Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen

Titel: Die magische Laterne des Herrn Zinkeisen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willy Seidel
Vom Netzwerk:
plötzlicher Energieanfall hatte ihn so verblüfft, daß selbst das ehrliche Bedürfnis, Herrn Brecht aus dem Wege zu räumen, vor dieser Verblüffung zurücktrat, wenn auch die Absicht unvermindert fortbestand . . . Er räusperte sich stark und schmetternd. – Sie dachte an die strenge, wohlgenährte Figur, die vor Monaten ebendort gesessen, mit Augen wie aus blauem Stein . . . an die frühere Folie für dies Geschmetter – und schluchzte von neuem auf. – Schwierig war er und hoffnungslos verdreht.
    Nachdem er sich ausgeräuspert, hub er an:
    ». . . Jawohl, sage ich, Sie Humbug, Sie patenter . . . Sie haben ein Verhältnis mit meiner Frau – laß mich aus reden, bitte!! – und kaum drehe ich den Rücken, so siedelt man sich hier an . . . Kaffeestündchen in der Nacht . . . ›Ich war immer Ihr Freund, Zinkeisen . . .‹ – – ›Sie sind mir gut für drei Jahre‹ . . . Macht sich! – Macht sich! – Und du?! – Herrgott, nicht einmal ein paar Monate halten sie's aus, die Weiber . . . Und so billig! – So billig!«
    »Bitte sehr . . .« kam es schnaufend zwischen ihren Armen hervor – »dieses Kleid hab' ich mir . . . von meinen Ersparnissen . . .«
    »Aha; das Kleid. – Stoß mich noch mit der Nase drauf. – Und die Armbanduhr? – – Und der Ring? – – Das soll mir der Schieber noch büßen. Und mit dir mache ich kurzen Prozeß.« – – – Ach, wie ihn danach dürstete, sich für die tausend Demütigungen, die er erlitten, schadlos zu halten!! – Er hob die Stimme: »Ich werde dich schon kleinkriegen! – Du denkst wohl, du stellst mich vor eine Tatsache und bist mich dann los?! – – Da bist du auf dem Holzweg! Du und dein Mäzen!! – Schuften sollst du jetzt! – Für mich! – Mir gehörst du! – Niemandem als mir!! – – Und über die Schwelle von dieser Räuberhöhle setzest du den Fuß nicht mehr! Der kann sich die Finger nach dir ablecken, und den Kram schickst du ihm zurück! . . . ›Nullenschreiben!‹« – – Er lachte ausgiebig und häßlich.
    Hier setzte sich Frau Zinkeisen zurecht. Sie schnupfte noch ein wenig auf und tupfte sich mit dem Taschentuch die Augen. Dann hob sich ihr Busen in einem tiefen Atemzug; man merkte: jetzt hatte sie sich zu äußern. – Es ist unerläßlich, daß man ihre Rede bringt; es war eine lange und frische Rede; eine Rede, wie sie selten von Frauen ihrer Station gehalten wird, und sie war darauf berechnet, durch Mark und Bein zu wirken. – Sie bemühte sich demnach auch um ein möglichst einwandfreies Deutsch.
    »Edmund,« sagte sie, – sie begann sehr ruhig und sachlich – »jetzt wirst du mir erlauben, auch meine Ansicht von dem ganzen Quatsch, ich meine die Situation, von mir zu geben. Ich liefere sie dir, mein Sohn; mach' dir deinen Vers darauf; ich kann nicht anders; Gott sei es gejammert. – Denn du bist kein richtiger Mann; eine Kellnerseele bist du und bleibst du. Jawohl. Mein Gott, da ist mir schon fast dieser Herr Brecht lieber als du, mit Verlaub; denn Herr Brecht, der ist wenigstens ein Mannsbild, der weiß, was er will, und deine Ehrpusseligkeit in Ehren, mit dir kann man keine weiten Sprünge machen, aber mit Herrn Brecht kann man das, der ist familiär,« – sie verbesserte sich – »der ist gerieben, meine ich, und kennt die Welt . . .«
    »Aha!«
    »Er kennt sie besser wie du. Mokier dich nicht. Natürlich ist er ein Geschäftsmann, aber du liebes Bißchen, man wird ja gezwungen dazu durch diesen Inflationsunsinn, und ich glaube, daß ein jeder eben sieht, wie er sich gesund erhält, und er ist nicht der einzige, alle machen das so, alle, und wer's anders macht und ehrlich bleibt und sparen will, der ist einfach kein Mann, sondern ein großes Kamel. – Am Ende muß der ganze Schwindel doch zusammenkrachen, und da erweisen die, die feste Werte sammeln, die fremdes Geld sammeln, dem Vaterland einen Dienst . . . Ja, dem Vaterland, mein Herr Weltreisender . . . Ich mag eine dumme Person sein, aber Herr Brecht brauchte mir das nicht auseinanderzutifteln; die Erleuchtung, die bildete ich mir von alleine; da hast du's. Übelnehmen tut's dir ja niemand, wenn du ehrlich bleiben wolltest; aber deswegen brauchst du nicht durchzubrennen und so zu tun, als seiest du der Heilige, der aus Sodom und Gomorra flüchtet und uns alle zu verachten . . . Und nun« – (sie redete immer flüssiger und Herrn Zinkeisens Einwendungen gingen spurlos im Strom ihrer schrill erhobenen Suada

Weitere Kostenlose Bücher