Die Meistersinger von Nürnberg
steck'!
Die Bäcker (ziehen mit fliegender Fahne auf) :
Hungersnot! Hungersnot!
Das ist ein greulich Leiden!
Gäb' euch der Bäcker nicht täglich Brot,
müßt' alle Welt verscheiden.
Beck! Beck! Beck!
Täglich auf dem Fleck!
Nimm uns den Hunger weg!
Die Schuster (welche ihre Fahne aufgesteckt, begegnen beim Herabschreiten von der Sängerbühne den Bäckern) :
Streck! Streck! Streck!
Leder taugt nur am rechten Fleck.
Die Schneider (nachdem die Fahne aufgesteckt, herabschreitend) :
Meck! Meck! Meck!
Wer meint, daß ein Schneider im Bocke steck'!
(Ein bunter Kahn mit jungen Mädchen in reicher bäuerischer Tracht kommt an.)
Lehrbuben (laufen nach dem Gestade) :
' Herrje! Herrje! Mädel von Fürth!
Stadtpfeifer, spielt, daß's lustig wird!
(Sie heben die Mädchen aus dem Kahn.)
(Das Charakteristische des Tanzes, mit welchem die Lehrbuben und Mädchen zunächst nach dem Vordergrund kommen, besteht darin, daß die Lehrbuben die Mädchen scheinbar nur an den Platz bringen wollen; sowie die Gesellen zugreifen wollen, ziehen die Buben die Mädchen aber immer wieder zurück, als ob sie sie anderswo unterbringen wollten, wobei sie den ganzen Kreis, wie wählend, ausmessen und somit die scheinbare Absicht anmutig und lustig verzögern.)
David (kommt vom Landungsplatz vor und sieht mißbilligend dem Tanze zu) :
Ihr tanzt? Was werden die Meister sagen?
(Die Lehrbuben drehen ihm Nasen.)
Hört nicht? – Laß ich mir's auch behagen!
(Er nimmt sich ein junges, schönes Mädchen und gerät im Tanze mit ihr schnell in großes Feuer. Die Zuschauer freuen sich und lachen.)
Einige Lehrbuben (winken David) :
David! David! Die Lene sieht zu!
David (läßt das Mädchen erschrocken fahren, um das die Lehrbuben sogleich tanzend einen Kreis schließen. Da er Lene nirgends gewahrt, merkt David, daß er nur geneckt worden, durchbricht den Kreis, erfaßt sein Mädchen wieder und tanzt noch feuriger weiter) :
Ach, laßt mich mit euren Possen in Ruh'!
(Die Buben suchen ihm das Mädchen zu entreißen, er wendet sich mit ihr jedesmal glücklich ab, so daß nun ein ähnliches Spiel entsteht wie zuvor, als die Gesellen nach den Mädchen faßten.)
Gesellen (vom Ufer her) :
Die Meistersinger!
Lehrbuben: Die Meistersinger!
(Sie unterbrechen schnell den Tanz und eilen zum Ufer.)
David: Herrgott! Ade, ihr hübschen Dinger!
(Er gibt dem Mädchen einen feurigen Kuß und reißt sich los.
Die Lehrbuben reihen sich zum Empfang der Meistersinger. Das Volk macht ihnen willig Platz.
Die Meistersinger ordnen sich am Landungsplatze zum festlichen Aufzuge.
Wenn Kothner im Vordergrunde ankommt, wird die geschwungene Fahne, auf welcher König David mit der Harfe abgebildet ist, von allem Volk mit Hutschwenken begrüßt.
Der Zug der Meistersinger ist nun auf der Singerbühne angelangt, wo Kothner die Fahne aufpflanzt. Pogner, Eva an der Hand führend, diese von festlich geschmückten, reich gekleideten jungen Mädchen, unter denen auch Magdalene, begleitet, voran.
Als Eva, von den Mädchen umgeben, den mit Blumen geschmückten Ehrenplatz eingenommen und alle übrigen, die Meister auf den Bänken, die Gesellen hinter ihnen stehend, ebenfalls Platz genommen, treten die Lehrbuben, dem Volke zugewendet, feierlich vor die Bühne in Reih und Glied.)
Lehrbuben: Silentium! Silentium!
(Sachs erhebt sich und tritt vor. Bei seinem Anblick stößt sich alles an; Hüte und Mützen werden abgezogen. Alle deuten auf ihn.)
Macht kein Reden und kein Gesumm'.
Einige im Volk: Ha! Sachs! ‘s ist Sachs!
Seht Meister Sachs!
Mehrere: Stimmt an! Stimmt an!
(Alle Sitzenden erheben sich; die Männer bleiben mit entblößtem Haupte. Beckmesser bleibt, mit dem Memorieren des Gedichtes beschäftigt, hinter den anderen Meistern versteckt, so daß er bei dieser Gelegenheit der Beachtung des Publikums entzogen wird.)
Alle (außer Sachs) :
Wach' auf, es nahet gen den Tag,
ich hör' singen im grünen Hag
ein' wonnigliche Nachtigal,
ihr' Stimm' durchdringet Berg und Tal;
die Nacht neigt sich zum Okzident,
der Tag geht auf von Orient,
die rotbrünstige Morgenröt'
her durch die trüben Wolken geht.«
(Das Volk nimmt wieder eine jubelnd bewegte Haltung an und singt nun allein. Die Meister auf der Bühne sowie die anderen Teilnehmer am Gesange geben sich dem Schauspiele des Volksjubels hin.)
Heil Sachs! Heil dir, Sachs!
Heil Nürnbergs teurem Sachs! Heil! Heil!
(Sachs, der unbeweglich, wie geistesabwesend, über die Menge hinweg geblickt hatte, richtet endlich seine Blicke
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