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DIE MEROWINGER: Familiengruft

DIE MEROWINGER: Familiengruft

Titel: DIE MEROWINGER: Familiengruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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nichts zu entgegnen.
    Er drehte sich heftig um und eilte grußlos hinab zu seiner Galeere.

Kapitel 2
    Syagrius lag schweißgebadet auf dem Ruhebett in seinem Zelt und blickte auf seine linke Hand, die wieder zu zittern begonnen hatte.
    Sosehr er sich mühte, sie seinem Willen zu unterwerfen und ruhig zu halten – es wollte wieder nicht gelingen. Dabei hatte er in den letzten Tagen, während der Reise von Toulouse hierher in das königliche Hoflager an der Loire, schon gehofft, das ärgerliche Übel losgeworden zu sein. Und nun kehrte es in der ungünstigsten Situation zurück.
    Jeden Augenblick konnte ein Abgesandter des Ministers Leo erscheinen und ihm mitteilen, dass er erwartet wurde, vielleicht sogar vom König selbst. Er würde dann wieder, wie schon öfter, genötigt sein, einen Zipfel seines Mantels über die Hand zu werfen, damit sie verdeckt war. Wenn aber das Zittern stärker wurde, könnte selbst das kaum als Tarnung genügen.
    Wie lange wartete er schon? Er hatte unter den Männern gestanden, die König Alarich am Vormittag bei seiner Rückkehr von der Flussinsel empfangen hatten.
    Das Treffen mit dem fränkischen Unhold war überraschend kurz gewesen und offensichtlich nicht nach den Vorstellungen des Königs verlaufen. Er war mit verdrießlicher Miene die Bootsbrücke heruntergekommen, hatte nur wenige leise Worte mit Leo gewechselt und war gleich in die Sänfte gestiegen, um ins Lager zurückzukehren.
    Dann hieß es, die Verhandlungen mit den Franken würden ausgesetzt. Von der Eskorte, die mit auf der Insel war, drang dieses und jenes durch: Es habe zwischen den beiden Königen heftige Meinungsverschiedenheiten gegeben, angeschrien hätten sie sich, beinahe tätlich seien sie geworden.
    Die Abordnung hoher Würdenträger und Militärs unter Leos Leitung, die mit den Franken die Grenzverhandlungen führen sollte, blieb jedenfalls im Lager. Später hieß es, sie sei zum König gerufen worden, weil zunächst noch ein unklarer, für die Verhandlungsführung wichtiger Punkt zu beraten sei.
    Der sofort alarmierte Syagrius versuchte in der Zeit, als der König beim Mahl saß, zu dem betagten Minister vorzudringen.
    Doch es gelang nicht. Leo war zu beschäftigt und konnte (oder wollte) ihn nicht empfangen.
    Durch einen Sekretär ließ er ausrichten, der Patricius möge in seinem Zelt warten, er werde ihn, sobald er frei sei, zu sich bitten. Die gleiche Auskunft bekam Syagrius von einer Kammerfrau, als er ins Vestibül des Zeltes der königlichen Konkubine vordrang. Die hohe Dame – es war Scylla, seine einstige Geliebte – saß gerade im Bad. Sie versprach, ihn später zu rufen.
    Inzwischen waren Stunden vergangen. Es dämmerte, niemand hatte sich blicken lassen.
    Mit einer Ausnahme: Der Diakon Chundo hatte mehrmals hereingesehen und berichtet, beim König sei immer noch eine Beratung im Gange. Bisher sei jedoch kaum etwas nach außen gedrungen. Nur so viel: Es sei von Krieg die Rede.
    Diese Mitteilung hatte Syagrius eher beruhigt als aufgeregt. Aber dann geschah etwas, das seine schlimmen Ahnungen erneut zu bestätigen schien.
    Vor seinem Zelt zog eine Wache auf. Zwei Bewaffnete standen plötzlich am Eingang, blickten herein, vergewisserten sich, dass er drinnen war. Dann standen sie draußen und fingen eine endlose, sehr erheiternde Unterhaltung an, denn nach jedem dritten Atemzug brachen sie in Gelächter aus.
    Syagrius wollte zunächst nicht glauben, dass er eingesperrt war. Als er aber probeweise versuchte hinauszugehen, wurden sogleich die Lanzen vor ihm gekreuzt. Einer der Wächter sagte etwas zu ihm in seiner rauhen gotischen Sprache. Er verstand die Worte nicht, doch die Gesten dazu waren eindeutig. Erschrocken zog er sich zurück, und schließlich legte er sich auf das Ruhebett. Und da bemerkte er, dass seine linke Hand wieder zitterte.
    Es war schon fast dunkel, als Chundo abermals am Zelteingang erschien. Zuerst wollten ihn die Wächter nicht einlassen. Aber er griff in die Tasche seines knöchellangen schwarzen Mantels, in der er immer einen kleinen Vorrat für eventuell anfallende Ausgaben bereithielt. Gleich darauf trat der dürre, hakennasige, stark hinkende Diakon ins Zelt und stellte das Öllämpchen, mit dem er sich draußen geleuchtet hatte, auf den Tisch am Ruhebett. Syagrius schob die zitternde Hand unter die Felldecke.
    Chundo bemerkte es und sagte mit seiner ausdruckslosen, knarrenden Stimme: »Vor mir musst du nichts verbergen, Patricius. Gott lässt dich leiden, er unterzieht

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