Die meerblauen Schuhe meines Onkels Cash Daddy
wie ich mein aufgerolltes Universitätsdiplom halte und grinse, als wollte ich die Welt erobern. Alle drei Bilder standen hübsch gerahmt auf der Holzkommode neben ihrem Bett.
Wir gaben dem Fahrer unser Geld, und der wartete nun darauf, dass der kleine Junge es schaffte, die Kleinstbeträge auseinanderzufieseln, die der Blinde irgendwo aus den inneren Regionen seiner Hose hervorgeangelt hatte. Der Junge zählte laut.
»Fünf Naira, … zehn Naira, … zehn Naira fünfzig Kobo, … elf Naira, … sechzehn Naira, … zwanzig Naira fünfzig Kobo, …«
Mehr als eine Minute später fehlten ihm immer noch Kilometer bis zum verlangten Betrag. Die kauende Frau verlor die Geduld.
»Da, ich gebe den Rest«, sagte sie und reichte dem Fahrer ein paar Scheine von ihrem Geld, um das Fahrgeld voll zu machen.
»Danke schön«, sagte der Junge.
»Gott segne Sie«, fügte der Bettler hinzu. »Gott segne Ihren Mann und Ihre Kinder.«
»Amen«, sagte die Frau.
»Ihnen wird es niemals an etwas fehlen.«
»Amen«, sagte die Frau.
»Sie werden niemals so weit sinken wie ich.«
»Amen.« Diesmal sprach sie lauter.
»Alle Feinde, die Ihnen und Ihren Kindern Übles wollen, werden aus einer Richtung kommen und in sieben verschiedene Richtungen verstreut werden.«
»Amen!«, riefen mehrere Fahrgäste mit, um auf diese Weise möglichst auch etwas von dem für diese gefährlichen Zeiten ach so wichtigen Segen zu stibitzen.
Ich fragte mich, warum die Zauberformeln dem Bettler selbst bis jetzt offenbar nicht geholfen hatten.
Wenn Ola wusste, dass ich kam, zog sie sich hübsch an und wartete auf einer Betonbank vor ihrem Studentenheim. Sobald sie mich erblickte, rannte sie in meine Arme. Wenn ich sie mit meinem Besuch überraschte, wie zum Beispiel heute, trat ein glückliches Strahlen in ihr Gesicht. Dann juchzte sie und sprang auf mich zu und warf meine schmächtige Gestalt mit ihrer Umarmung fast um. Anschließend legte sie ihr Gesicht an meine Wange und hielt mich ein paar Sekunden fest. Eigentlich hätte ich mich danach umdrehen und vollkommen zufrieden wieder nach Hause fahren können. Allein dafür hätte sich die ganze Fahrerei schon gelohnt.
Nach anderthalb Stunden erreichte das Auto den Busbahnhof in Owerri. Bei einem kleinen Mädchen, das ein Tablett mit importierten roten Äpfeln auf dem Kopf trug, kaufte ich fünf der größten. Dann stieg ich in den Bus zum Tor des Universitätsgeländes, und als ich dort war, stellte ich mich in die lange Warteschlange für ein Okada. Diese Motorradtaxis waren die praktischsten Transportmittel. Sie sausten mit selbstmörderischer Geschwindigkeit durch Straßen, in die sich Busse und Autos nicht trauten, und lieferten ihre Fahrgäste direkt an der Tür zu ihrem Ziel ab. Der Okada-Fahrer, der mich zu Olas Studentenheim brachte, hatte in letzter Zeit gewiss weder Wasser noch Seife gesehen. Ich hielt die Luft an und ertrug stoisch die Fahrt.
Im Studentenheim klopfte ich viermal rasch hintereinander wie der Mietkassierer. Drei weibliche Stimmen zwitscherten gleichzeitig.
»Herein.«
Ola saß mit einigen Mädchen in ihrer Ecke des Zimmers. Die Mädchen begrüßten mich, standen auf und gingen. Ich blieb einen Augenblick an der Tür stehen, bevor ich mich zu Ola aufs Bett setzte. Sie stand nicht auf. Wo waren mein Juchzen und meine Umarmung? Von bodenloser Angst ergriffen, legte ich meine Hand auf ihre Stirn. Die Temperatur fühlte sich normal an.
»Schatz, ist alles in Ordnung mit dir?« Sie entzog sich meiner Berührung.
»Mir geht’s gut«, antwortete sie steif. Ihr musste irgendwas fehlen.
»Bist du sicher, dass du nichts hast? Du wirkst ein bisschen mitgenommen.«
»Kingsley, ich habe gesagt, es geht mir gut.«
Ich zögerte. Ihre Augen blickten ausdruckslos unter den langen, hübschen Wimpern, die wie Schmetterlingsflügel flatterten. Der Ausschnitt ihres kurzen Jäckchens endete am Ansatz ihres üppigen Busens, und an ihrem bloßen Hals standen kleine Schweißperlen. Mich überkam der Wunsch, ihre Haut zu lecken. Ich legte meinen Mund an ihr Ohr und kitzelte mit meiner Zunge ihr Ohrläppchen.
»Schatz, was ist mit dir?«, murmelte ich.
Sie gab mir einen leichten Klaps ins Gesicht und rückte von mir ab. Ärgerlich wischte sie mit der Hand in meine Richtung, als wollte sie eine Fliege verscheuchen.
»Kingsley, du gehst mir mit deiner Fragerei auf die Nerven. Verstehst du kein Englisch mehr? Ich bin einfach nur müde.«
Ihre Worte zischten mir um die Ohren wie Geschosse.
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