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DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums

Titel: DIE MEROWINGER: Letzte Säule des Imperiums Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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Dummkopf, aber bald könnte einer wie du ihnen nicht mehr fein genug sein!«
    »Einer wie ich, der zwanzig Ahnen hat? Dessen Vorfahren Freunde von Caesar und Cicero waren? Das möchte ich sehen!« Potitius lachte abschätzig auf.
    Der Bischof verzichtete auf eine Erwiderung, denn Bobolen war mit den Mägden zurückgekehrt und bot nun den Willkommenstrunk und den Imbiss dar.
    »Der Wein ist selbstgezogen«, sagte er stolz. »Seid nochmals begrüßt und lasst es euch munden!«
    Potitius nippte nur an seinem Becher und stellte ihn mit einer angewiderten Grimasse zurück auf den Tisch.
    Der Bischof trank seinen Becher in einem Zug aus und bat, man möge nachschenken. »Ein köstlicher Wein«, befand er. »Und ohne Zweifel etwas für Kenner. Ich glaube, dass ihn nur kluge Leute zu würdigen wissen!«

Kapitel 3
    Die Ankunft des Bischofs kam Frau Basina ungelegen.
    Als Bobolen mit der Meldung kam, war sie gerade damit beschäftigt, ein Kleid von feinem Brokatgewebe anzuprobieren, das eine ihrer Mägde gefertigt hatte. Es stand ihr gut, wie auch ihre beiden älteren Töchter Audofleda und Albofleda fanden. Einige Nähte mussten freilich noch einmal aufgetrennt und versetzt werden, weil die füllige Witwe Luftmangel verspürte. Aber das war rasch ausgeführt, und die Mutter des Königs hätte jetzt eigentlich nichts lieber getan, als in dieser neuen, festlichen Robe einen Gast zu empfangen.
    Zum Glück fiel Audofleda aber noch rechtzeitig auf, dass in den Brokat an mehreren Stellen Kreuze eingestickt waren. Eines zierte sogar den enormen Busen der hohen Dame und konnte somit nicht übersehen werden. Das war fatal, denn die Kreuze verrieten die Herkunft des teuren Gewebes. Noch vor einem Monat lag es als Altartuch in der Kirche von Bavai . Chlodwig und seine Gefolgschaft hatten es bei einem ihrer letzten Beutezüge mitgehen lassen. So musste sich Frau Basina wohl oder übel aus dieser prächtigen Hülle schälen und sie vorerst in einer Truhe verschwinden lassen. Das verdross sie, und absichtlich nahm sie sich viel Zeit beim Umziehen. Erst gegen Abend, als es bereits zu dämmern begann, empfing sie den Bischof.
    Remigius betrat ihr Gemach in Begleitung des Diakons Chundo. Die beiden Geistlichen grüßten ehrerbietig, und der Bischof wollte mit einer wohlformulierten Anrede beginnen. Aber da wurde er schon angefahren.
    »Was willst du hier wieder, Remigius? Du warst doch im Frühjahr erst hier! Dauernd kommst du mit irgendeinem Ansinnen! Was haben wir dir schon wieder getan? Wir leben hier mit unseren Sorgen und Mühen und tun niemandem etwas zuleide. Mein Sohn ist nicht da, er geht seinen Pflichten nach. Und was mich betrifft … ich komme kaum noch von meinem Stuhl hoch, weil meine Beine mich nicht mehr tragen. Was kann ich also verbrochen haben? Willst du mir etwa wieder Vorwürfe wegen der alten Geschichten machen? Ich sage dir, was ich dir immer sage: Das geht dich nichts an! Und deinen Gott geht es auch nichts an, mit dem hab ich nichts zu schaffen!«
    Frau Basina, jetzt fränkisch gekleidet, im einfachen Kittel, als gute Hausfrau mit den Schlüsseln am Gürtel, saß massig in ihrem gepolsterten Armstuhl und redete unaufhörlich weiter. So blieb dem Bischof nichts anderes übrig, als abzuwarten, bis ihr der Atem ausging. Er kannte solche Empfänge, war abgehärtet. Die Barbarendamen, besonders die vornehmen, waren schwierig, selbstgefällig und rechthaberisch, und es war ihnen nur schwer beizukommen. Mit dieser hatte es noch eine besondere Bewandtnis.
    Basina war nicht Fränkin, sondern Thüringerin. Vor über zwanzig Jahren war sie mit König Bisin verheiratet gewesen, der noch immer irgendwo jenseits des Rheins seinen wilden Germanenstamm regierte. Als sie siebzehnjährig seine Frau wurde, lebte ein Flüchtling an seinem Hof – Childerich, der vertriebene Frankenkönig. Die fränkischen Großen hatten ihn abgesetzt und außer Landes gejagt, weil er sich immer wieder an ihren Frauen und Töchtern vergangen hatte. Bei König Bisin, einem entfernten Verwandten, hatte der Heimatlose Asyl gefunden, und jetzt fand er Gelegenheit, sich zu bedanken – auf seine Weise. Er verführte Bisins junge Gemahlin. Wenig später erfuhr er, dass ihn die Franken zurückhaben wollten, und verschwand so plötzlich, wie er gekommen war.
    Basina blieb bei ihrem Gatten zurück und verzehrte sich nach ihrem Liebhaber. Sie schlief nicht mehr, aß nicht mehr und tat schließlich etwas Unerhörtes. Bei Nacht und Nebel verließ sie die

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