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Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy

Titel: Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adaobi Tricia Nwaubani
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streckte ich die Hand aus und nahm den Flyer entgegen.

    Chikaodinaka und Odinkemmelu hörten auf zu schwatzen und nahmen eine servile Haltung ein, als ich die Küche betrat.
    »Bro Kingsley, willkommen.« Ich grummelte und ging weiter.
    Am Esstisch blieb ich stehen und tauschte mit Mutter und den Geschwistern einen Guten Morgen aus. Das Frühstück war vorbei, aber sie saßen noch zusammen und plauderten.
    »Soll ich dir dein Essen bringen?«, fragte Mutter.
    »Jetzt nicht«, antwortete ich.
    Am anderen Ende des Zimmers schlief mein Vater in seinem Lieblingssessel. Sein Kopf lag schief, und aus seiner Kehle drang ein Rasseln wie Wasser aus einem Hahn, wenn man ihn nach langer Zeit zum ersten Mal wieder aufdrehte. Meine Mutter nickte in seine Richtung.
    »Seid ein bisschen leiser«, sagte sie. Dabei wussten wir alle aus Erfahrung, dass nicht einmal die Posaune des Erzengels Michael Vater aus seinem Nickerchen nach dem Frühstück zu wecken vermocht hätte.
    »Ist der Brief gekommen?«, fragte Eugene.
    Ich murmelte etwas in meinen Bart. Wie beabsichtigt missverstanden es alle als ein Nein. Es hatte keinen Sinn, ihnen allen den Morgen zu verderben.
    Es war ein bisschen zu schwierig, so zu tun, als wäre alles beim Alten. Deshalb ging ich ins Kinderzimmer und setzte mich aufs Bett. Jemand klopfte an die Tür. Ich reagierte nicht. Es klopfte erneut.
    »Ja?«
    »Kings.«
    Es war meine Mutter. Ich blickte nicht auf. Sie setzte sich neben mich, legte mir den Arm um die Schultern und schob meinen Kopf an ihre Halsbeuge. Eine Weile saßen wir schweigend da. Ohne auch nur eine einzige peinliche Frage zu stellen, wusste meine Mutter, dass ihr ältester Sohn noch immer eine Ziffer in der Statistik der wachsenden Arbeitslosenmassen von Nigeria war.
    »Es ist okay«, sagte sie.
    Sie streichelte meine Wange.
    »Kings, es ist okay, … hm? Es ist okay.« Ich hob den Kopf und seufzte.
    »Mach dir keine Sorgen«, sagte sie. »Du findest schon deinen Weg. Wir wollen einfach glauben, dass irgendwo etwas Besseres auf dich wartet. Lass dich nur nicht von all diesen Enttäuschungen unterkriegen.«
    »Ehrlich, Mama, ich habe es nur einfach satt. Was mache ich denn bloß falsch? Immer bestehe ich alle Tests, und dann wollen sie mich nicht. Ich kapier das nicht.«
    Ich verstand wirklich die Welt nicht mehr. Es war, als steckte ich in einem Irrgarten, und jedes Mal, wenn ich einen Ausgang entdeckte, versperrte mir ein Blitzstrahl den Weg. Und diese neueste Absage tat besonders weh, weil ich wider Erwarten bis zum allerletzten Gespräch vorgedrungen war. Doch so wie die Dinge heutzutage in unserer Gesellschaft lagen, brauchte man außer guten Zeugnissen und einem hohen Intelligenzquotienten in der Regel noch ein so genanntes Long-Leg , auch als Vitamin B bekannt. Selbst um an die einfachsten Dinge heranzukommen, musste man jemanden kennen oder wenigstens jemanden, der wiederum jemanden kannte. Trotzdem hatten wir, während ich eine Stufe des Bewerbungsverfahrens nach der anderen erklomm, alle geglaubt, dass es diesmal anders sein würde. Irgendjemand hatte registriert, dass ich das beste Examen meines Jahrgangs gemacht hatte. Gewiss würde man nun auch erkennen, dass ich einen außergewöhnlichen Verstand besaß.
    »Kings, es ist okay. Ich bin sicher, irgendwann wird alles gut.«
    Ich senkte den Kopf.
    Meine Eltern hatten sich so gefreut, als ich den Zulassungsbescheid für die Universität bekommen hatte, aber das Studium hatte natürlich auch eine zusätzliche finanzielle Belastung für die Familie bedeutet. Studiengebühren, Bücher, Unterkunft in der fremden Stadt – das alles wollte bezahlt werden. Als Vaters Krankheit Öl auf die Flammen goss, hatten sich meine Eltern gezwungen gesehen, unseren alten grauen Peugeot 505 zu verkaufen.
    Endlich hatte ich meinen Abschluss geschafft. Als ältester Sohn würde ich, sobald ich ein Einkommen besaß, automatisch dafür Verantwortung tragen, dass meine jüngeren Geschwister eine Ausbildung bekamen und meine Eltern den Rest ihres Rentenalters ohne finanzielle Sorgen leben konnten. Meine Familie blickte zu mir auf. Ich war ihr Licht, ihr Messias, ihre einzige Hoffnung.
    Meine Mutter umarmte mich fester und rieb mir den Rücken.
    »Kingsley, es ist nun mal so, … jeder macht mal eine Dürrezeit durch, aber immer kommt irgendwann auch wieder Regen. Du wirst es sehen. Und dann wirst du an meine Worte denken.«
    Sie klang so überzeugt, dass ich ihr fast glaubte. Früher hätten ihre Worte mich so

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