Die Meister der Am'churi (German Edition)
reißen, Jivvin, da hast du ebenso auf Leben und Tod gelegen wie Ni’yo jetzt“, sagte Am’chur.
Norim bewegte sich unruhig, sagte aber nichts.
„Du wärst gestorben, hätte er dir nicht von seiner eigenen Lebenskraft geschenkt. Seit diesem Tag besteht ein Seelenband zwischen euch. Nur diese Verbindung war es, die Ni’yo zurückbrachte, als er sich unter Charurs Bann schon verloren hatte.“
„Moment, ich verstehe nicht“, fuhr Jivvin hoch, „Ni’yo hatte gesagt, du hättest mich gerettet.“
„Er war sehr erschöpft, als Leruam und ich zu euch kamen und er wollte nicht sagen warum, erinnerst du dich?“, sagte Tamu.
„Er hatte eine Verbindung zwischen mir, dir und sich selbst geschaffen. Ich konnte dich nicht retten, die Elfen hatten Kaleshs Zeichen in deinen Körper geritzt, die mich fernhielten. Ich konnte Ni’yo lediglich helfen, dir seine eigene Kraft zu geben. Als du stark genug warst, um überleben und Kaleshs Bann überwinden zu können, habe ich dich wieder zu mir genommen. Etwas von ihm ist seither immer bei dir verblieben, und weil du nach ihm gegriffen hast, als du ihn spürtest, ist etwas von dir in ihm verblieben.“
„Ist das der Grund …“, begann Jivvin mit gerunzelter Stirn.
„Es hat lediglich vertieft, was schon seit langer Zeit da gewesen ist. Der Hass zwischen euch war die Verkehrung eurer Liebe.“
„NIMM DAS CHI’A, DAS DU FÜR IHN MITGENOMMEN HAST. ES IST DIE STÄRKSTE VERBINDUNG ZWISCHEN IHM UND MIR.“ Am’chur sprach nun allein zu Jivvin, als er rasch erklärte, was zu tun war.
Jivvin zog die Waffe und legte sie auf Ni’yos Brust, faltete dessen Hände über das Heft und seine eigenen darüber. Beinahe augenblicklich spürte er, wie seine Lebenskraft zu Ni’yo floss, so leicht und natürlich, als würde er lediglich ausatmen. Dann aber wurde er zurückgestoßen; Jivvin schrie auf, als er sich in Finsternis verlor, kaum noch gehalten von seinem Gott.
~*~
Ni’yo regte sich. Er war schwach, so schwach … Er spürte Jivvin bei sich, und Am’chur. Sie wollten ihn zurückholen, fort von der Einsamkeit. Das durften sie nicht, es war falsch.
„Lass mich gehen, Jivvin“, bat er.
„Nein! Du konntest dich zurückverwandeln, also kannst du auch zu mir kommen!“
Die Wärme, die Jivvin ausstrahlte, die Liebe, sie war so verlockend … Das Leuchten von Am’chur, es war wie ein Signalfeuer im Sturm, das ihn wie magisch anzog. Ni’yo wünschte so sehr, dieser Verlockung nachzugeben, doch er hatte nicht die Kraft. Es wäre so viel leichter, sich weiter in die Leere treiben zu lassen. So viel besser, dem Schmerz für immer zu entfliehen …
„Ich kann nicht mehr“, flüsterte er. „Ich habe versagt, euch alle betrogen. So viele mussten sterben, weil ich zu schwach war.“
„NIEMAND HÄTTE GEGEN CHARUR IN DESSEN EIGENEM REICH BESTEHEN KÖNNEN. DU KONNTEST IHN LETZTENDLICH BESIEGEN, WEIL DU JIVVIN BESCHÜTZEN WOLLTEST, UND ALL JENE, DIE DU LIEBST. DU HAST NIEMANDEN BETROGEN, DER KAMPF WAR UNAUSWEICHLICH. ÖFFNE DICH MIR, ICH WERDE DIE DRACHENMACHT ZURÜCKDRÄNGEN!“
„Niemand macht dir Vorwürfe, Ni’yo. Ich liebe dich, bitte lass mich nicht allein!“
Ni’yo zögerte. Zurückkehren in diese Welt, die nichts als Kummer und Leid für ihn bedeutete?
„ES GIBT HOFFNUNG, NI’YO. DU SELBST WARST DIR IMMER SICHER, DASS EIN MOMENT DES GLÜCKS EIN GANZES JAHRZEHNT VOLLER LEID AUFWIEGEN KANN. DASS SELBST DIE HOFFNUNG, DIESES GLÜCK ZU ERLEBEN ES WERT IST, EIN LEBEN VOLLER SCHMERZ ZU ERTRAGEN.“
„Ich habe mich geirrt“, sagte er müde. Warum konnte Jivvin ihn nicht einfach loslassen? Das Band fesselte ihn an das Leben, das er nicht mehr wollte.
„Ni’yo …“ Jivvin brach ab.
Ni’yo fühlte immense Trauer über das Seelenband und wusste, dass es nur der Widerhall von noch hundertfach stärkerem Schmerz war.
„Wenn ich gehe, bist du dann nicht froh?“, fragte er verwirrt. „Erleichtert, eine solche Bürde wie mich loszuwerden? Du könntest in den Tempel zurückkehren und unter Freunden leben, dein Leben sinnvollen Aufgaben widmen im Dienste Am’churs. Du könntest bei Lynea sein …“
„Ich will keinen Tempel. Du bist alles, was ich will und jeglicher Sinn, den mein Leben benötigt. Wenn du gehst, werde ich dir folgen.“
„Jivvin, nein!“ Entsetzt griff Ni’yo nach ihm, wandte sich ab vom Tod, der nur einen Herzschlag entfernt schien.
„WENN DU IHN RETTEN WILLST, NIMM VON SEINER KRAFT. KEHRE ZURÜCK ZU MIR, ZURÜCK ZUM
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