Werde meine Prinzessin
1.KAPITEL
Eine Braut?
Ungläubig starrte Prinz Khalil Khan hinaus auf das Rollfeld.
Es musste sich um eine Fata Morgana handeln. Das Phänomen war ihm vertraut, da er zweimal so töricht gewesen war, sich in der weiten Wüste von El Bahar zu verirren. Er kannte die verräterischen Anzeichen: tanzende Bilder in der flimmernden Hitze und pochende Schmerzen hinter den Augen.
Doch momentan war keines dieser Anzeichen vorhanden. Es war Januar. Schmutziger Schnee türmte sich ringsumher auf.
Seine Augen schmerzten nicht, und das fragliche Bild flimmerte nicht. Es näherte sich vielmehr steten Schrittes. Außerdem befand er sich nicht in El Bahar, sondern auf einem Flugplatz in Kansas.
"Ich muss eine schwere Sünde begangen haben", murrte er vor sich hin. "Wenn nicht in diesem Leben, dann in einem vorherigen."
Die Frau blieb vor ihm stehen. Ihr Brautkleid saß schlecht, und ihre Augen waren gerötet vom Weinen. "Entschuldigung", sagte sie mit rauer Stimme. "Es klingt wahrscheinlich seltsam, aber ich brauche eine Mitfluggelegenheit."
Er hasste sentimentale Frauen und bedachte sie mit einem Blick, den seine Großmutter Fatima als gebieterisch beze ichnet hätte. "Sie wissen doch gar nicht, wohin ich fliege."
Sie schluckte. Zwei hektische Flecken auf ihrem blassen Gesicht ließen sie fieberkrank und unattraktiv wirken. "Das ist mir egal. Ich muss in eine Stadt. Ich bin hier gestrandet. Ich habe kein Gepäck und keine gewöhnliche Kleidung."
Aus reiner Neugier hätte er beinahe gefragt, warum sie mitten im Winter in einem Brautkleid und ohne Mantel auf dem Flughafen von Salina festsaß. Vielleicht war sie geistig gestört.
In diesem Moment kam eine große, üppige Blondine mit einem Becher Kaffee aus dem Terminal. Ihr kurzer Rock enthüllte lange, perfekte Beine, während der hautenge Pullover volle Brüste betonte, die bei jedem Schritt hüpften. Lächelnd trat sie zu Khalil und verkündete: "Ich habe Kaffee geholt."
Nicht zum ersten Mal fragte er sich, warum sich das Schicksal derart gegen ihn verschworen und seine dreiwöchige Geschäftsreise in die Vereinigten Staaten in einen Höllentrip verwandelt hatte. Sein sympathischer, tüchtiger Assistent hatte wegen einer Erkrankung seiner Mutter nach El Bahar zurückkehren müssen. Der Intelligenzquotient seiner Aushilfssekretärin stand in direktem Gegensatz zur Größe ihrer Brüste. Das Hotel in Los Angeles hatte Khalils Reservierung verschlampt und ihn in einem gewöhnlichen Zimmer statt einer Suite untergebracht. Wegen eines Defekts an seinem Jet hatte er ein Flugzeug chartern müssen, das nicht genug Treibstoff für den Flug nach New York aufnehmen konnte, so dass es zu dieser Zwischenlandung gekommen war. Und zu allem
Überfluss bat nun eine verlorene Braut um seine Hilfe!
Ein Pochen begann in seinen Schläfen. "Wir fliegen nach New York", sagte er schließlich. "Sie können mitkommen, wenn Sie wollen, aber tun Sie es schweigend. Sonst befördere ich Sie eigenhändig aus der Maschine, ungeachtet der Höhe." Und damit wandte er sich ab und schritt zu dem kleinen Jet.
Dora Nelson starrte dem Fremden nach. Offensichtlich kannte er die Bedeutung des Wortes wohlwollend nicht, aber sie befand sich nicht in der Position, um sich zu beklagen. Wenn sie Kritik üben konnte, dann höchstens an ihrem eigenen Verhalten.
Soweit sie wusste, hatte sie sich in den vergangenen fünf Jahren nur zwei Mal wirklich töricht benommen, leider jedoch im Abstand von wenigen Wochen. Ihr erster Irrtum bestand darin, an Geralds Liebe geglaubt zu haben. Der zweite Fehler war die Weigerung an diesem Morgen, sein Flugzeug wieder zu besteigen. Sie hatte nicht damit gerechnet, dass ihr Boss und Exverlobter tatsächlich abfliegen und sie ohne ihr Gepäck zurücklassen würde. Sie ha tte kein Geld, keine Papiere, keine Kleidung und höchstwahrscheinlich keinen Job.
Aber zumindest hatte sie eine Transportmöglichkeit. Sie hob die Schleppe des Brautkleides und ging zu dem wartenden Jet.
Sobald sie in New York eingetroffen war, konnte sie ihre Bank anrufen und sich Geld schicken lassen, was jedoch nur eines ihrer Probleme löste. Da sie keinen Ausweis bei sich hatte, war es ihr unmöglich, mit einem Linienflug nach Hause
zurückzukehren. Außerdem stand ihr die unangenehme Aufgabe bevor, ihre Hochzeit abzusagen, die in vier Wochen stattfinden sollte. Zwei Tage zuvor hatte sie voller Freude dreihundert Einladungen verschickt. Sie war wirklich ein Dummkopf.
Dora erklomm die Stufen zum Jet. Das
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