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Die Mars-Chroniken

Die Mars-Chroniken

Titel: Die Mars-Chroniken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ray Bradbury
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Er nickte. »Auch die Euthanasie-Klausel, für den Fall, daß dieser letzte Schritt nötig wird.«
    » Was für eine Klausel?«
    »Sagen Sie nichts. Ich habe etwas für Sie. Hier, nehmen Sie den Schlüssel.«
    Der Kapitän lief rot an. »Das ist eine große Ehre für uns…«
    »Nicht der Schlüssel zur Stadt, Sie Dummkopf!« sagte Herr Iii, »sondern hier für das Haus. Gehen Sie durch den Korridor, schließen Sie die große Tür auf, gehen Sie hinein und machen Sie die Tür wieder fest zu. Sie können die Nacht dort verbringen. Morgen früh schicke ich Ihnen dann Herrn Xxx.«
    Zweifelnd nahm der Kapitän den Schlüssel entgegen. Er blickte zu Boden. Seine Männer bewegten sich nicht. Alles Blut, alles Raketenfieber schien aus ihren Körpern gewichen zu sein. Sie waren leer, erschöpft, ausgelaugt.
    »Was ist? Was ist los?« fragte Herr Iii. »Worauf warten Sie noch? Was wollen Sie?« Er trat näher, beugte sich herab und sah dem Kapitän ins Gesicht. »Hinaus mit Ihnen!«
    »Ich weiß nicht, ob Sie vielleicht…«, begann der Kapitän. »Ich meine, könnten Sie mal…« Er zögerte. »Wir haben große Strapazen hinter uns, wir haben eine lange Reise gemacht, vielleicht könnten Sie uns zumindest die Hände schütteln und sagen: ›Gut gemacht‹, wäre das – möglich?…« Er brach ab.
    Herr Iii reichte ihm förmlich die Hand. »Glückwunsch!« Er lächelte kühl. »Glückwunsch.« Er wandte sich ab. »Ich muß jetzt gehen. Denken Sie an den Schlüssel.«
    Ohne sich weiter um sie zu kümmern, als wären sie im Boden versunken, machte sich Herr Iii daran, überall im Raum Papiere zusammenzusuchen und in einen kleinen Aktenkoffer zu packen. Noch volle fünf Minuten lang hielt er sich im Zimmer auf, aber nicht einmal richtete er das Wort an das traurige Quartett, das noch immer herumstand – mit hängenden Köpfen, bleischweren Beinen und verlöschendem Blick. Als Herr Iii durch die Tür verschwand, betrachtete er flüchtig seine Fingernägel…
     
    Im gedämpften, stillen Licht des Nachmittags gingen sie durch den Korridor und gelangten zu einer großen, schimmernden Silbertür, in deren Schloß der silberne Schlüssel paßte. Sie traten ein, schlossen die Tür und sahen sich um.
    Sie befanden sich in einem großen, lichtdurchfluteten Saal. Männer und Frauen saßen an Tischen oder standen in Gruppen beieinander und unterhielten sich. Als die Tür sich schloß, verstummten sie und musterten die vier Uniformierten.
    Ein Marsianer trat vor und verbeugte sich. »Ich bin Herr Uuu«, sagte er.
    »Und ich bin Kapitän Jonathan Williams aus New York auf der Erde«, sagte der Kapitän lustlos.
    Augenblicklich verwandelte sich der Saal in einen Hexenkessel!
    Die Dachbalken erzitterten von tosendem Geschrei. Die Leute rannten herbei und winkten und brüllten fröhlich; sie warfen Tische um, schwärmten aus und tollten herum, packten die vier Männer von der Erde und hoben sie blitzschnell auf die Schultern. Sechsmal rannten sie um den Saal – sechs wunderbare Runden, wobei sie hüpften und tanzten und sangen.
    Die Männer von der Erde waren so überrascht, daß sie eine volle Minute lang auf den auf und ab hopsenden Schultern geritten waren, ehe auch sie zu lachen und einander zuzurufen begannen: »He! Das sieht ja schon besser aus!«
    »Ja, so ist’s richtig! Himmel! Hey! Hallo! Juchhee!«
    Sie winkten einander vergnügt zu. Sie warfen die Arme hoch und klatschten begeistert in die Hände. »Hey!«
    »Hurra!« rief die Menge.
    Man setzte die Männer von der Erde auf einen Tisch. Das Gebrüll verstummte.
    Der Kapitän brach fast in Tränen aus. »Danke. Das tut gut, so gut.«
    »Erzählen Sie von sich«, sagte Herr Uuu.
    Der Kapitän räusperte sich und begann mit seiner Ansprache.
    Immer wieder wurden Ausrufe des Staunens laut. Darauf stellte Williams seine Mannschaft vor, und jeder der Männer hielt eine kleine Rede und wehrte verlegen den donnernden Applaus ab.
    Herr Uuu schlug dem Kapitän auf die Schulter. »Es ist prima, einen anderen Menschen von der Erde kennenzulernen. Ich komme auch von der Erde.«
    »Wie bitte?«
    »Viele hier sind von der Erde.«
    »Sie! Von der Erde?« Der Kapitän starrte sein Gegenüber entgeistert an. »Aber ist denn das möglich? Sind Sie in einer Rakete gekommen? Gibt es die Raumfahrt etwa schon seit Jahrhunderten?« In seiner Stimme schwang leichte Enttäuschung mit. »Aus – aus welchem Land kommen Sie denn?«
    »Tuiereol. Der Geist meines Körpers hat mich vor Jahren hierher

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