Die Maurin
lautlos. Sie lauschten. Alles blieb ruhig. Als sie weiterschleichen wollten, stahl sich ein Soldat aus einem Zelt direkt neben ihnen. Noch ehe er das Schwert gegen sie einsetzen und seine Kameraden alarmieren konnte, hatten Jaime und seine Mitstreiter ihn überwältigt, doch obwohl sie erneut kaum ein Geräusch verursacht hatten, krochen weitere Soldaten aus den Zelten.
»Yazid, gib den anderen das Zeichen zum Angriff!«, zischte Jaime Yazid auf Arabisch zu.
Yazid ließ einen Eulenruf ertönen. Zugleich rannten sie in Richtung der Königszelte. Die Soldaten stürmten ihnen nach. Einer von ihnen brüllte: »Die Mauren! Alarm!«
Vor dem Zelt der Königin standen vier bis zur Halskrause bewaffnete Leibwächter. Am Lagereingang brach gewaltiger Lärm los: Die maurische Truppe stürmte das Zeltlager. Ihre vordringliche Aufgabe war, möglichst viel Aufmerksamkeit zu erregen, damit sich die Soldaten in ihre Richtung wandten und Jaime, Raschid und Yazid mehr Spielraum hatten. Die meisten Soldaten, die jetzt aus ihren Zelten stürzten, hasteten tatsächlich zum Lagerrand, aber zumindest zwei weitere Soldaten eilten zum Zelt der Königin. Jaime fluchte: Es waren sein Bruder Gonzalo und Don Juan.
Einer der Leibwächter Isabels griff Jaime an. Jaime konnte ihn zurückdrängen und mit einem gewagten Schwerthieb am Arm verletzen, aber dann hieb auch der zweite Leibwächter auf ihn ein, und er geriet in Bedrängnis. Auf einmal sah er Yazid an seiner Seite. Nach einem kurzen Gefecht gelang es ihm, dem von Jaime schon verletzten Soldaten das Schwert in den Bauch zu rammen, aber im gleichen Moment schrie er selbst vor Schmerz auf. Jaime fuhr zu ihm herum und sah, dass Gonzalo Yazid eine tiefe Wunde am Bein zugefügt hatte. Er verpasste seinem eigenen Gegner einen Tritt in den Unterleib, der ihn keuchend zusammensacken ließ, und richtete das Schwert gegen Gonzalo, der ihn in diesem Moment erkannte und erbleichend zurückwich. Da brüllte Don Juan: »Dich kenne ich doch, du Mistkerl!« und attackierte Yazid. »Die Visage von einem, der unseren Herrn Jesus beleidigt, vergesse ich nie!«
Jaime sah, dass Don Juan Yazid stark zusetzte, aber inzwischen hatte sein Bruder seinen ersten Schrecken überwunden und hieb auf ihn ein. Jaime schmetterte seinen Schlag ab und bekam aus dem Augenwinkel mit, dass Raschid seinen Gegner hatte töten können und weiter zu den Zelten der Königin eilte. Nur wenige Meter lagen noch zwischen ihm und dem Zelteingang, als er von drei hinzustürmenden Soldaten angegriffen wurde. Inzwischen hatten sich die ersten Mauren ihrer eigenen Truppe zu ihnen vorgearbeitet. Sie unterstützten sie im Kampf, zogen zugleich aber eine gewaltige Horde christlicher Soldaten hinter sich her. Wegen der wenigen Lampen im Lager war es schwer zu erkennen, wer wer war, zumal außer Jaime, Raschid und Yazid auch noch viele andere Mauren christliche Kleider angezogen hatten. Dank dieser Verwirrung konnte sich Raschid weiter zum Zelt vorarbeiten.
Wieder wehrte Jaime einen Schwerthieb seines Bruders ab. Zwar war Jaime schon immer der bessere Schwertkämpfer von ihnen gewesen, aber es fiel ihm schwer, auf Gonzalo wie auf einen Feind einzuschlagen, so dass dieser ihn immer wieder in Bedrängnis bringen konnte. Jaime sah ihm an, dass er ihn möglicherweise wirklich töten würde – erst nahm er ihm Zahra weg, jetzt verübte er einen Anschlag auf seine Königin –, zögerte aber, seinem Bruder einen tödlichen Hieb zu versetzen. Schließlich riss er ihn mit sich zu Boden und verpasste ihm einen Faustschlag ins Gesicht, und als dieser den Kopf noch einmal hob, einen zweiten, wonach er sich nicht mehr rührte. Jaime sah, dass Raschid erneut angegriffen wurde, ihm aber schon zwei ihrer Leute zu Hilfe eilten. Er drehte sich nach Yazid um, der noch immer in den Zweikampf mit Don Juan verstrickt war. Beide waren verletzt: Don Juan am Arm und auf der Wange, Yazid am Bein und am Unterarm. Jaime zögerte, ob er lieber ihm zu Hilfe eilen oder sich besser weiter zum Zelt der Königin durchschlagen sollte, doch dort hatten sich inzwischen so viele Soldaten eingefunden, dass ihr Plan ohnehin nicht mehr durchzuführen war. Er schlug einen weiteren Angreifer nieder und versuchte, sich zu Yazid vorzuarbeiten, dem Don Juan inzwischen eine weitere schwere Verletzung an der Schulter zugefügt hatte. Endlich hatte er ihn erreicht, doch als er gerade auf Don Juan losschlagen wollte, krachte ihm ein Schwert in die Schulter. Bevor er zu Boden sank und das
Weitere Kostenlose Bücher