Die Midlife-Boomer
ausgesucht hat.
Wer beim gemeinschaftlichen Bauen das Rad nicht neu erfinden will, kann inzwischen auch auf Modell-ansätze wie die i3-Communities zurückgreifen. Mehrere Anlagen für generationenübergreifendes Wohnen sind nach diesem Muster bereits entstanden, was die Planung, Projektierung und oft auch Finanzierung neuer Projekte vereinfacht.
Inzwischen gibt es bereits die ersten Architekten, die sich auf neue Wohnformen im Alter spezialisiert haben. Und es gibt kreative Vordenker wie den Berliner Architekten Eckard Feddersen, der sich auch über die städtischen Räume der Zukunft Gedanken gemacht hat. Denn natürlich wird der demografische Wandel auch für die Kommunen ein immer wichtigeres Thema. Wie sie sich auf die Alterung und oft damit einhergehend die Schrumpfung ihrer Städte und Gemeinden einstellen, wird im 9. Kapitel beschrieben.
Da ist beispielsweise die Gemeinde Hiddenhausen in Niedersachsen, die es geschafft hat, junge Familien in alten Häusern im Zentrum anzusiedeln, statt immer neue Neubauflächen auszuweisen. Im hessischen Fachwerkstädtchen Wanfried haben sich einzelne besorgte Bürger zusammengetan, um nach Käufern für die leer stehenden und zunehmend verfallenden Häuser zu suchen.
Diese Vielzahl der Angebote und Lebensformen, diese bunte Breite der Möglichkeiten sollte unser neues Bild vom Alter bestimmen. Denn kein Lebensabschnitt ist so vielfältig wie der, den die Midlife-Boomer vor sich haben. Und es ist an ihnen, diesen neuen Lebensabschnitt zu formen, zu bestimmen, ihm einen Namen zu geben. Dies ist Inhalt des 10. Kapitels , gleichsam auch ein Fazit dieses Buches.
»Wenn es der Gesellschaft nicht gelingt, kreativ und proaktiv auf die Verlängerung der Lebensspanne einzugehen, verdammen wir die Älteren der Zukunft dazu, ein Leben wie das der Älteren heute zu führen – und das, obwohl sie gesünder, mental agiler und zu weit mehr fähig sind als die jetzigen Alten«, warnt die Stanford-Wissenschaftlerin Laura Carstensen 22 . Kann man sich »etwas Schrecklicheres vorstellen als eine zwanzigjährige Dämmerphase – und das nur deshalb, weil es niemanden gab, der eine Idee hatte, was ein 80-Jähriger mit dem Körper und Gehirn eines 60-Jährigen mit seinem Leben anfangen soll?« Carstensen ist sich sicher: »Wenn wir es beim jetzigen Status quo belassen, werden wir die Boomer dazu verdammen, ihr Alter in einem im wahrsten Sinne des Wortes veralteten Lebensmodell zu verbringen.«
Deshalb geht es um unser aller Zukunft, wenn wir an einem neuen Bild vom Alter arbeiten. Es ist eine Aufgabe, die sich lohnt: Nichts wird unsere Gesellschaft, unsere Wirtschaft und die Art, wie wir zusammenleben, in den nächsten zwei Jahrzehnten so sehr revolutionieren wie die demografischen Veränderungen in Deutschland.
Dass wir dabei viele Probleme bewältigen müssen, ist offensichtlich. Noch größer aber sind die Chancen, die uns diese Entwicklung bietet.
Denn der 50. Geburtstag ist allenfalls die Mitte, nicht der Höhepunkt des Lebens. Wer wie die meisten Midlife-Boomer das achte oder neunte Lebensjahrzehnt bei weitgehend guter Gesundheit erreichen wird, hat mit 50 gut 30 weitere Lebensjahre voller Entdeckungen, Erfahrungen und Eindrücke vor sich.
Gestatten Sie mir, dass ich Sie deshalb auf ein kleines Gedankenexperiment mitnehme: Schließen Sie kurz die Augen und gehen Sie Ihr Leben in den Jahren zwischen 20 und 50 durch. All die vielen Erlebnisse, Erfahrungen, Freud und Leid. 30 Jahre Leben.
Und nun stellen Sie sich vor, dass sie die gleiche Zeitspanne noch einmal haben: vielleicht für einen neuen Beruf, einen Umzug in eine andere Umgebung oder auch dafür, die Prioritäten in ihrem jetzigen Leben etwas anders zu setzen. Spüren Sie, wie viel Zeit Sie noch haben? Was Sie noch alles anfangen können? Wie viele Entdeckungen noch auf Sie warten?
James Vaupel, einer der bekanntesten Altersforscher weltweit und Direktor des Max-Planck-Instituts für demografische Forschung in Rostock, ist sich sicher, dass es die klassische Dreiteilung »Ausbildung, Arbeit, Rente« in Zukunft für die wenigsten geben wird. »Heute in Deutschland geborene Kinder werden mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 50 Prozent 100 Jahre alt. Es scheint mir klar, dass die meisten davon nicht schon mit 60 oder 65 Jahren in Rente gehen wollen – sondern viel später. Sie werden vermutlich mehr Jahre ihres Lebens arbeiten wollen, dafür aber weniger Stunden pro Woche. Dann hätten Sie zum Beispiel mehr Zeit
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