Die Morrigan: Wild Roses, Staffel 1, Band 3 (German Edition)
küsste Rose. Mit all seiner Liebe und dem Verlangen, das allein sie in ihm zu wecken vermochte, küsste er sie.
Das war der Moment, in dem die Morrigan erwachte.
1888
Die Erinnerung an diesen furchtbaren Moment katapultierte Alan zurück in die Gegenwart. Er lag auf dem kalten Lehmboden an eine ebenso kalte Steinmauer gepresst und hörte Stimmen.
„Du hältst ihn unter den Achseln und ich nehme die Beine.“ Es war eine Frauenstimme. Er spürte, wie er hochgehoben wurde, und wollte sich wehren, aber sein Körper gehorchte ihm nicht. Mühsam öffnete er die Augen. Rose beugte sich über ihn, sie blickte besorgt und ihr rotes Haar strahlte in der Sonne. Diesmal war sie es tatsächlich.
„Alan“, flüsterte sie. Sanft streiften ihre Lippen seine Stirn.
„Wie geht es dir?“ Enoras Gesicht erschien über Roses Schulter.
Er blinzelte die Schleier vor seinen Augen fort. „Ging schon besser“, murmelte er.
„Rose und ich bringen dich zurück zu Glynis“, sagte Enora, und bevor er protestieren konnte, hievten sie ihn gemeinsam auf einen kleinen, mit Heu ausgepolsterten Karren.
Rose legte das feuchte Tuch vorsichtig auf Alans Stirn. Er lag wieder auf dem einfachen Lager im Stall. Als sie aus Carnac losgefahren waren, war er bewusstlos geworden und seither nicht mehr erwacht. Enora hatte ein ums andere Mal geflucht und gefragt, warum sie nur hier und nicht im 21. Jahrhundert mit seiner Hightech-Medizin waren. Dort würde man sicher etwas für ihn tun können. Aber hier beschränkte sich die medizinische Behandlung auf Kräutertees und nasse Tücher. Missmutig strich Rose die Decke glatt, unter der Alan lag, hielt aber mitten in der Bewegung inne. Sie kam sich so hilflos vor.
Enora trat hinter ihr in den Stall. „Glynis hat etwas Haferbrei gekocht“, sagte sie.
Rose schüttelte den Kopf. Nach Essen war ihr jetzt wirklich nicht zumute. Angst umklammerte ihr Herz, das Atmen fiel ihr schwer.
„Was kann ich tun, damit er nicht stirbt?“ Rose stiegen Tränen in die Augen. Alan stöhnte auf, aber seine Augen blieben geschlossen.
„Nichts, Schatz“, antwortete Enora. „Es ist allein seine Entscheidung.“
Rose nahm Alans kalte Hand und legte sie an ihre Kehle. Drück zu! , flehte sie im Stillen. Es würde ihn retten, und sie auch. Aber er tat es nicht. Kraftlos sank seine Hand zurück auf die Decke, und sie glaubte schon, er sei noch immer ohnmächtig. Doch sie täuschte sich.
„Wenn ich überhaupt noch jemanden töte“, stieß er hervor, ohne die Augen zu öffnen, „dann ist es Branwen!“
Rose biss sich auf die Lippe. Und während sie Alan etwas Wasser einflößte, gingen ihr diese Worte nicht mehr aus dem Sinn.
Wenn ich überhaupt noch jemanden töte, dann ist es Branwen.
Alan war nicht lange wach geblieben, bald war er wieder in einen unruhigen Schlummer gefallen. Und dies war der Moment, in dem Rose einen Entschluss fasste.
„Ich glaube, ich muss doch einen Happen essen“, sagte sie, ignorierte Enoras erstaunten Blick und verließ den Stall, um zu Glynis in die Hütte zu gehen.
Die Priesterin griff mit einer sanften, mitfühlenden Geste nach ihren Händen. „Es ist seine Entscheidung“, sagte nun auch sie.
„Ich weiß“, antwortete Rose und machte sich los.
Ihr Herz jagte, aber sie war sich jetzt ganz sicher, dass sie das Richtige tat. Sie zwängte sich einen Bissen Haferbrei durch die enge Kehle, dann griff sie nach der Schale und trug sie zum Spülbecken.
„Entschuldige. Ich bin einfach nicht hungrig“, sagte sie zu Glynis. Sie stellte die Schüssel in das Becken. Auf dem Tisch daneben lag Glynis’ beeindruckend großes Fleischmesser, das der wahre Grund war, warum sie überhaupt hier war. Rose versicherte sich, dass Glynis immer noch gedankenverloren in ihre Teetasse starrte. Rasch griff sie nach dem Messer und versteckte es in den Falten ihres Kleides.
„Ich gehe wieder zu Alan“, murmelte sie und versuchte, ihre Stimme so unbeteiligt wie möglich klingen zu lassen. „Vielleicht hat Enora ja Hunger.“
Im Rausgehen nahm sie noch Glynis’ Schultertuch mit, das an einem Haken neben der Tür hing.
Als Rose den Stall betrat, war Alan wach, aber er konnte kaum die Augen offen halten. Enora flößte ihm Wasser ein, warf einen kurzen Blick auf Rose, dann ließ sie Alans Kopf auf die Kissen sinken. „Ich gehe neues Wasser holen.“ Sie stand auf und drückte Rose im Vorbeigehen die linke Hand. Kurz stockte Rose der Atem, aber Enora bemerkte das Messer in
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