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DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Königsburg und machte sich, von nur wenigen Vertrauten begleitet, auf den Hunderte Meilen langen Weg zu den Franken. Sie bestand unzählige Abenteuer, entkam immer wieder ihren Verfolgern und erreichte nach einem halben Jahr Tournai. Hier fiel sie Childerich in die Arme. Sie erklärte dem Überraschten, er sei nun einmal »der Tüchtigste«, und einen anderen als ihn wolle sie nicht lieben. Wenn es irgendwo einen noch Tüchtigeren gäbe, sei es jenseits des Meeres, würde sie abermals nicht zögern und zu ihm eilen.
    Childerich war gerührt und geschmeichelt. Dass die Königin eines großen Reiches unter Gefahr für Leib und Leben zu ihm, dem Kleinkönig, floh, hob sein Selbstgefühl beträchtlich. Er feierte Hochzeit mit ihr, obwohl sie ja nach wie vor mit Bisin verheiratet war, und seine Tüchtigkeit wurde hinfort so von ihr in Anspruch genommen, dass er das Wildern in fremden Revieren vollständig aufgab. Er wurde ein braver Ehemann und zeugte mit ihr vier Kinder: Chlodwig, Audofleda, Albofleda und Lanthild.
    Das also waren die »alten Geschichten«. Wenn Remigius den Verblichenen auch gerade noch gegenüber dem Diakon Chundo verteidigt hatte, so war er ihm doch im Stillen gram. Er hatte einen endlosen Kampf um die Seelen der beiden Ehebrecher hinter sich. Das Bewusstsein des Unrechts für ihre Sünde zu wecken und daraus die Sehnsucht nach einem Erlöser, den er in der Gestalt des Herrn Jesus Christus bereithielt, hatte er sich viel Zeit und Mühe kosten lassen.
    Doch das Ergebnis war leider unbefriedigend. Childerich, der am Ende seines Lebens rasch verfiel, hatte keine Kraft mehr zur Bekehrung. Er fürchtete zwar den schändlichen »Strohtod«, der ihm bevorstand und ihm den Zugang nach Walhall versperrte, wo sich nur die im Kampf gefallenen Helden ewig vergnügten. Ganz gern hätte er deshalb ersatzweise das Paradies gewählt. Frau Basina wollte das aber nicht dulden.
    Nachdem Remigius das Paradies – vielleicht etwas zu leidenschaftlich – als einen von Engeln bevölkerten Ort ewiger Lust beschrieben hatte, hielt sie es für eine Art Freudentempel, wo sich ihr Gatte mit regenerierter Tüchtigkeit außerehelich vergnügen würde. Dies missgönnte sie ihm aus Eifersucht, und da sie ihn in seinen letzten Jahren völlig beherrschte, fügte er sich.
    Er bekam also Schwert und Ross mit ins Grab, obwohl er sicher war, dass ihm das »drüben« nichts nützen würde. Frau Basina beweinte ihn angemessen. Als dralle Matrone im vollen Saft sündigte sie nach der Trauerzeit weiter (man munkelte: mit Bobolen) und ließ den Bischof auch weiterhin hartnäckig abblitzen. Doch ebenso hartnäckig setzte er seine Bekehrungsversuche fort.
    Diesmal hatte er sich für sie eine neue Taktik zurechtgelegt. Als sie nun endlich, nach Atem ringend, den Mund hielt, sprach er sanft, mit bedeutsamer Miene: »Ich habe eine gute Botschaft für dich, edle Frau. Und trotz der Hitze bin ich hierhergeeilt, damit du sie gleich erfährst.«
    »Eine Botschaft?«, fragte die ehemalige Königin hoch atmend, mit skeptischer Miene. »Was kannst du mir schon Gutes bringen?«
    »Hör zu. Im Traum erschien mir der heilige Martin von Tours. Er nahm mich bei der Hand und führte mich in ein Haus und sprach: ›Siehe, Remigius, diesen Palast‹ – denn es war ein Palast mit Säulen, Türmen, Balkons und einem herrlichen Garten –‚ ›diesen Palast habe ich für König Childerich reserviert. Obwohl der Arme wie alle Heiden erst einmal zur Hölle gefahren ist. Ich gebe nämlich die Hoffnung nicht auf, dass er dort wieder herauskommen wird.‹
    ›Wenn die edle Frau Basina‹, fuhr der heilige Mann fort, ›den dreifaltigen Gott bekennt und der römischen Kirche beitritt, wird er unverzüglich in den Himmel entlassen und darf hier einziehen. Denn dieser Palast ist für sie beide bestimmt, und wenn Frau Basina eines Tages das Ziel ihres irdischen Wandelns erreicht hat, werden sie hier gemeinsam leben … in ewiger Jugend, glücklich vereint. Und er wird so tüchtig und sie wird so schön sein wie in ihren besten Zeiten auf Erden.‹ Ich wollte, dass du es gleich erfährst. Ist das nicht eine wunderbare Verheißung?«
    »So etwas träumst du also«, sagte die Königinmutter. »Das sind ja Sachen.«
    Remigius merkte, dass er sie noch nicht überzeugt hatte, und fuhr rasch fort: »Ja, und gleich geschah noch etwas Wunderbares! In derselben Nacht, zur selben Stunde, erschien im Traum dem Diakon Chundo, den ich dir hier als Zeugen mitgebracht habe, derselbe

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