Die Mausefalle
bezahlen lassen.«
»Ach was, Giles, die haben doch Gepäck. Wenn sie nicht zahlen, rücken wir das Gepäck nicht raus.«
»Und wenn sie bloß in Zeitungspapier gewickelte Steine im Koffer haben? In Wahrheit, Molly, haben wir doch nicht die geringste Ahnung, was einen bei so einem Geschäft erwartet. Hoffentlich merken sie nicht gleich, was für Anfänger wir sind.«
»Mrs Boyle ganz bestimmt«, sagte Molly. »Die ist der Typ Frau dafür.«
»Woher willst du das wissen? Du hast sie doch noch gar nicht gesehen.«
Molly wandte sie ab, breitete eine Zeitung auf dem Tisch aus, holte Käse und fing an, ihn zu reiben.
»Was gibt denn das?«, fragte ihr Mann.
»Käsetoast gibt das«, klärte Molly ihn auf. »Paniermehl und Kartoffelbrei und ein kleinwinziges bisschen Käse, damit es den Namen auch verdient.«
»Was bist du doch für eine schlaue Köchin!«, sagte bewundernd ihr Mann.
»Ich weiß nicht. Ich kann immer nur eine Sache auf einmal machen. Aber alles auf einmal braucht so viel Übung. Frühstück ist am schlimmsten.«
»Warum?«
»Weil eben alles auf einmal sein muss – Eier und Schinken und heiße Milch und Kaffee und Toast. Und dann kocht die Milch über, oder der Toast brennt an, oder der Schinken kringelt sich, oder die Eier werden zu hart. Man muss da hinterher sein wie eine Hechelmaus und alles gleichzeitig im Auge haben.«
»Ich muss wohl morgen Früh mal heimlich nach unten schleichen und mir angucken, wie du die Hechelmaus abgibst.«
»Das Wasser kocht«, sagte Molly. »Sollen wir das Tablett in die Bibliothek mitnehmen und Radio hören? Gleich kommen die Nachrichten.«
»Da wir ja offenbar die meiste Zeit in der Küche verbringen werden, könnten wir hier auch ein Radio gebrauchen.«
»Ja. Wie schön doch Küchen sind. Ich liebe diese Küche. Ich finde sie bei Weitem den schönsten Raum im Haus. Ich mag die Anrichte und das Geschirr, und ich liebe einfach dieses Gefühl von Luxus, das ein absolut riesiger Herd einem verschafft – obwohl ich natürlich dankbar bin, dass ich darauf nicht kochen muss.«
»Der verbraucht bestimmt eine Jahresration Brennstoff an einem einzigen Tag.«
»Ganz bestimmt, das glaube ich auch. Aber stell dir die tollen Sachen vor, die darin schon gebraten worden sind – Roastbeefs, Hammelrücken. Riesige kupferne Einkochtöpfe voll selbst gemachter Erdbeermarmelade mit zentnerweise Zucker. Wie schön und behaglich war doch die Viktorianische Zeit. Sieh dir die Möbel oben an, groß und solide und ein bisschen überladen – ja, aber was für ein himmlischer Komfort, und der viele Platz für die Kleider, die man damals hatte, und die Schubladen, die so leicht raus- und reingleiten. Weißt du noch das schicke moderne Apartment, das wir geliehen bekommen hatten? Lauter Einbaumöbel und Gleitschränke – nur, dass nichts richtig glitt – es hat immer geklemmt. Und die Türen, die man nur zuschieben musste – nur, dass sie nie zubleiben wollten oder, wenn doch, nicht wieder aufgingen.«
»Ja, das ist das Schlimmste an neumodischen Errungenschaften. Wenn sie nicht richtig funktionieren, ist man aufgeschmissen.«
»Na komm, lass uns die Nachrichten hören.«
Die Nachrichten bestanden hauptsächlich aus drastischen Warnungen bezüglich des Wetters, dem üblichen außenpolitischen Stillstand, heftigem Gezänk im Parlament und einem Mord in der Culver Street in Paddington.
»Puh!«, sagte Molly und schaltete aus. »Nichts als Unerfreuliches. Und Aufrufe zum Brennstoffsparen will ich nicht noch mal hören. Was denken die sich eigentlich, dass man dasitzt und friert? Ich glaube, wir hätten besser nicht versucht, eine Pension im Winter zu eröffnen. Wir hätten bis zum Frühjahr warten sollen.« Und mit einem etwas anderen Tonfall setzte sie hinzu: »Was das wohl für eine Frau war, die da ermordet worden ist?«
»Mrs Lyon?«
»Hieß die so? Wer die wohl ermorden wollte und warum?«
»Vielleicht hatte sie ein Vermögen unter den Dielen.«
»Wenn sie sagen, die Polizei sucht dringend einen Mann, der in der Umgebung gesehen wurde –, heißt das, der ist der Mörder?«
»Normalerweise ja, glaube ich. Es ist einfach eine höfliche Ausdrucksweise.«
Das Gellen der Klingel ließ beide hochfahren.
»Die Haustür«, sagte Giles. »Auftritt – ein Mörder«, setzte er scherzhaft hinzu.
»Im Theater wär’s der natürlich. Hopp jetzt. Das muss Mr Wren sein. Jetzt sehen wir, wer Recht hatte mit ihm, du oder ich.«
3
Mr Wren kam samt Schneegestöber mit
Weitere Kostenlose Bücher