Die Meisterdiebin
zusammen. Da war es wieder. Etwas Silbriges tauchte kurz auf und verschwand wieder unter einer Welle.
„Dort drüben!“ rief er. „Eröffnet das Feuer!“
Verwirrt sahen seine Leute ihn an.
„Was haben Sie gesehen?“ fragte der Kapitän.
„Vier Uhr. Etwas ist aufgetaucht.“
„Ich sehe nichts.“
„Nehmt es trotzdem unter Feuer.“
Einer der Männer zielte kurz und drückte ab. Der Feuerstoß ließ winzige Fontänen aufspritzen.
Alle starrten auf die Stelle. Nichts geschah. Die See beruhigte sich wieder, bis sie glatt wie ein Spiegel war.
„Ich weiß, dass ich etwas gesehen habe“, knurrte Trott.
Der Kapitän zuckte mit den Schultern. „Na ja, jetzt ist es nicht mehr da … Hart Backbord!“ befahl er dem Steuermann.
Die Cosima beschrieb einen Halbkreis und wurde immer schneller. Trott ging nach hinten und starrte misstrauisch auf die ruhige See zwischen dem aufgewühlten Kielwasser. Plötzlich kam es ihm vor, als wäre wieder etwas Silbriges aufgetaucht. Es dauerte nur einen Wimpernschlag, dann war es weg.
Ein Fisch, dachte er und wandte sich zufrieden ab.
Ja, das musste es gewesen sein. Ein Fisch.
1. KAPITEL
„E in kleiner Einbruch, das ist alles, was ich verlange.“ Veronica Cairncross sah bittend zu ihm hinauf. Tränen schimmerten in ihren saphirblauen Augen. Sie trug ein aufregendes schulterfreies Seidenkleid, dessen weiten Rock sie malerisch auf dem antiken Zweiersofa drapiert hatte. Das braune Haar war kunstvoll frisiert und mit winzigen Zuchtperlen verziert.
Mit dreiunddreißig war sie noch atemberaubender, noch eleganter als mit fünfundzwanzig. Damals hatte er sie kennen gelernt, und inzwischen hatte sie nicht nur einen Adelstitel erworben, sondern wurde wegen ihres Stils und ihrer geistreichen Konversation zu jeder Party der feinen Londoner Kreise eingeladen. Aber eins hatte sich bis heute nicht geändert und würde sich nie ändern.
Veronica Cairncross war noch immer eine Idiotin.
Warum hätte sie sich sonst in eine so missliche Lage gebracht?
Und wie immer war es der gute alte Freund Jordan Tavistock, der ihr heraushelfen sollte. Aber dieses Mal war ihre Bitte einfach zu ab surd.
„Das kommt nicht in Frage, Veronica“, erwiderte Jordan. „Ohne mich.“
„Tu es für mich, Jordie!“ flehte sie. „Stell dir vor, was passiert, wenn du es nicht tust. Wenn er diese Briefe Oliver zeigt …“
„Der arme alte Ollie wird einen Anfall bekommen. Ihr werdet euch ein paar Tage lang streiten, und dann wird er dir verzeihen. Das wird passieren.“
„Und wenn er mir nicht verzeiht? Wenn er nun die …“ Sie schluckte und senkte den Blick. „… Scheidung will?“ flüsterte sie.
„Wirklich, Veronica“, seufzte Jordan. „Daran hättest du vor dieser Affäre denken sollen.“
Betrübt starrte sie nach unten. „Ich habe gar nicht nachgedacht. Das ist das Problem.“
„Nein, offenbar hast du das nicht.“
„Ich konnte doch nicht ahnen, dass Guy so schwierig sein würde. Man könnte meinen, ich hätte ihm das Herz gebrochen! Ich bin doch nicht verliebt oder so etwas. Und jetzt droht er, es allen zu erzählen! Welcher Gentleman sinkt so tief?“
„Keiner.“
„Ohne die Briefe, die ich ihm geschrieben habe, könnte ich einfach alles abstreiten. Dann wäre es Guys Wort gegen meins, und bestimmt würde Ollie mir glauben.“
„Was genau steht in den Briefen?“ fragte Jordan.
„Dinge, die ich besser nicht geschrieben hätte.“
„Liebesschwüre? Süßholzgeraspel?“
Sie stöhnte. „Viel schlimmer.“
„Deutlicher, meinst du?“
„Weitaus deutlicher.“
Jordan betrachtete ihren gesenkten Kopf, an dem die Perlen im Lampenschein glänzten. Schwer zu glauben, dass ich diese Frau einmal attraktiv fand, dachte er. Aber das war Jahre her. Er war erst zweiundzwanzig gewesen. Und ein wenig naiv. Was jetzt hoffentlich nicht mehr zutraf.
Veronica Dooley war ihm am Arm eines alten Studienkameraden aus Cambridge begegnet. Der Kamerad war bald wiederverschwunden, und Jordan hatte das Interesse des Mädchens geerbt. Ein paar Wochen lang hatte er geglaubt, sich verliebt zu haben, war jedoch schnell zur Vernunft gekommen. Sie hatten sich friedlich getrennt und waren Freunde geblieben. Veronica hatte schließlich Oliver Cairncross geheiratet. Obwohl Sir Oliver gute zwanzig Jahre älter als sie war, war es die klassische Verbindung zwischen Geld und Schönheit. Jordan hatte die beiden immer für ein zufriedenes Paar gehalten.
Wie sehr er sich doch geirrt hatte. „
Ich
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