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Die Masken der Wahrheit

Die Masken der Wahrheit

Titel: Die Masken der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Unsworth
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Verstand. Mich lehrte Tobias, wie man hinfiel, ohne sich dabei weh zu tun. Über die Vergangenheit sprach er nie.
       Der Teufelsnarr – die Rolle, die ich von Brendan übernommen hatte – war traditionell zugleich ein Jongleur oder Akrobat, doch konnte ich nicht darauf hoffen, diese Künste in der kurzen Zeit zu erlernen, die mir blieb. Ich tat, was ich konnte, und wann immer sich die Gelegenheit bot, übte ich fleißig, um die anderen nicht zu enttäuschen, vor allem Martin nicht, dem ich es verdankte, daß man mich in die Truppe aufgenommen hatte; außerdem mochte ich ihn. Er war voller Güte und Warmherzigkeit. Und er war beständig, auch wenn er diese Beständigkeit stets zum Erreichen seiner eigenen Ziele und Absichten einspannte. Seine seltenen Lobesworte hütete ich wie einen Schatz und murmelte sie vor mich hin, wenn ich hinter dem Karren ging oder die Reihe an mir war, eine Zeitlang mit Brendan zu fahren, falls die Straße eben war; mitunter murmelte ich Martins Worte sogar in der Nacht, wenn ich wach lag. Ich hängte mein ganzes Herz daran, als Schauspieler Erfolg zu haben.
       Ich erfuhr von den anderen, daß Robert Sandville, ihr adeliger Schutzherr, im fernen Frankreich für den König kämpfte. Die Theatertruppe gehörte ihm und war verpflichtet, in der Halle seiner Burg zu spielen, wenn er es befahl, und die Schauspieler wurden auch jedesmal dafür entlohnt. Doch in letzter Zeit waren diese Auftritte selten geworden, und so war die Truppe gezwungen, den größten Teil des Jahres umherzuziehen. Sie hatten zwar Sandvilles Erlaubnis, doch Geld gab er ihnen nicht, wenn sie sich außerhalb seiner Ländereien befanden. Und nun, da ihr adeliger Herr in der Ferne weilte, hatte seine Gattin die Truppe nach Durham geschickt, auf daß sie dort als Weihnachtsgeschenk vor ihrem Vetter, Sir William Percy, auftrete. Die Schauspieler hofften, in Durham großzügig behandelt zu werden. »Falls wir so lange leben«, sagte Stephen düster. Wir hatten wunde Füße, und im Hügelland nördlich von York ging es nur langsam voran.
       Und wieder einmal war es Brendan, der unser Geschick bestimmte. Schon am Tag zuvor hatte er übel zu riechen begonnen. Fuhr man bei ihm auf dem Karren, machte sich dies noch stärker bemerkbar; denn das Holpern bewegte seine Leiche unter der Abdeckung aus rotem Tuch, und durch diese Bewegungen stieg der Geruch seines verwesenden Körpers dumpf und unverkennbar in die frostige Luft. Mit jeder Stunde wurde es schlimmer, und wir hatten kein Öl oder eine sonstige Essenz, mit der wir diese Ausdünstungen hätten überdecken können. Es stand zu befürchten, Brendans Verwesungsgestank könne sich, noch bevor wir in Durham eintrafen, auf die Kostüme und Vorhangstücke übertragen, die für die dortige Aufführung gebraucht wurden. Martin rief uns zusammen, um über die Angelegenheit zu beraten, und wir hockten uns am Straßenrand nieder. Das Wetter war rauh; Nebelschwaden zogen sich immer dichter zusammen, und unsere Stimmung war gedrückt.
       »Es bringt Unglück, den Gestank des Todes zu tragen«, sagte Straw. Er blickte düster zu dem Haufen, unter dem Brendan lag. »Das wird unser Stück verderben«, sagte er. Straw ließ sich stets rasch entmutigen und hatte schreckliche Angst zu versagen, mehr als die anderen.
       »Der Gestank wird nicht leicht herauszuwaschen sein«, sagte Margaret. »Manche Kostüme lassen sich sowieso nicht waschen. Oder kann mir einer sagen, wie man das Gewand des Antichristen waschen soll, das aus Pferdehaar gemacht ist?«
       »Es stinkt so schon schlimm genug, auch ohne Brendans Hilfe«, sagte Springer. Es war jenes Kleidungsstück, das er zum Schutz gegen die Kälte wie einen Schal getragen hatte. »Es stinkt nach Kotze«, sagte er. Und er stand auf und schlenderte schlecht gelaunt, was bei ihm höchst selten war, von dannen.
       »Bevor wir jemals dorthin kommen«, sagte Tobias, »nach Durham, meine ich, wird Brendan uns überall Ärger bereiten, wo wir uns auch aufhalten.«
       »Hättet ihr auf mich gehört«, meinte Stephen, »hätten wir dieses Problem jetzt nicht. Aber noch ist es nicht zu spät. Lassen wir Brendan doch hier zurück, damit er in aller Ruhe vermodern kann, was er trotz unserer Mühen früher oder später sowieso tun wird.«
       »Was mit Brendan geschehen soll, haben wir bereits geklärt, als wir schon mal darüber gesprochen haben«, sagte Martin. »Daß er jetzt zu stinken anfängt, ändert nichts daran. Wir müssen ihn

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