German Edition)
die Leute zu verwirren«, wandte Falkin ein.
»Kin, meine Herzallerliebste«, murmelte Olympia, griff nach den schwieligen Händen ihrer Freundin und nahm sie zwischen ihre eigenen weichen. »Du hast diesen Mann gesehen? Dann war er doch an Deck, nicht wahr?« Sanft drückte sie Falkins Hände. »In den sehr seltenen Fällen, in denen ein Danisober eine Schiffsreise antritt, muss er eine Kiste Erde mitführen, um die Reise über gesund zu bleiben. Er schläft auf dieser Erde und sitzt darauf. Aber er geht unter keinen Umständen jemals an Deck spazieren. Dabei kommt er der See zu nahe. Nein, dein gut aussehender Kapitän klingt zwar so, als ob er etwas im Schilde führe, aber er ist kein Danisober.«
Falkins Eingeweide zogen sich in noch tieferer Furcht zusammen. »Was aber, wenn er ein Abtrünniger ist? Zwar nicht von der Schule ausgebildet, aber auf irgendeine andere Weise an seine Kraft gekommen? Nicht an die Regeln gebunden, so wenige es auch gibt, so dass es ihm freisteht zu handeln, wie er will, jeden zu bedrohen, so wie es ihm passt?« Jemand wie ich , dachte sie und verabscheute den Gedanken, mit diesem Mann irgendetwas gemein zu haben.
Olympia führte eine zierliche Hand an den Mund. »Das wäre eine Gefahr«, gab sie zu. »Wer könnte ihn ausgebildet haben, wenn nicht die Schule?«
Falkin zuckte die Schultern. Die Danisober hatten vom Großvater des jetzigen Königs eine Charta verliehen bekommen, um den kleinlichen Fehden zwischen rivalisierenden Zauberern ein Ende zu setzen, bei denen Ernten verbrannt und Bauern getötet worden waren. Sie hatten ihre neue Verantwortung ernst genommen und die wenigen Zauberer, die sich geweigert hatten, ihrer Bruderschaft beizutreten, zur Strecke gebracht und getötet. Doch niemand hatte seit über einem Jahrhundert mehr etwas von abtrünnigen Magi gehört. Falkin konnte sich nicht vorstellen, wie der Kerl so versiert sein mochte, da es niemanden gegeben haben dürfte, der ihn in den Magischen Künsten hätte unterweisen können. Allerdings hatte auch niemand sie unterrichtet. Und sie kam ganz gut zurecht, obwohl sie sich sicher war, dass sie kein Schiff verschwinden lassen konnte. Sie konnte sich vorstellen, welche Behandlung sie erfahren würde, wenn die Danisober sie fassten. Das war der Stoff, aus dem ihre Albträume waren.
»Ich sage dir, was ich tun werde«, sagte Olympia. »Ich werde mich erkundigen, die richtigen Fragen stellen, herausfinden, ob es einmal irgendwelche Gerüchte über einen Magus gab, der von der Schule geflohen ist, oder etwas in der Art. Ich werde auch meine Mädchen anweisen, die Ohren offen zu halten. Wann legt ihr wieder ab?«
Falkin zuckte die Schultern. »Morgen, spätestens übermorgen. Wir machen nur lange genug halt, um ein paar Segel zu flicken und den Jungs etwas Erholung zu gönnen. Nach dem Sturm und dem verschwundenen Schiff brauchten sie etwas festen Boden unter den Füßen, um nicht den Kopf zu verlieren.«
»Olympia!«
Das plötzliche Gebrüll von der Treppe ließ beide Frauen zusammenzucken. Olympia lächelte. »Da wir gerade von deinen Jungs sprechen … Ich glaube, einer von ihnen hat gerade sein Bad beendet.« Sie stand auf, ging auf Falkins Seite des Tisches zu ihr hin und umarmte sie erneut. »Komm doch einfach vorbei, bevor ihr den Anker lichtet. Vielleicht habe ich bis dann ein paar nützliche Nachrichten über deinen geheimnisvollen Mann.«
Falkin bestellte sich noch etwas zu trinken und fand einen ruhigen Winkel, von wo aus sie die Musik genießen konnte, obwohl sie nicht in den Gesang mit einstimmte oder mit dem Fuß den Takt klopfte. Sie streckte die Beine aus, legte sie auf den Stuhl neben sich und nahm einen großen Schluck Bier. Sie versuchte sich einzureden, dass es sie nur deshalb nicht drängte, ihren Kapitän wiederzutreffen, weil hier eine so gute Unterhaltung geboten wurde. Aber in ihrem Innersten wusste sie, dass sie sich aus einem ganz anderen Grund von den Straßen fernhielt. Nach ein oder zwei Stunden tauchte Billy mit einem Teller am Tisch auf, der voll mit Essen beladen war. Es war genug, um drei Seeleute satt zu bekommen und doch noch reichlich für später übrig zu behalten. »Geht aufs Haus«, sagte er mit einem Grinsen. Sie grinste zurück und machte sich über die reichhaltigen Leckereien her, die da vor ihr standen.
»Na, hallo zusammen!«
Falkin sah von ihrem Teller auf. Ein Mann stand neben ihrem Tisch, ein Mann, der ihr vage bekannt vorkam. Dann fiel es ihr wieder ein … Der
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