Die Morrigan: Wild Roses, Staffel 1, Band 3 (German Edition)
gemolken zu werden.“ Branwens Äußerungen waren selten feinfühlig, aber Rose wusste, dass sie es nicht böse meinte.
Sie schüttelte den Kopf. „Nichts“, antwortete sie. „Wo warst du denn?“
Branwen hielt ihr den Korb unter die Nase. „Ich habe uns Löwenzahn gepflückt“, sagte sie fröhlich. „Im Haus habe ich noch etwas Speck. Das gibt eine leckere Suppe heute Abend!“
Rose blickte ihre Schwester an. Branwen war gewöhnlich eher ernst und verschlossen, lächeln oder gar lachen sah man sie selten. Ganz im Gegensatz zu heute.
„Du bist ja ziemlich guter Laue“, sagte Rose. „Gibt es etwas zu feiern?“
Branwen blickte zu Boden, aber das Lächeln wich nicht aus ihrem Gesicht. „Nein, kein Grund zum Feiern“, erwiderte sie. „Aber ...“ Sie holte tief Luft. „Ich muss dir etwas erzählen.“ Sie nahm Rose am Arm und zog sie in Richtung Wohnhaus. „Doch du darfst es niemandem weitersagen!“, flüsterte sie Rose im Gehen zu. Sie erreichten die Tür des Hauses und traten ein. Branwen räusperte sich. „Also, kannst du dich an die Hochzeitsfeier von Moira und Ceard erinnern?"
Rose nickte. „Du bist gleich nach den Glückwünschen gegangen, weil du keine Lust auf das Ganze hattest.“
„Stimmt. Ich habe mir eine Fackel geschnappt und bin zum Mistelbaum, weil ich prüfen wollte, ob wir schon ernten könnten. Ich habe eine Wurzel übersehen und bin gestolpert. Dabei habe ich die Fackel fallen lassen, und sie ist ausgegangen.“ Branwen griff nach dem Schmuckstück um ihren Hals. Ein Anhänger aus kornischem Zinn, den Vater ihrer Mutter zur Geburt der Zwillingsschwestern geschenkt hatte und den Branwen seit Julias Tod trug. Das Schmuckstück zeigte eine Triskele, das keltische Symbol für die drei Lebensalter. „Ich hatte mir das Knie aufgeschlagen“, fuhr Branwen mit ihrer Erzählung fort. Sie wirkte aufgekratzt. „Und ich hatte beim Hinfallen Mutters Kette verloren. Eine Weile lag ich ziemlich verzweifelt im Dunkeln und wusste nicht, was ich tun sollte.“ Sie machte eine bedeutungsvolle Pause. „Dann sah ich ein Licht. Es war Alan. Er hatte gesehen, dass ich in Richtung Wald gegangen war, und hat sich Sorgen um mich gemacht. Also ist er mir gefolgt.“ Branwen erinnerte sich an den Korb mit Löwenzahn in ihrer Hand. Sie stellte ihn auf den Boden. „Er half mir, nach der Kette zu suchen und hat mich dann zum Waldrand zu den Mistelbäumen begleitet und auch wieder zurück zum Dorf.“
Typisch Alan , dachte Rose. Oft führte er sich auf wie ein großer Bruder. Sie wusste nie genau, ob sie sich deswegen freuen sollte oder ob ihr sein manchmal ziemlich großspuriges Verhalten eher lästig war. Sie dachte an die Gefühle, die sie vor wenigen Minuten überfallen hatten, als er sie zum ersten Mal geküsst hatte.
„Ich weiß“, sagte sie nun. „Als er zurück zum Fest kam, hat er ziemlich über deinen Leichtsinn geschimpft.“
„Immer diese Weibsbilder!“, hatte er gesagt. „Haben irgendwas im Kopf und rennen einfach los, ohne darüber nachzudenken.“
„Immer diese Krieger“, hatte Rose spöttisch zurückgegeben. „Halten sich für die Retter der Welt.“ Und dann hatte er ihr einen Blick zugeworfen, bei dem sie noch jetzt Herzklopfen bekam. Ihr Kopf schwirrte, als sie an seine sommerblauen Augen dachte, an seine Lippen und seine Schultern ...
„Hörst du mir überhaupt zu?“ Branwen griff nach ihrem Unterarm.
Rose tauchte aus ihren hitzigen Gedanken auf. „Ja doch“, versicherte sie eilig. Ihr wurde bewusst, dass sie eine ganze Weile tatsächlich nicht auf Branwens Worte geachtet hatte.
Lächelnd sagte ihre Schwester: „Ich bin mir sicher, er fühlt auch so.“
Rose runzelte die Stirn. „Wer fühlt was?“
Über Branwens Gesicht glitt ein Schatten. „Du hast mir doch noch zugehört!“, schimpfte sie, aber gleich darauf kehrte das glückliche Lächeln auf ihre Züge zurück. „Ich bin mir sicher, dass Alan mich liebt, Rose! Ich habe gesehen, wie sehr er sich um mich gesorgt hat. Er hat eigens meinetwegen das Fest verlassen, obwohl Ceard einer seiner besten Freunde ist.“ Sie holte tief Luft. „Und weißt du was? Mir geht es genauso. Ich habe mich verliebt. Richtig fest. Du hast ja eben gesehen, wie er an mir vorbeigegangen ist. Ich habe ihn gegrüßt und er hat mich ‚Meine Schöne‘ genannt. Ich bin mir sicher, er liebt mich auch!“ Branwen strahlte jetzt wie die aufgehende Sonne an einem klaren Sommermorgen. „Das fühlt sich so wunderbar an, ich kann dir
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