Die Mission des Zeichners
großem Reichtum, auf dem jedoch drückende Stille lastete und das Schlagen der Uhr zu einem unheilvollen Dröhnen anschwoll.
Im ersten Stockwerk wurde eine Tür geöffnet, und sie standen in einem Salon mit hohen Fenstern, die auf den Platz hinausgingen. Auch hier gab es Gemälde und dazu Mengen an Büsten und Vasen. Im Kamin brannte ein hoch loderndes Feuer - zumindest für Spandrels Begriffe, so sehr war er von allem entwöhnt, was das Nötigste zum Leben überstieg. Davor stand ein Mann in violettfarbenem Veloursumhang und Turban und nippte an einer Tasse heißer Schokolade. Er war klein und breitschultrig und von sichtlich vorgerücktem Alter, verriet jedoch keinerlei Gebrechlichkeiten. Wenn er verzweifelt war, ließ er es sich nicht anmerken. Sir Theodore Janssen hatte nicht umsonst eine Aura stiller Autorität bis zur Perfektion kultiviert.
»Mr. Spandrel«, sagte er schlicht und reichte seine Tasse Jupe, der wortlos damit hinausging. »Ich kannte Ihren Vater.«
»Er hat oft von Ihnen gesprochen, Sir Theodore.«
»Wirklich? In welcher Form, wenn ich fragen darf? Als vornehmer Gönner oder als gnadenloser Peiniger?«
»Es behagte ihm nicht, Schulden zu haben.«
»Das behagt keinem Menschen, Mr. Spandrel. Und doch haben Sie diese Bürde auf sich genommen, um Ihrem Vater die Einkerkerung zu ersparen.«
»Ich hatte keine andere Möglichkeit.«
»Manche Söhne hätten diese Sichtweise nicht geteilt.«
»Vielleicht nicht.«
»Jupe sagt mir, dass es Ihrer gegenwärtigen Unterkunft... an den meisten Annehmlichkeiten mangelt.«
»Sie ist nicht der Hanover Square.«
»Nein. Und auch nicht das Gefängnis in der Fleet Street. Immerhin ein Trost für Sie.«
»Immerhin.«
»Aber ich habe Sie nicht geholt, um Ihnen Trost zu spenden.«
»Weshalb haben Sie mich geholt, Sir Theodore?«
»Für Geschäfte, ja? Nun gut, es geht um das Geld, das Sie mir schulden, Mr. Spandrel.«
»Ich kann es Ihnen nicht zurückzahlen.«
»Nicht mit Münzen, nein, natürlich nicht. Aber ich glaube, dass Sie es sehr wohl auf eine andere Art zurückzahlen können.«
»Wie?«
»Indem Sie für mich bei einer vertraulichen Transaktion als Bote auftreten.«
»Als... Bote?«
»Ein bestimmter Gegenstand muss an einen mir gut bekannten Herrn in Amsterdam überbracht werden. Und dafür benötige ich jemanden Vertrauenswürdigen.«
»Mich?«
»Ganz recht.«
»Aber... warum?« Selbst wenn er es versucht hätte, Spandrel hätte seine Verwirrung nicht überspielen können. Die Schlichtheit dieser Aufforderung bestürzte ihn irgendwie mehr, als wenn Sir Theodore von ihm verlangt hätte, einen Konkurrenten zu ermorden. »Für diese Art von Botengängen haben Sie doch gewiss eigene Bedienstete. Warum schicken Sie nicht einfach Mr. Jupe?«
»Ich habe meine Gründe. Und Sie brauchen sie nicht zu kennen. Ja, je weniger Sie wissen, desto besser. Ich werde Ihre Schulden bei mir streichen, sobald Sie mir die schriftliche Bestätigung vorlegen, dass der Gegenstand sicher überbracht worden ist. Das ist alles, was Sie zu wissen brauchen. Nehmen Sie meine Bedingungen an?«
»Mr. Jupe hat auch meine Schulden bei anderen Parteien erwähnt.«
»Es gibt keine anderen Parteien. Ich habe all Ihre Schulden gekauft. Ich bin Ihr einziger Gläubiger, Mr. Spandrel. Lassen Sie sich nebenbei gesagt sein, dass Ihre Schulden mich außerordentlich billig kamen. Keiner hat geglaubt, dass sie ihm je zurückgezahlt würden. Aber keiner dürfte bei der Art ihrer Begleichung so flexibel wie ich sein.«
»Und um sie abzuzahlen, brauche ich nur als Ihr Bote aufzutreten?«
»Ja. Das ist alles.«
»Und nur zu diesem einen Anlass?«
»Nur zu diesem Anlass.«
»Das ist sehr großzügig von Ihnen.« Das war es allerdings, verdächtig großzügig. Wie konnte Spandrel sich sicher sein, dass nicht weitere, schwerere Dienste von ihm verlangt würden, sobald er sich bei der Bewältigung dieser so einfachen Aufgabe als nützlich erwiesen hatte? Die unausweichliche Antwort lautete, dass er nicht sicher sein konnte.
»Sie werden sich zweifellos fragen, welche Garantie Sie bekommen, dass diese Bedingungen wirklich eingehalten werden.« Es schien Sir Theodore leicht zu fallen, Spandrels Gedanken zu lesen. »Nun, Sie haben mein Wort.«
»Versetzen Sie sich in meine Lage, Sir Theodore. Würden Sie es als... ausreichend empfinden?«
»Ihre Lage, Mr. Spandrel, ist die eines Mannes, der nichts zu verlieren hat und sich kein Feilschen leisten kann. In Ihrer Lage würde ich jede
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