Die Maschen des Schicksals (German Edition)
ihren ersten richtigen Job als Konditormeisterin in genau diesen Räumen ausübt. Bedauerlicherweise ist Annies Café am anderen Ende der Straße jetzt geschlossen und zu vermieten, doch der Laden wird bestimmt nicht lange leer stehen. Hier in der Gegend ist einiges in Bewegung.
Es war der erste Dienstag im Juni und ein wunderschöner Tag. Der Sommer würde nicht mehr lange auf sich warten lassen.
Die Glocke über meiner Tür bimmelte mit ihrem schönen Klang, als Margaret hereinkam.
Ich begrüßte sie aus dem Hinterzimmer des Ladens – meinem offiziellen Büro –, wo ich gerade Kaffee kochte. „Guten Morgen.“
Margaret antwortete nicht gleich. Und als sie etwas sagte, war es mehr ein Brummen als eine Begrüßung. Da ich meine Schwester und ihre Launen kenne, beschloss ich, erst einmal abzuwarten. Wenn sie sich mit einer ihrer Töchter oder ihrem Mann gestritten hatte, würde sie es mir schon beizeiten mitteilen.
„Ich mache gerade Kaffee“, sagte ich, als Margaret nach hinten kam und ihre Tasche einschloss.
Ohne einen Kommentar nahm sie sich eine saubere Tasse von der Ablage und griff nach der Kanne. Es tröpfelte weiter aus dem Wasserbehälter und zischte auf der Heizplatte, aber Margaret schien es nicht zu bemerken.
Schließlich hielt ich es nicht mehr aus, und mein Vorsatz, ihr Zeit zu lassen, war vergessen. „Was ist los?“, wollte ich wissen. Ich muss zugeben, ich hatte wenig Geduld. Doch sie erschien in letzter Zeit einfach ein bisschen oft mit dieser miesen Stimmung bei der Arbeit.
Sie drehte sich zu mir um und brachte ein schwaches Lächeln zustande. „Nichts … Tut mir leid. Irgendwie kommt es mir heute einfach wie Montag vor.“
Da der Laden montags geschlossen ist, beginnt unsere Arbeitswoche am Dienstag. Ich betrachtete sie stirnrunzelnd und überlegte, was wirklich los sein könnte. Doch sie machte ein völlig unbeteiligtes Gesicht, sodass der wahre Grund ihres Verhaltens nicht zu erraten war.
Meine Schwester ist eine eindrucksvolle Erscheinung mit breiten Schultern und dichtem dunklen Haar. Sie ist groß und schlank, aber kräftig. Man sieht immer noch, dass sie Sportlerin gewesen ist. Ich wünschte aber, sie würde sich mal eine andere Frisur zulegen. Sie trägt ihr Haar immer noch wie auf der Highschool, Mittelscheitel und glatt bis auf die Schultern herunter, wo es sich nach innen wellt, als hätte sie es mit einem Lockenstab malträtiert. Das war jedenfalls Teil ihrer Ausrüstung in der Teenagerzeit – der Lockenstab, das Haarspray, die rigoros gehandhabte Bürste. Der Stil ist klassisch und steht ihr, aber ich würde einiges darum geben, wenn sie mal etwas Neues probierte.
„Ich werde einen neuen Kurs anbieten“, sagte ich und wechselte abrupt das Thema, in der Hoffnung, sie aus ihrer düsteren Stimmung zu holen.
„Für was?“
Aha, Interesse. Ein gutes Zeichen. Im Großen und Ganzen sind meine Kurse bis jetzt gut gelaufen. Ich hatte einen für Anfänger gegeben, einen für fortgeschrittene Anfänger und einen für Shetland-Muster. Aber es gab noch einen, den ich schon seit einer Weile anbieten wollte.
„Ist das so eine schwierige Frage?“
Die sarkastische Bemerkung meiner Schwester holte mich aus meiner kurzen Versunkenheit. „Socken. Ich werde Unterricht im Sockenstricken geben.“
Mit den originellen neuen Wollgarnen, die auf dem Markt sind, ist Sockenstricken gerade der große Renner. Ich habe eine Anzahl von europäischen Sorten eingeführt, und mir gefällt die Vielfalt. Meinen Kunden auch. Einige der Garne sind so gesponnen, dass sie ein herrlich buntes Muster ergeben, wenn man damit arbeitet. Ich fand es faszinierend, ein Paar gestrickte Socken zu sehen, die ihr Muster dem Faden und nicht dem Strickenden verdankten.
„Gut.“ Margaret zuckte die Schultern. „Ich nehme an, du wirst vorschlagen, sie auf zwei Rundnadeln zu stricken und nicht mit der Doppelnadelmethode“, bemerkte sie beiläufig.
„Natürlich.“ Ich bevorzugte das Arbeiten mit zwei Rundnadeln.
Meine Schwester häkelte lieber, und obwohl sie stricken konnte, tat sie es selten. „Das Sockenstricken scheint in letzter Zeit ziemlich beliebt zu sein, oder?“ Sie klang immer noch unbeteiligt, fast desinteressiert.
Ich betrachtete sie eingehend. Sie hatte immer drei oder vier Argumente parat, warum meine jeweilige Idee nicht funktionierte. Das war praktisch schon ein Spiel zwischen uns geworden. Ich erzählte ihr meine neusten Pläne, und sie sagte mir sofort, warum sie zum Scheitern
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