Die Mitte des Weges: Roman (German Edition)
ihre Augen sind weit geöffnet.
»Na, was ist denn?«, fragt Frank und teilt einen Kloß.
» Es war die Polizei«, seufzt Lotte.
» Die Polizei?«, fragt Thomas.
Nun hat sie die ungeteilte Aufmerksamkeit aller.
»Sie haben sich entschuldigt, uns zu stören und meinten, es sei ungewöhnlich, am Heiligen Abend anzurufen, aber es dulde keinen Aufschub.«
» Und?«, fragt Frank.
» Sie haben die Mörder gefasst. Die Männer, die Otto und Gina getötet haben. Wenn wir wollen, erfahren wir morgen im Präsidium mehr. Beide haben ein Geständnis abgelegt.«
» Mörder?«, will Hans wissen. »Welche Mörder?« Er macht ein Gesicht, als wolle er aufspringen und aus dem Haus fliehen.
» Später«, sagt Ottilie und legt ihm beruhigend die Hand auf den Arm. »Ich erkläre dir alles später.«
» Na endlich«, sagt Frank. »Wurde auch Zeit. Und wer war es?«
» Zwei Rocker. Scheint eine Art Unfall gewesen zu sein, jedenfalls hatten die beiden Männer den Mord nicht geplant. Sie sollten Otto wohl nur einen Denkzettel verpassen.«
» Und warum?«, fragt Thomas.
» Auch das wollte man mir am Telefon nicht sagen.«
» Dann setz dich, Lottchen«, sagt Frank. »Beruhige dich. Lasst uns essen und später darüber reden. Liebe Güte, die Mörder sind gefasst.«
Er blickt in die Runde. Er lächelt und es ist das erste Mal heute Abend, dass es wahrhaftig wirkt, ein müdes, altes Lächeln, gepaart mit Kummer, mit Erfahrung und Enttäuschung, ein Lächeln, das geistreich wirken soll, aber letztlich nichts anderes ausdrückt, als die Hoffnung auf eine bessere Zeit.
In diesem Lächeln schwingt aber auch die Freude darüber, dass die Weihnachtsgeschenke in diesem Jahr etwas reichlicher ausfallen, denn nachdem sie den Lottoschein wiedergefunden und das Geld nun 4 Jahre Zinsen abgeworfen hatte, wollen sie einiges davon ausschütten. Damit wird niemand rechnen, es wird eine große Überraschung sein, dass die Briefumschläge vor Geldscheinen platzen. Wen wundert’s, dass er sich schon ein paar Gläschen Wein genehmigt hat?
Gut, dass die Polizei angerufen hat, so wird man vorerst nicht auf Jasmina zu sprechen kommen und darauf, dass sie fehlt, dass sie vermisst wird. Erstaunlich, wie kühl Lottchen damit umgeht. Noch kein Wort hat sie dazu gesagt.
Unter den Teppich damit.
» Wir sollten anstoßen.« Frank nickt Lotte zu, die die Weingläser füllt, auch jene, die noch nicht leer sind. So gehört es sich. Frank hebt sein Glas eine Handbreit über die weiße Tischdecke.
» Die Mörder sind endlich gefasst. Kann es eine bessere Nachricht geben?« Eine kleine Pause. »Ich selbst gehe ab sofort meiner lieben Frau auf die Nerven und lasse den Pütt, wo er ist. Noch eine gute Nachricht, jedenfalls für mich.« Er blinzelt zu Lotte. »Außerdem gibt es nach dem Abwasch eine große Bescherung und, wie romantisch, draußen fängt es an zu schneien. Ich finde, das ist ein guter Jahresausklang, oder? Egal, was noch geschieht, wir sollten eines nie vergessen: Wir alle sind noch auf der Mitte des Weges. Noch ahnt niemand den Horizont, alles ist möglich.«
Jeder sieht ihn an. Jeder denkt sich seinen Teil.
»Erinnern wir auch an die, die uns fehlen. An Jasmina, an Gina, an Otto und an Muttel. Ja, denken wir an sie ...« Er senkt den Blick und hebt das Glas in die Mitte des Tisches. Sein Gesicht scheint bewölkt, seine Stimme ist rau. »Wer in der Zukunft leben will, muss in der Vergangenheit blättern. Lasst uns davor keine Furcht haben.« Sein Blick verharrt bei Ottilie. »Trotzdem lasst uns nicht zu denen werden, die die Zukunft erst dann lieben, wenn sie Vergangenheit geworden ist. Lasst uns gespannt sein auf sie, freuen wir uns auf sie. Denn in ihr werden wir leben. Vielleicht, meine Lieben, wird es die beste aller Zeiten.«
Sie stoßen an.
»Auf die Zukunft.«
ENDE
Der Autor dankt Ihnen für eine wohlwollende Amazon-Rezension.
Dank sagung
Kein Roman entsteht ohne Inspiration. Bei DIE MITTE DES WEGES wohnt diese in der Erinnerung. Mehr, als in ALLES AUF ANFANG, habe ich auf eigene Erfahrungen zurückgegriffen und bin (auch mit mir) ohne Hemmnis ins Zwiegespräch gegangen.
Ich hoffe, der geneigte Leser spürt dies zwischen den Zeilen und honoriert die Authentizität hinter der lesefreundlichen Dramaturgie.
Ich danke der Leserin und dem Leser für eine freundliche Amazon-Rezension, denn nur mit solchen Rezensionen macht ein Roman auf sich aufmerksam.
Ein ganz besonderer Dank gilt Tamara Schär, die mir zeigte, dass
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