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Die Maske des Meisters

Die Maske des Meisters

Titel: Die Maske des Meisters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henke Sandra
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freigelassen. Es war nicht mehr notwendig, sie länger gefangen zu halten.“ Leiser fügte er hinzu: „Ich werde nicht zu ihnen zurückkehren.“
    „Geh ins Haus, Claire!“ Nie zuvor hatte ihr Bruder derart bestimmt mit ihr geredet.
    Claire war erschüttert. Todd und Noah, die beiden wichtigsten Männer in ihrem Leben, standen sich gegenüber, starrten aneinander an und warteten nur darauf, dass einer den ersten Schritt machte, um übereinander herzufallen und sich gegenseitig zu zerfleischen. Allerdings war Noah klar im Vorteil. Würde er seinen Revolver benutzen?
    „Lass mich dir bitte erklären, Noah.“ Absichtlich sprach sie ihn mit seinem richtigen Namen an, doch die Hoffnung, ihn würde dies in die Realität zurückholen, schlug fehl. Er reagierte nicht einmal darauf. Es machte den Anschein, als wäre er nicht mehr er selbst, sondern vollkommen in der Illusion gefangen, ein Rachegott zu sein.
    Noah drehte die Trommel seines Revolvers, als wollte er Russisches Roulette spielen. „Vali fordert seine Rache.“
    „Du bist kein Gott“, zischte Todd und legte die Hand an sein Holster.
    „Werd nicht zum Richter“, flehte Claire. „Damit zerstört du dich selbst endgültig.“
    Trocken erwiderte Noah: „Ich bin schon tot.“
    „Nein, bist du nicht. Du bist sogar sehr lebendig. Das hast du mir gezeigt.“ Sie lief hochrot an, weil Todd sie fragend ansah. „Überlass das dem Gesetz.“
    „Was läuft da zwischen euch?“ Aufbrausend warf ihr Bruder Howard zu Boden, der daraufhin vor Schmerz aufschrie und sich krümmte.
    Claire war sich nicht sicher, ob Todd das getan hatte, um Howie als Ballast loszuwerden oder ihn aus der Schussbahn zu bringen. „Das spielt jetzt keine Rolle.“
    „Das Gesetz hat schon einmal versagt. Jetzt kümmere ich mich selbst um Gerechtigkeit.“ Noah löste die Sicherung des Revolvers.
    „Wir sind hier nicht im Wilden Westen“, rief Todd ihm verärgert zu.
    Aus dem Augenwinkel bemerkte Claire, wie ihr Bruder die Lasche, die seine Pistole im Holster hielt, löste. Ihre Hand krampfte sich um Howards Gürtel, den sie immer noch festhielt. Es kam ihr vor, als würde Noah den Hahn des Revolvers in Zeitlupe spannen. Sie selbst fühlte sich wie paralysiert. Was konnte sie noch sagen, um Noah aufzuhalten? Und selbst wenn sie es schaffte, konnte es passieren, dass Todd seine Pistole abfeuerte, um sie, Claire, zu schützen.
    Die Atmosphäre war geladen. Ein einziger Funke würde genügen, um die Explosion auszulösen, eine winzige Bewegung, ein unabsichtliches Zucken, und das Drama würde seinen Höhepunkt erreichen.
    „Neeeeiiin“, schrie Claire mit aller Kraft, die ihre Lungen und Stimmbänder hergaben. Sie riss ihren Arm hoch.
    Dann fiel der erste Schuss.

EPILOG:
    „Ich kann es immer noch nicht fassen, dass du gedacht hast, ich würde schießen.“ Noah schüttelte den Kopf. „Ich hatte nur vorgehabt, Todd und Howard mit dem Revolver zu bedrohen, um ein Geständnis zu erzwingen. Egal, ob es vor Gericht zugelassen worden wäre oder nicht, die Bevölkerung hätte die Wahrheit über Auroras Tod erfahren.“
    Claire hätte nie gedacht, dass ihn das so sehr kränkte. Nach vier Monaten sprach er immer noch davon. Da er mit dem Rücken zu ihr stand und durch die Terrassentür auf die Schneelandschaft draußen schaute, konnte sie nur sein Spiegelbild sehen. „Du hattest diesen wilden Ausdruck in den Augen.“
    Er lächelte. „Du meinst wohl: verrückten Ausdruck.“
    Wären ihre Hände nicht mit dem grünen Seidenschal, den Noah ihr auf dem Sommerfest geschenkt hatte, hinter dem Rücken gefesselt gewesen, hätte sie ihm vermutlich zugestimmt. Unter den gegebenen Umständen jedoch schwieg sie lieber.
    Trömso war bezaubernd im Dezember, fand Claire. Man sah der Stadt nicht an, dass es die größte im Norden Norwegens war, weil sich die flachen Häuser auf mehreren Inseln und dem Festland verteilten und an der Küste entlangschlängelten. Es war aufregend, so nah am Polarkreis zu sein, nur 344 Meter Luftlinie. Im Winter wirkte Tromsö wie die beleuchtete Miniaturstadt, die vor dem Rathaus in Oakwood stand, wenn Ortsvorsteher Ken McGrowth traditionell am dritten Advent die Bürger zu Eierpunsch und heißem Holunderbeersaft einlud.
    „Wo hast du so gut schießen gelernt?“, wollte er wissen und legte die Handfläche an die Scheibe, als wollte er die Schneeflocken, die zur Erde schwebten, berühren.
    Claire biss sich auf die Unterlippe. Es war eine Entscheidung von Sekunden gewesen. Bevor

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