Die Maske des Alien
Augenblicken gingen die Alveaner davon.
„Das hättest du nicht tun dürfen“, meinte Skallon. „Als Pilger sollten wir uns unseren Gastgebern nicht aufdrängen.“
„Dann steh auf und geh spazieren“, erwiderte Fain. „Ich halte dich nicht fest.“
Skallon grinste. „Du nicht, aber meine Füße. Fain, langsam begreife ich, daß du doch zu etwas zu gebrauchen bist.“
„Würdest du das bitte dem Änderung sagen?“
„Mach ich. Wenn du mir zeigst, wo er steckt.“
„Noch nicht“, brummte Fain. „Aber bald – verdammt bald.“
Wie Fain es eigentlich erwartet hatte, erwies sich die Versammlung als hoffnungslos langweilig. Er mußte sich zwingen, wachsam zu bleiben, während Kaste um Kaste nacheinander die hölzerne Plattform in der Mitte der Halle betrat. Nach allem, was er begriff, erhob sich jeder der Redner, um einen detaillierten – und, was Fain betraf, völlig unverständlichen – Plan für die Regierung des Planeten während des kommenden Jahres darzulegen. Falls der Änderung zugegen war, gab er dies durch keinerlei Zeichen zu erkennen. Skallon zufolge brachten die Redner ihre Ausführungen durchweg in sehr milden Worten dar. Angriffe auf die Erde beschränkten sich auf überaus sanfte und allgemein gehaltene Formulierungen. Die Seuchen – wenn sie überhaupt Erwähnung fanden – wurden als medizinisches Problem mit möglichen Lösungen geschildert. Die Hitze in der Halle und das beständige Summen von Gesprächen ringsumher taten das ihre, um Fains Schläfrigkeit zu vergrößern. Unmerklich wurde der Nachmittag zum Abend. Die Nacht sank herab. Skallon saß aufrecht auf der Stuhlkante und verschlang jedes einzelne Wort. Skallon ließ seine Augen zufallen. Es war warm. Es war behaglich.
Der Änderung war weit weg.
Er wußte nicht, wie lange er geschlafen hatte, als Skallon seinen Arm berührte. Augenblicklich war Fain hellwach.
„Sieh mal“, flüsterte Skallon, „ich glaube, mit dem Mann dort stimmt etwas nicht.“
Fains Blick folgte Skallons ausgestrecktem Zeigefinger. Ein purpurn gewandeter Doubluth hatte endlich das Podium erklommen. Fain glaubte, den Mann als Jal wiederzuerkennen, den Senior, der sie begrüßt hatte. Aber Jal sprach nicht. Statt dessen hielt er die Hände hoch über den Kopf, und seine Gewänder wallten mit den Bewegungen seines Körpers. Er schien zu tanzen.
„Es ist die Seuche“, flüsterte Skallon.
Fain brauchte keine Bestätigung für diese Diagnose. Er spürte, daß jedes Auge in der Halle jetzt den zuckenden, sich windenden Tänzer beobachtete. Noch hatte niemand etwas gesagt, gerufen oder geschrien, aber eine Atmosphäre von unterdrücktem Grauen, von kurz vor dem Ausbruch stehender Panik; erfüllte den Raum.
Dann schrie jemand. Fain wandte sich nach rechts und sah den jungen Doubluth, der vorhin den Aufruhr verursacht hatte. Er stand auf einem Stuhl. „Seht nur“, rief der Mann. „Seht, was sie uns jetzt angetan haben.“
Niemand mußte fragen, wen er mit sie meinte.
„Es ist unser Senior“, fuhr der Mann fort. In der Stille der Halle, durchbrochen nur von den stampfenden Füßen des tanzenden Seniors, dröhnte seine Stimme wie Kanonendonner. „Es ist mein Senior und Meister. Sie haben ihn ermordet. Wart ihr nicht gewarnt? Wir halten unsere Versammlung ab und sprechen von wunderbaren Plänen, landwirtschaftlichen Quoten und Handelsrecht. Wir reden, während rings um uns her Menschen sterben, ermordet durch die selbstsüchtige Gier des Erdenkonsortiums und seines sogenannten Kooperativen Imperiums. Es ist eine Obszönität in den Augen des Gottes mit den Millionen Namen.“
Skallon ergriff seinen Arm. „Fain, tu etwas!“
Wie alle anderen beobachtete Fain den Tanzenden. Die Bewegungen des Seniors waren jetzt langsamer geworden. Seine Arme hingen nutzlos herunter. Sein Kopf zuckte krampfhaft hin und her. „Was schlägst du denn vor?“
„Bring ihn zum Schweigen. Sorg dafür, daß er still ist. Siehst du nicht, daß er versucht, die Erde verantwortlich zu machen für … für das, was hier geschieht?“ Er wies mit dem Kopf auf das Podium.
„Vielleicht hat er nicht ganz unrecht.“
„Fain, es kann sein, daß er der Änderung ist!“
„Und es kann sein, daß er es nicht ist. Halt den Mund und überlaß das mir.“ Aber Fain machte keine Anstalten, etwas zu unternehmen. Im Augenblick begnügte er sich damit, zu beobachten und zuzuhören. Allerdings ließ er seine Hand sinken und legte sie auf die beruhigende Wölbung seines
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