Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
getröstet, dass sich mein Gesicht aufgehellt, meine Brust sich gewölbt und mein Blick sich erhoben hätte, einer glücklicheren Zukunft entgegen. Aber ich hatte diese gleiche Rede an dieser gleichen Stelle in der gleichen kuscheligen Nähe im Lauf des letzten Jahres mindestens dreimal gehört. Ich fühlte mich wie bei einem Déjà-vu.
Wir schwiegen einen Augenblick.
»Willst du nicht doch etwas frühstücken?«, fragte meine Mutter. »In der Dose ist noch ein bisschen Milchpulver, aber wenn es nicht reicht, kann ich Chikaodinaka losschicken, um neues zu kaufen.«
Ich stand auf.
»Ich will nichts essen. Ich will zu Ola fahren.«
»Willst du denn nicht erst …«
»Nein, ich will nichts essen«, unterbrach ich und zog mir das T-Shirt über den Kopf.
Sie verließ das Zimmer. Ich begann meine treuen schwarzen Lederschuhe zu putzen. Mein einziges Paar. Es dauerte nicht lange, dann klopfte es wieder, und meine Mutter trat ein.
»Hier«, sagte sie. »Tu das hier zu deinem Fahrgeld.«
In ihrer Hand hielt sie ein paar zerknitterte Nairascheine. Ich schüttelte den Kopf.
»Nein danke. Ich habe genug für die Fahrt.«
»Macht nichts. Nimm’s trotzdem.«
»Mama, nein danke.«
»Doch, dann kauf wenigstens eine Kleinigkeit für Ola.«
»Mama, lass nur. Ich komm zurecht, bis Papa mir mein nächstes Taschengeld auszahlt.«
»Kings, hör zu. Ich weiß, es ist nur für kurze Zeit, und du fällst bestimmt bald auf die Füße. Nimm das Geld.«
Es war eine Schande, seinen Eltern als Fünfundzwanzigjähriger noch immer auf der Tasche zu liegen, aber sie lächelte und wirkte unglaublich zufrieden, als ich die Scheine nahm. In diesem Moment beschloss ich, dass ich, wenn ich Arbeit fand, als Erstes meiner Mutter ein brandneues Auto kaufen würde.
3
Der Peugeot Kombi 504 trug ein handgeschriebenes Schild auf dem Dach: Umuahia – Owerri via Mbaise . Das Fahrzeug war ursprünglich darauf ausgelegt gewesen, vorne den Fahrer und einen Beifahrer, in der Mitte drei Personen und hinten zwei zu transportieren. Aber irgendein Schlaukopf war auf eine lukrativere Idee verfallen. Jetzt saßen zwei Leute vorne neben dem Fahrer, vier in der Mitte und drei hinten. Da ich als Letzter kam, musste ich mich hinten auf den mittleren Sitz quetschen, den engsten, unbequemsten Platz im ganzen Fahrzeug.
Rechts von mir klemmte eine Frau mit üppigem Gesäß, die laut und genussvoll ein übelriechendes Frühstück aus gekochten Eiern und Brot mampfte. Links saß ein Mann mit leeren Augenhöhlen. Er hatte einen Jungen von etwa acht Jahren auf dem Schoß. Seinen zerlumpten Kleidern, den gelegentlichen gesungenen Sätzen und seinem unterwürfigen Verhalten nach zu schließen war er von Beruf Bettler. Der Junge diente ihm als Blindenführer und musste vermutlich kein Fahrgeld zahlen, weil sie sich einen Platz teilten. Also saßen wir hinten zu viert auf einer Bank für drei, die ursprünglich für zwei Personen gedacht gewesen war.
Der Gestank der Lumpen und Frühstückseier setzte mir so zu, dass ich befürchtete, mein Mageninhalt würde mir durch die Zähne auf den Boden flutschen. Ich hoffte, dass wir bald losfahren würden und dass mit zunehmender Geschwindigkeit der Fahrtwind frische Luft nach hinten in diese Gaskammer drücken würde.
»Geld her!«, brüllte der Fahrer und streckte seine rissige Hand ins Auto.
Ich fischte mein Portemonnaie aus der Hosentasche und schob die Nairascheine beiseite, um das Foto zu betrachten, das ich immer und überall bei mir trug. Es war von Ola und mir, engumschlungen, aufgenommen am Valentinstag vor zwei Jahren bei Mr Bigg’s . Das Foto war von einem dieser nervigen Straßenfotografen gemacht worden, die sich in Restaurants und bei Veranstaltungen herumtreiben. Zuerst war ich entschlossen gewesen, nicht zu zahlen, auch als der Mann schon zehn Minuten vor uns stand und bettelte. Doch als ich merkte, wie sehr Ola die Bilder anscheinend gefielen, nahm ich das Geld, das ich für Kuchen und Eis aufgespart hatte, und kaufte stattdessen die Fotos.
Ola hatte noch andere Lieblingsfotos. Das eine hatte mein Vater von mir gemacht, als ich drei war. Bei einem ihrer Besuche in unserer Wohnung hatte Ola meine Mutter gebeten, es ihr zu schenken.
»Du siehst darauf einfach zu süß aus«, hatte sie gesagt.
»Wie ein kleiner Albert Einstein. Auf dem Foto sieht man dir schon an, was du für ein Superhirn werden würdest.«
Ola konnte manchmal sehr witzig sein.
Ihr drittes Lieblingsfoto zeigte mich in feierlicher Robe,
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