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Die Markgräfin

Die Markgräfin

Titel: Die Markgräfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Weigand
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wieselgeschwind ins Frauenzimmer.
    »Dicke Martsch, dicke Martsch, ich glaub, er nimmt mich!«, schrie sie ihrer Amme zu und warf sich in deren ausgestreckte Arme. »Ich gehe bald fort und werde Herzogin!«
    »Ach du mein Gott, Bärbelchen«, lachte die Martschin, die ins Wanken geraten war, »wo hast du deine Schuhe gelassen? Na, freu dich nur und vergiss deine alte Martsch nicht, wenn du erst einmal bei deinem schlesischen Herzog bist!«
    Barbaras Augen weiteten sich.
    »Du kommst nicht mit? Aber ich will nicht allein dahin! Dann geh ich nicht!«
    »Das können Euer Liebden gar nicht entscheiden.« Die Markgräfin war in die Stube getreten. »Dein Vater und ich sorgen schon für alles. Du wirst herzogliche Gemahlin in Schlesien, das ist besser, als wir es je für dich erwartet haben, Barbara. Eine mehr als standesgemäße Verbindung, die auch noch politisch für das Haus Zollern bedeutsam ist.«
    Die Markgräfin sah ihre Tochter zufrieden an.
    »Dein Vater, der Markgraf, ist hocherfreut. Du hast dich recht gut gehalten vorhin.«
    Zum ersten Mal wurde Barbara klar, dass die Hochzeit ihren Abschied aus Ansbach bedeutete, den Abschied von allem, was ihr lieb und vertraut war. Die Ungewissheit darüber, was ihr in der neuen Hofhaltung in Schlesien begegnen könnte, ließ sie nachdenklich werden. Würde man dort freundlich zu ihr sein? Welche Dienerinnen würde man ihr zuordnen? Und der Herzog, ihr zukünftiger Ehemann, würde er sie gut behandeln? Überhaupt, sie hatte gehört, man sprach in diesem Schlesien ganz anders!
    Ihr Leben hatte sich bisher im ansbachischen Frauenzimmer abgespielt, zusammen mit ihren beiden Schwestern, den Hofdamen, dem kleinen Bruder Albrecht und natürlich der dicken Martsch, die das Kind wie eine Mutter liebte. Außer dem Beichtvater, dem Stubenheizer, den Schneidern und einem Kammerknecht hatten Männer hier keinen Zutritt. Es war eine abgeschirmte, heile kleine Welt, in der Barbara aufgewachsen war, und die Tage vergingen mit Handarbeiten, Geschichtenerzählen, Spaziergängen, Gebeten und Unterricht. Aus diesem ausschließlich den Frauen vorbehaltenen, streng geordneten Dasein sollte sie jetzt plötzlich ins Unbekannte hinaus. Dabei war sie bisher ohne die Aufsicht ihrer Kinderfrau nicht einmal bis in den Hofgarten gekommen. Barbara spürte, wie sich ein Kloß in ihrem Hals bildete.
Sie schaute ihrer Mutter nach, wie diese wortlos das Zimmer wieder verließ. Die Freude war ihr vergangen.

Herzogtum Groß-Glogau-Crossen, Schlesien,
Mai 1527
    Es war Frühling, das erste Grün schimmerte an den Bäumen, und es regnete. Die sechs Einrosser, allesamt aus fränkischem Adel, die für den Schutz der Markgräfin abgestellt waren, ritten mit eingezogenen Köpfen triefend und frierend voraus durch den Hohlweg. Hinter ihnen rollte langsam der Wagen mit dem markgräflich-ansbachischen Wappen. Der Kutscher auf dem Bock hatte eine schwere Decke umgeschlagen und lenkte die beiden Kaltblüter mit straffen Zügeln. Danach folgte die berittene Dienerschaft. Den Schluss des Zuges bildete ein einfacher Karren, der mit Truhen, Fässern und allerlei Tand beladen war.
    Neun Tage waren sie nun unterwegs. Die Grenzen des Herzogtums Ansbach hatten sie am dritten Tag erreicht und überschritten; jetzt ging es auf Glogau zu.
    Im Wagen saß die nunmehr zehnjährige Barbara von Brandenburg-Ansbach, die jetzt, nach fast zweijährigen Verhandlungen um Mitgift und Heiratskonditionen,
ihrem Bräutigam zugeführt wurde. Während sie nun 5000 Gulden mit in die Ehe brachte, wurden ihr im Gegenzug dafür Schloss und Stadt Glogau als Leibgeding und ihren Nachkommen die Nachfolge des Herzogs in der Regentschaft des Landes garantiert.
    Das Kind schlug den Lederlappen zurück, der vor dem Fensterloch hing, und steckte die Nase in den Regen hinaus. »Ich glaube, der Wald hört gar nicht mehr auf«, seufzte es und ließ das Leder wieder fallen.
    »Ob es in Glogau wohl auch Wiesen gibt und Felder wie daheim?«
    »Bestimmt, Euer Liebden«, erwiderte eine der beiden Frauen, die der kleinen Markgräfin in der Kutsche gegenübersaßen. »Am besten, Ihr schlaft ein bisschen, dann vergeht die Zeit schneller.«
    Gehorsam lehnte sich Barbara in eine Ecke und schloss die Augen, aber trotz der Dunkelheit im Wagen war es gar nicht so einfach einzuschlafen, denn die Kutsche holperte und rüttelte, dass es ihren Rücken heftig gegen die hölzerne Hinterwand schlug. Und ihr gingen so viele Gedanken durch den Kopf. Die anfängliche Schwermut und

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