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Die Mappe meines Urgrossvaters

Die Mappe meines Urgrossvaters

Titel: Die Mappe meines Urgrossvaters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adalbert Stifter
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ein anderer Knecht zu mir gekommen ist?«
    »Nein, aber er ist jetzt blos bei den Pferden. Den andern habe ich zu den Geschäften im Hause und zum Botengehen genommen. Er ist der Sohn des Inbuchsbauer.«
    »Ich kenne ihn, er hat die Füllen des Gregordubs gehütet. Ihr müsset ja jetzt viele Leute in eurem Hause haben?«
    »Nur noch zwei Mägde.«
    »So habt ihr das Bauen einstweils eingestellt?«
    »Nein, ich habe es für das heurige Frühjahr nur noch nicht begonnen. Wir waren erst ein wenig an dem großen Brunnen, aber seit der Bernsteiner im Steinbühel den Keller gräbt, habe ich ihm alle meine Leute hinüber gehen lassen. Er will bis zu dem Schützenfeste fertig sein.«
    »Ich war schon lange nicht in Pirling, und wußte nicht, daß er graben läßt. Im Steinbühel muß er wohl stark in die Felsen sprengen. «
    »Sie schießen ja schon drei Wochen, und alle Leute, die ich sonst hatte, sind dabei beschäftiget.«
    »Ich möchte auch manches in meinem Hause ändern, und wenn der Grunner zu empfehlen ist, so müßt ihr ihn mir einmal herauf schicken. Mit dem ganzen Hinterecke möchte ich gegen den Eichenhag hinaus fahren, auch möchte ich eine neue Stiege und einen neuen Kellereingang machen lassen.«
    »Meinen Brunnen wenigstens hat der Grunner vortrefflich herausgebaut.«
    »O Doctor, ihr habt eine schöne Lage in der Biegung des Thales; ihr seid noch jung, und wenn ihr euch bestrebet, so kann es ein schönes Besitzthum werden, das seinen Herrn und seine Frau erfreut, wenn einmal eine einzieht. Meine Tage sind schon wenige, ich gehe dem Grabe entgegen, und wenn Margarita einmal fortzieht, wer weiß, in welche Hände dies Gebäude kommt, das ich so eifrig aufgeführt habe. - - Lieber Doctor, ich möchte noch recht gerne von etwas Längerem und Ausführlicherem mit euch reden.«
    »So redet.«
    »Ihr werdet jetzt vielleicht seltener zu mir kommen, und da denke ich, ist es billig, daß ihr auch meine Fehler wisset, denn ihr habt mich bisher zu viel geachtet - auch könnte euch die Sache vielleicht nützlich sein. Ich möchte euch nemlich von meinem früheren Leben erzählen, und wenn ich geendet habe, möchte ich noch gerne eine Frage und eine Bitte an euch thun - vorausgesetzt, wenn ihr nemlich Zeit habt, mich anzuhören.«
    »Ich muß nur Abends noch zur Haidelis hinaus, und vor dem Schlafengehen noch den Erlebauer sehen, sonst habe ich heute nichts mehr zu thun. Sprecht also nur, Obrist, wie ihr es für gut haltet, und fragt dann und bittet, was ihr wollt.«
    »Wißt ihr noch, ich habe vorgestern im Birkenstande zu euch gesagt, daß ich etwas mit euch zu reden hätte - das war aber damals unwahr; sondern, da ich euch von hier forteilen, nach Hause gehen, und dann über den Zaun und die Wiesen gegen den Wald schreiten sah, ahnte mir Böses; ich lief euch nach, um ein Unglück zu verhüten; aber, da ihr mich oben von dem Platze fortdrängtet, wußte ich mir nicht zu helfen, und sagte nur die Worte - allein seitdem habe ich es mir so ausgebildet, daß ich mit euch von meiner Vergangenheit reden möchte, die gewesen ist, ehe ich in dieses Thal gekommen bin. Nehmet es nur nicht übel, daß ich alt bin, und etwa weitschweifig in meinen Worten.«
    »Nein, Obrist,« sagte ich; »sind wir nicht manchen Abend in dem Walde gegangen, und habe ich nicht gezeigt, daß mir eure Worte lieb und angenehm waren?«
    »Ja, das ist wahr, das habt ihr gethan; darum mag ich auch jetzt gerne zu euch reden. Ihr habt mich vor einer Weile den sanftesten Menschen geheißen, den ihr auf Erden gekannt habt - ich muß euch bekennen, daß es mir wohl that, daß ihr das gesagt habt. Ihr seid der zweite Mensch auf dieser Erde, der es sagte; der erste hat vor vielen Jahren gelebt, und ich werde euch später von ihm erzählen. Ihr werdet dann einsehen, daß mir diese gute Meinung von euch beiden lieber ist, als von allen andern Menschen auf der Welt. - Nun zur Sache. Habt ihr nie von einem Grafen Uhldom gehört?«
    »Meint ihr den berüchtigten
Casimir
Uhldom?«
    »Dieser berüchtigte Casimir Uhldom bin ich.«
    »Ihr?«
    »Ja, ich. Spieler, Raufer, Verschwender - und jetzt das, was ihr seit einigen Jahren kennt.«
    »Nein, das ist nicht möglich - als ich noch auf der Schule war, gingen zwar unbestimmte, aber unheimliche Gerüchte von dem Grafen.«
    »Sie sind vielleicht wahr; ich bin nicht gut gewesen. Manches war ich im besseren Sinne, als es die Leute wußten, das Schlimme kannten sie zu genau, manch Gutes, wie ein Schlimmes, und das Beste gar

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