Die Morrigan: Wild Roses, Staffel 1, Band 3 (German Edition)
war der Fluch dann nicht aufgehoben? Dann war doch alles gut, oder etwa nicht?
Alan antwortete nicht.
Rose blickte ihn an. Kurz zögerte sie, bevor sie nach der einzelnen schwarzen Locke griff, die ihm ins Gesicht fiel. Sanft schob sie sie zur Seite. Wie konnte man einen Menschen nur so sehr lieben?, wunderte sie sich. Sie blickte in seine blauen Augen, blau wie ein Sommerhimmel. Das grelle Leuchten, das ihren kommenden Tod verkündete, war daraus verschwunden, und auch die silbrigen Flammenmale auf seiner Haut waren fort. Nicht jedoch die inneren Wunden, die Branwen Alan zugefügt hatte. Sie würden bleiben und sich zu all jenen gesellen, die er in den vergangenen zweitausend Jahren von ihr empfangen hatte.
Rose schluckte schwer. Alan nahm ihre Hand, küsste sie. Er versuchte sich an einem Lächeln, aber es erreichte seine Augen nicht.
„Branwen ist ein Miststück“, sagte Enora grimmig. „Sie liebt es, perfide Spielchen zu treiben.“ Auch sie schien sich noch nicht vollständig darüber im Klaren zu sein, was Alans Worte zu bedeuten hatten. Sie wirkte ähnlich verwirrt wie Rose.
„Aber was ist daran perfide?“ Rose spürte, wie sich in ihrem Kopf alles drehte. Zeitreisen, sterben, leben ... es war ein bisschen viel. „Wenn sie Alan nicht mehr zwingt, mich zu töten, dann können wir doch in Frieden leben.“
Langsam schüttelte Glynis den Kopf. „Sie wird euch nicht auf Dauer in Ruhe lassen. Irgendwann wird sie wieder anfangen, ihn sich zu unterwerfen.“
Enora nickte zustimmend. „Also müssen wir ins Jahr 2014 zurückkehren und das Ritual beenden, das Glynis dort begonnen hat.“
Roses Blick irrte zu Alan, der die Lippen fest zusammengepresst hatte. Sie wusste, was er dachte. Ihre Hände begannen zu zittern, und sie ließ es zu, dass er sie noch fester hielt. Seine Haut war kalt.
„Damit wir nach 2014 zurückkehren können, muss Alan mich ...“
„... töten, ja. Und da Branwen ihn aus ihrem Zwang entlassen hat, muss er es freiwillig tun.“ Glynis’ Worte ließen Rose zusammenzucken. Sie fühlte sich, als hätte man sie in den Magen getreten, alle Behaglichkeit von eben war verschwunden.
Sie sah zu, wie Alan die Zähne zusammenbiss. Was dachte er?
„Es geht nicht anders, Alan!“ Über den Tisch hinweg blickte Enora Alan an. „Wenn ihr wirklich vor Branwen sicher sein wollt, ist das der einzige Weg, den wir haben.“ Ein deutlicher Unterton schwang in ihrer Stimme mit, als sie Branwens Namen aussprach. Hass , dachte Rose.
„Nein!“ Ganz fest war Alans Stimme.
„Doch, Alan ...“
Rose spürte, wie Alan sich neben ihr verkrampfte, dann sprang er auf. „Verdammt noch mal!“, schrie er und fuhr sich mit der Hand durch die Haare. „Vergesst es! Ich habe mich zweitausend Jahre lang dafür gehasst, dass ich es nicht verhindern konnte, Rose zu töten. Ich werde eher sterben, als es jetzt auf einmal freiwillig zu tun!“
Nun war auch Enora aufgestanden. Sie schob ihren Stuhl weg und umrundete den Tisch, bis sie direkt vor Alan stand. „Und wie sieht deine Lösung aus?“, fragte sie mit einer bedrohlichen Ruhe in der Stimme.
„Ich werde gar nichts tun!“, blaffte er sie an. „Rose lebt und ist gesund, das ist alles, was ich will!“
„Alles, was du willst also“, wiederholte Enora, immer noch gezwungen ruhig. Rose sah, wie sie ihre Hände zu Fäusten ballte, als wolle sie Alan schlagen. „Hauptsache, alles ist, wie du es willst.“ Enoras Stimme wurde lauter.
Rose sah, wie Glynis sie besorgt musterte und ebenfalls aufstand. „Du glaubst doch wohl selbst nicht, Alan, dass du dich jetzt einfach mit Rose niederlassen kannst, und ihr lebt glücklich bis an euer Ende?“
Enora beachtete ihren Einwurf nicht. „Immer noch der feine Herr Häuptlingssohn! Schön, wenn alles nach deinem Kopf geht.“ Sie schrie jetzt und der Hass in ihrer Stimme war nicht mehr zu leugnen. „Es geht aber nicht nur um dich, Alan! Alles, was ich wollte, war ein Leben an Connors Seite. Alles, was ich jetzt noch bekommen kann, ist Rache.“ Enora hob die Fäuste und Rose befürchtete, sie würde sich wirklich auf Alan stürzen. Doch stattdessen zischte sie: „Das wirst du mir nicht nehmen, du egoistisches Arschloch!“
Glynis hatte nun ebenfalls den Tisch umrundet und legte beschwichtigend ihre Hand auf Enoras Unterarm.
Rose war von Enoras Ausbruch überrascht, aber trotzdem drehten sich ihre Gedanken nur um eines. Sie und Alan. Hier in der Bretagne, ohne die Gefahr, wieder und wieder von Branwen
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