Die magische Maske
ein Bär, er hatte auch Bärenkräfte. Aus seinem eisernen Griff kam Epiktetos nicht mehr heraus.
»Hol die Bogenschützen, Onesimos!«, befahl Andokides. »So schnell wie möglich. Paseas, geh mitihm, damit du alles erklären kannst! – Ach was, ich komme gleich selbst mit!«
»Ja!«, rief Mikion. »Und sagt ihnen, sie sollen sich beeilen. Es gibt noch mehr für sie zu tun!«
Am nächsten Morgen bei Sonnenaufgang waren beide Familien im Hof versammelt. Feierlich trug Andokides die magische Maske zum Ofen und reichte sie dann Mikion, der sie wieder an der Kuppel befestigte. Alle sprachen ein Gebet, in dem sie Athene und Hephaistos anflehten, wohlwollend auf ihre Arbeit zu blicken und die magische Maske als Schutz des Ofens wieder anzunehmen. Hegias hielt dabei die Münze, die er am Tag zuvor gefunden hatte, fest in der Hand. Athenes Eule hatte ihnen wirklich Glück gebracht! Und Agathons glückliches Gesicht, als sie ihm seine Maske zurückgebracht hatten, würde er auch nie vergessen.
»So!«, rief Andokides. »Und jetzt wird endlich gebrannt! Du holst schon mal die Kohlen«, befahl er einem Sklaven. »Und wir füllen die Kuppel mit den Amphoren. Wo sind die Ziegel, mit denen wir die Öffnung zumauern wollen?«
Mikion schüttelte erstaunt den Kopf. »Andokides ist ja kaum zu halten! Ich darf gar nichts tun!«
Elena lachte und die Kinder zwinkerten sich zu.
»Heute ist dein Geburtstag, mein Lieber«, sagte Daphne. »Erzähl mir nicht, du hättest es vergessen!«
Mikion grinste. »Nein, aber …«
»Ich habe etwas für dich«, unterbrach Hegias ihn. »Es muss nur noch gebrannt werden. Das konnten wir ja nicht.«
Aufgeregt rannte er los und holte die Schale, die er gemacht hatte, aus ihrem Versteck. Hoffentlich würde Mikion jetzt merken, was sein Sohn alles konnte! Hoffentlich würde er sich freuen!
Stolz reichte er seinem Vater die Schale. Mikion nahm sie vorsichtig in die Hände. Gerührt betrachtete er das Innenbild mit dem Töpfer an der Drehscheibe. In einem Bogen um ihn herum stand etwas. Mikion musste erst heftig mit den Augen zwinkern, bevor er es entziffern konnte.
»Hegias egraphse me«
, las er vor. »Hegias hat mich bemalt.« Er blickte seinen Sohn verwundert an. »So etwas kannst du? Wieso weiß ich das nicht?«
Hegias zuckte lachend mit den Schultern.
»Wunderschön. Ich werde meinen Wein nur noch aus dieser Schale trinken. Ich danke dir.«
Hegias beobachtete strahlend, wie Mikion die Schale zum Ofen trug.
»Das hier muss mit in den Ofen«, rief er. »Aber Vorsicht! Es handelt sich um mein Geburtstagsgeschenk!«
Augenzwinkernd nahm Andokides die Schale entgegen. »Die Überraschung ist gelungen, was?«, fragte er und stellte die Schale vorsichtig in die Kuppel. »Eigentlich solltest du sie ja schon heute benutzen, aber nun musst du dich noch etwas gedulden.«
Als Mikion wieder zu den Kindern zurückkam, fragte Iris: »Was passiert eigentlich mit Amasis und Epiktetos?«
»Nun«, antwortete Mikion. »Amasis ist freier Bürger von Athen. Er wird vor Gericht gestellt. Meine Anklage lautet auf versuchte Geschäftsschädigung und Diebstahl eines Sklaven. Es wird ihn teuer zu stehen kommen.«
»Und Epiktetos?«, wollte Paseas wissen.
»Er ist ein Sklave. Er hat keine Rechte. Ich will ihn nicht mehr sehen, also lasse ich ihn weiterverkaufen.« Er schüttelte unglücklich den Kopf. »Das trifft mich sehr hart. Niemand kann so gute Pferde malen wie er! Und ich habe keine Ahnung, wo ich einen Ersatz finden kann.«
Hegias starrte seinen Vater an. Dann drehte er sich um und lief in die Werkstatt, wo man ihn polternhörte. Die anderen blickten sich überrascht an. Was war denn jetzt los? Aber da kam er schon wieder zu ihnen zurück. Er hatte etwas in der Hand.
»Was hast du vor?«, fragte Mikion erstaunt, als Hegias sich vor ihm aufbaute.
Hegias antwortete nicht. Er nahm die breite Tonscherbe aus der Werkstatt und begann, mit dem Metallgriffel ein Bild zu ritzen. Paseas und Iris stießen sich an. Sie wussten, was er zeichnen würde.
Aber die beiden Frauen und Mikion sahen verblüfft, wie vor ihren Augen ein Streitwagen mit Wagenlenker entstand. Und davor galoppierten zwei so lebendige Pferde, dass man sie fast laufen sah.
Als er fertig war, hielt Hegias seinem Vater die Scherbe selbstbewusst hin. »Du brauchst nicht weiterzusuchen«, sagte er. »Ich kann Pferde malen!«
Zum zweiten Mal an diesem Tag zwinkerte Mikion heftig und wischte sich dann über die Augen. Er beugte sich
Weitere Kostenlose Bücher