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Die Meerhexe

Die Meerhexe

Titel: Die Meerhexe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alistair MacLean
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entfernt wohnte – Guiseppe Palermo. Sein Name verleitete zu der Annahme, daß er der Mafia angehörte, was aber absolut nicht den Tatsachen entsprach – er betrachtete die Mafia vielmehr als einen Verein von Muttersöhnchen, der in seinen Überredungsmethoden so sanft geworden war, daß er schon Gefahr lief, respektabel zu werden. Der nächste Anruf ging nach Baton Rouge in Louisiana, wo ein Mann lebte, der sich nur ›Conde‹ nannte und dessen Berühmtheit hauptsächlich darin bestand, daß er seit dem Zweiten Weltkrieg der höchstrangige Marineoffizier war, der vor Gericht gestellt und in Unehren entlassen worden war. Auch er erhielt sehr präzise Instruktionen. Lord Worths Fähigkeiten als Organisator wurden nur noch von der Schnelligkeit seines Handelns übertroffen.
    Der noble Lord, der immer darauf beharrt hätte, kein Krimineller zu sein – bislang hatte aber niemand die Kühnheit besessen, ihn dessen anzuklagen –, war auf dem Wege, genau das zu werden.
    Selbstverständlich hätte er das strikt von sich gewiesen, und zwar aus drei Gründen. Die Verfassung garantierte jedem Menschen das Recht, Waffen zu tragen; jeder Mensch hatte das Recht, sich und seinen Besitz, mit welchen Mitteln auch immer, gegen kriminelle Angriffe zu verteidigen, und der einzige Weg, Feuer zu bekämpfen, war wiederum Feuer.
    Das letzte Gespräch galt seinem erprobten und zuverlässigen Adjutanten, Commander Larsen.
    Commander Larsen war der Kapitän der Meerhexe.
    Larsen, von dem keiner wußte, weshalb er sich ›Commander‹ nannte, war nicht der Typ, den man nach so etwas fragte. Er kam aus einem ganz anderen Stall als sein Arbeitgeber. Außer vor Gericht oder in Gegenwart eines Gesetzeshüters gab er jederzeit unbekümmert zu, sowohl ein Rüpel als auch ein Krimineller zu sein. Er hatte wirklich nicht die geringste Ähnlichkeit mit einem Aristokraten. Aber das bedeutete nicht, daß zwischen ihm und Lord Worth nicht ein Verhältnis gegenseitigen Respekts und wortlosen Verstehens bestand. Im Grund waren sie einander ausgesprochen ähnlich.
    Sein Aussehen entsprach durchaus den Vorstellungen, die man sich von einem Kriminellen und grobschlächtigen Menschen macht. Er war wie ein Schwergewichtsringer gebaut und sah aus, als würde er nur faule Tricks anwenden. Seine tiefliegenden, schwarzen Augen spähten unter überhängenden buschigen Augenbrauen hervor, sein Bart war schwarz und struppig, und das Gesicht mit der Hakennase sah aus, als sei es ziemlich häufig in Kontakt mit schweren Gegenständen gekommen. Niemand – außer vielleicht Lord Worth – wußte, wer er war, was er gemacht hatte und wo er herkam. Seine Stimme war ein echter Schock: hinter der Fassade des Neandertalers verbargen sich die Sprache und der Verstand eines gebildeten Mannes. Aber eigentlich hätte das gar nicht so sehr zu erstaunen brauchen – schließlich stellte man umgekehrt oft genug fest, daß durchgeistigt wirkende Leute ein Spatzenhirn hatten.
    Larsen befand sich gerade im Funkraum, hörte aufmerksam zu, nickte von Zeit zu Zeit und betätigte schließlich einen Schalter, der das Gespräch auf den Lautsprecher umschaltete.
    »Alles klar, Sir«, sagte er. »Alles verstanden. Wir werden die Vorbereitungen treffen. Aber haben Sie nicht etwas übersehen, Sir?«
    »Was sollte ich übersehen haben?« Die Stimme, die aus dem Lautsprecher klang, war die eines Mannes, der grundsätzlich nichts übersah.
    »Sie ziehen in Betracht, daß bewaffnete Schiffe auf uns losgehen könnten. Aber wenn sie schon bereit sind, so weit zu gehen, muß man nicht annehmen, daß sie bis zum Letzten gehen würden?«
    »Machen Sie's nicht so spannend, Mann.«
    »Ich meine, daß es leicht ist, ein paar Marinestützpunkte im Auge zu behalten, aber ich nehme an, daß es erheblich schwieriger sein dürfte, ein Dutzend oder noch mehr Flugplätze zu überwachen.«
    »Guter Gott!« In der nachfolgenden Pause konnte man deutlich hören, wie Lord Worths Gehirn arbeitete. »Glauben Sie wirklich …?«
    »Wenn ich die Meerhexe wäre, Lord Worth, dann wäre es mir völlig egal, wovon ich in Stücke gerissen würde. Und Flugzeuge könnten den Ort des Geschehens viel schneller verlassen als Schiffe. Angreifende Schiffe könnten von der US-Marine oder von auf dem Land stationierten Bombern jedoch mit Leichtigkeit gestellt werden. Aber man kann auch noch eine andere Möglichkeit in Betracht ziehen: Ein Schiff könnte in einer Entfernung von hundert Meilen stoppen. Das ist überhaupt kein

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