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Die Merowinger - Zorn der Götter

Die Merowinger - Zorn der Götter

Titel: Die Merowinger - Zorn der Götter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Gordian
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er das Pergament mit seiner Ernennung zum Comes zusammenfaltete und rasch in den Ledersack an seinem Gürtel steckte, »es ist nur eine Urkunde, die du siegeln müsstest. Das hat aber Zeit.«
    »Ja«, sagte Chlodwig, »das hat Zeit. Verschieben wir alles bis nach der Hochzeit. Zum Beispiel auch eine ärgerliche Angelegenheit, die mir berichtet wurde und die mir gar nicht gefällt. Du sollst dich an meine Schwester Audofleda herangemacht haben.«
    »Ich, König?«, rief Jullus erschrocken.
    »Ein paar Männer mit scharfen Augen haben festgestellt, dass es eine geheime Pforte zwischen meinem Palast und deiner Villa gibt. Durch diese Pforte sahen sie sie kommen und gehen.«
    »Aber … aber ich weiß davon nichts! Von einer geheimen Pforte ist mir nichts bekannt.«
    »Und dass meine Schwester in dein Haus kam, hast du auch nicht bemerkt?«
    »Nein … das heißt, vielleicht doch … Es kamen ja viele. Warum nicht auch sie? Wenn deine Schwester in mein Haus kam, dann … dann vielleicht, um meine Tante Sidonia zu besuchen. Sie besitzt Bücher römischer Schriftsteller. Deine Schwester, das weiß man ja, interessiert sich für Literatur.«
    »Wenn sie nur etwas zum Lesen wollte … warum benutzte sie dann die geheime Pforte?«
    »Darüber kann ich dir keine Auskunft geben, König«, stammelte Jullus, dem längst der Angstschweiß ausgebrochen war.
    »Und warum besuchte sie die Tante immer des Nachts?«, fragte Ursio.
    »Des Nachts? Sie besuchte sie des Nachts?«
    »Das haben die Männer mit den scharfen Augen beobachtet.«
    »Nun … meine Tante leidet unter Schlaflosigkeit. Sie ist manchmal die ganze Nacht auf und liest. Das kostet viel Öl …«
    »Die Männer haben auch scharfe Ohren und hörten, wie an der geheimen Pforte, auf deiner Seite, geflüstert wurde.«
    »Wer soll dort geflüstert haben?«
    »Die Herrin Audofleda und ein Mann, berichteten sie. Danach kam die Herrin Audofleda heraus und eilte zurück in den Palast.«
    »Es wird wohl ein Diener gewesen sein, der sie mit einem Licht an die Pforte begleiten musste.«
    »Ein Licht wurde nicht bemerkt.«
    »Ich …«
    »Genug!«, sagte Chlodwig. »Wir kommen später darauf zurück. Es muss eine Untersuchung geben. Die Wahrheit wird sich schon herausfinden lassen! Aber jetzt bin ich nicht in Stimmung für ein Verhör. Was die geheime Pforte betrifft … so ist sie ein Ärgernis, denn es könnte ja jeder von draußen, indem er den Weg durch die Villa nimmt, in den Palast eindringen. Das darf nicht sein!«
    »Wenn es die Pforte tatsächlich gibt«, sagte Jullus eifrig, »werde ich sie sofort zumauern lassen!«
    »Ich habe einen anderen Vorschlag. Wir reißen die Palastmauer und die alte Exedra hinter der Villa ab, führen die Mauer neu auf und nehmen das Haus mit unter die Palastbauten auf. Es liegt dann innerhalb der Mauer, und jeder kann vom Palast aus dann frei aus und ein gehen. Auch meine Schwester muss sich nicht mehr durch eine Geheimpforte stehlen. Meinst du nicht auch, das wäre die beste Lösung? Oder weißt du eine bessere?«
    Der König hob seinen Fuß aus dem Wasser, besah ihn aufmerksam und befühlte die Schwellung. Ursio, der mit angezogenen Beinen auf einem Baumstumpf hockte, lauerte grinsend.
    »Nein, ich weiß keine … keine bessere«, sagte Jullus stockend. Er fühlte seinen Herzschlag am Halse. »Es ist ja auch dein Haus … gehört ja nun zum Palast.«
    Chlodwig stellte den Fuß zurück in das Wasser, drehte sich langsam zu Jullus um, strich eine graue Strähne aus dem Gesicht und sagte: »Das meinte ich doch. Du hast mich verstanden.«
    »Was aber deinen Verdacht betrifft«, sagte der junge Mann hastig, »so ist er vollkommen unbegründet!«
    »Tatsächlich?«
    »Und wie willst du das beweisen?«, fragte Ursio.
    »Hätte ich mich sonst so beeilt«, rief Jullus, »um dir, König, eine gute Nachricht zu bringen? Die Nachricht nämlich, dass in ein paar Tagen eine Gesandtschaft eintreffen wird – aus Ravenna? Dass der König Theoderich Audofleda abholen lässt, seine ersehnte Braut, die künftige Königin der Ostgoten? Würde mich das mit so herzlicher Freude erfüllen, wenn an deinem Verdacht auch nur das kleinste Körnchen Wahrheit wäre? Würde ich, damit ich der Erste bin, der dir das meldet, beinahe mein bestes Pferd zuschanden geritten haben?«
    Jullus schrie diese Fragen heraus, so als wollte er damit die Stimme zum Schweigen bringen, die sich in seinem Innern erhob, sich empörte und protestierte. Jetzt schwieg er mit offenem

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