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DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Augenblicke erhob sich einer und zückte seinen Dolch oder ein Messer.
    Die Stimmung war prächtig, wie stets vor einem Beutezug. Die Männer erzählten sich ihre Abenteuer bei früheren Unternehmungen und schwelgten im Vorgefühl des üppigen Gewinns, den sie diesmal erhofften. Eine der größten Domänen im Norden des gallorömischen Restreiches war ausgewählt worden, nachdem sie lange verschont worden war. Die Franken wollten in aller Frühe aufbrechen und die gut vierzig Meilen in zwei Tagemärschen zurücklegen. In der darauffolgenden Nacht sollte es dann zum Überfall kommen.
    Chlodwig starrte schweigend in die herunterbrennenden Flammen. Er beteiligte sich nicht mehr an den Gesprächen. Es war ja alles gründlich beredet. Eigentlich hatte er diesmal die Waldburg ohne eine bestimmte Absicht aufgesucht. Er hatte sich in Tournai gelangweilt und »Halleluja« ausweichen wollen. Doch hier hatte er erfahren, dass die Gelegenheit günstig war. In einem solchen Fall war es nicht seine Art zu zögern.
    Die Besatzung der Waldburg, eine Hundertschaft erfahrener Krieger, hatte wie immer den Zug gut vorbereitet. Die Spione hatten die schwachen Punkte der Mauern und Zäune ermittelt. Sie hatten auch festgestellt, dass der Besitzer der Domäne, ein Senator aus Reims, die Wachmannschaft aus irgendeinem Grunde ausgetauscht hatte. So bekam man es jetzt mit unerfahrenen Leuten zu tun, die sich in ihrer neuen Umgebung noch kaum richtig auskennen würden.
    Ein Teil des Getreides war bereits ausgedroschen und in Vorratsfässern gelagert, und man hatte herausbekommen, in welche Speicher man einbrechen musste. Auch die versteckten Trampelpfade, die zu den nächtlichen Weideplätzen der Herden führten, waren erkundet.
    Aus Dörfern in der Umgebung der Waldburg waren noch rasch über hundert Männer zur Verstärkung herbeigeholt worden. So würde man mit zweihundertfünfzig Bewaffneten angreifen. Ein größeres Aufgebot war nach Meinung der Waldburgleute nicht notwendig, und man konnte sich auf ihr Urteilsvermögen verlassen.
    Alle Aufgaben waren verteilt, die Kommandos vergeben, die Trupps zusammengestellt.
    Die Besten der jungen Gefolgschaft, die mit dem König aus Tournai gekommen waren, und eine zweite Abteilung der Jungmannschaft würden das Herrenhaus und die Gesindeunterkünfte stürmen. Sie würden die folgsamen, nützlichen Leute zusammentreiben, die unnützen und widersetzlichen niedermachen, die wertvollen Beutestücke sichern, schließlich die Brände legen.
    Alles sollte so ablaufen wie immer.
    Der dicke Bobo, der eines Tages seinen Vater als Palastgraf beerben wollte, würde mit der Peitsche in der Hand die Fuhrknechte antreiben. Der hübsche Ansoald würde die Gefangenentrecks zusammenstellen und aufpassen, dass keine der jungen Mägde entschlüpfte. Und der lustige Ursio würde zum Spaß einige schwächliche Alte ins Feuer stoßen und ein paar plärrende Kleinkinder hinterherwerfen.
    Im Morgengrauen würde alles getan sein.
    Siegreich, betrunken und grölend würden sie abmarschieren. So machten es germanische Haufen seit Hunderten von Jahren. Daran war nichts Besonderes.
    Chlodwig gähnte abermals und erhob sich.
    Es wurde Zeit, zur Ruhe zu gehen. Vorher wollte er aber noch einen Rundgang machen und die Torwachen kontrollieren. Diese Gewohnheit hatte er von seinem Vater übernommen. Besonders in seinen letzten Lebensjahren hatte Childerich immer und überall Feinde gewittert.
    Ein Herrscher sammelte sein Leben lang Feinde, diese Erfahrung machte Chlodwig schon selber. Zwei Anschläge auf sein Leben hatte er in den vier Jahren als König bereits überstanden.
    Im ersten Fall hatte ihm einer der bei diesen Beutezügen geschädigten gallorömischen Aristokraten einen Mörder geschickt. Der hatte sich aber durch auffälliges Benehmen verraten, und sein abgeschlagener Kopf konnte dem Auftraggeber wohlverpackt zugeschickt werden.
    Im zweiten Fall war es ein Komplott, und es waren sogar Verwandte beteiligt gewesen. Er hatte alle hinrichten lassen – mit der Folge, dass seine Vettern aus Cambrai, wahrscheinlich die Hintermänner des zweiten Anschlags, mit ihrer Streitmacht als Rächer heranzogen und ihn aus Tournai vertrieben. Hier in der Waldburg konnte er Kräfte sammeln, sich rüsten und schließlich den Gegenangriff riskieren.
    Es kam zur Versöhnung, aber man traute einander nicht mehr. Und es war wohl auch nicht zu vermeiden, dass es irgendwann zur Entscheidung kam. Man lebte nebeneinander auf zu engem Raum. Man gebot

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