Die Muse des Mörders (German Edition)
geliebt habe.«
Sie war nicht die Einzige, die ihm vorhielt, sich verändert zu haben. Nur hatte sie, im Gegensatz zu Hannah, kein Recht dazu. Trotzdem traf es ihn auf eine Art, die er nicht einzuordnen wusste. Er schwieg und sah zu, wie sich Margaretha noch ein Stück weiter zu ihm nach vorn beugte. Hinter sich nahm er eine Regung war. Der Wachmann hielt sich für den Fall der Fälle bereit.
»Du bist verbittert. Dein Herz ist kalt und dein Kampfgeist hat einer Resignation Platz gemacht, die ich von dir niemals erwartet hätte.«
Dominik schüttelte den Kopf. Er wollte sich rechtfertigen, aber er wusste nicht wie.
»Das macht nichts. Irgendwann sind die Toten vergessen und du bist wieder ganz der Alte.« Margaretha ergriff seine Finger. Der Wachmann räusperte sich geräuschvoll und sie zog ihre Hand langsam wieder zurück. »Ständig unter Beobachtung zu stehen, das ist das Schlimmste am Gefängnis. Sei froh, dass dir das erspart bleibt.«
»Du sollst nicht mehr darüber sprechen, Margaretha.«
»Wie viele waren es genau? Wie viele Menschenleben hatte der Goldschmied auf dem Gewissen?«
»Wenn du so gut aufgepasst hast, dann weißt du das selbst.«
Dominik stand auf und wollte zu einer Verabschiedung ansetzen, als sich Margarethas Züge verfinsterten.
»Hinsetzen. Sonst erfährt dieser Wachmann auf der Stelle von unserem kleinen Geheimnis«, flüsterte sie. Ihre Stimme klang schneidend und Dominik gehorchte.
Niemals durfte jemand erfahren, dass er René Kardos getötet hatte. Dass es mehr als nur Notwehr gewesen war. Er hatte den Mörder mit dem Kolben seiner Glock niedergestreckt und hätte ihm problemlos die Handschellen anlegen können. Stattdessen hatte er einen unbeschreiblichen Zorn in sich gespürt. Zorn auf den Dolchstoßmörder, aber auch auf die Justiz. Er wusste, dass Kardos nicht den Rest seines Lebens im Gefängnis verbringen würde. Er war reich genug, um sich einen Anwalt zu nehmen, der auf verminderte Schuldfähigkeit plädieren und das Beste für ihn rausholen würde. Das hatte er nicht zulassen können. Als der Mörder sich mühsam wieder aufgesetzt hatte, um ihn erneut mit seinem Dolch anzugreifen, hatte Dominik seine Chance gesehen und dann war alles blitzschnell gegangen. Er hatte sich den Ärmel über die Hand gezogen und Kardos die Waffe abgenommen. Sie war schwerer durch das Fleisch in den Brustkorb des Goldschmiedes eingedrungen, als er gedacht hatte. Danach hatte er einen anonymen Anruf aus einer öffentlichen Telefonzelle getätigt und seine Kollegen gerufen.
»Du bist nicht ganz unschuldig an den Opfern des Dolchstoßmörders, Dominik, und das weißt du auch.«
»Du redest Unsinn.«
»Tue ich nicht. Wann hat diese Mordserie begonnen? Erinnerst du dich noch?«
Natürlich tat er das.
»Vor elf Wochen.«
»Geht es auch ein bisschen genauer? Oder muss ich dir auf die Sprünge helfen?«
»Wenige Wochen nach deiner Festnahme.«
»Wie schön. Du hast mich ja doch nicht völlig aus deinem Gedächtnis gestrichen.«
Wie könnte er auch? Das Leid, das sie indirekt über seine Familie gebracht hatte, würde ihn immer verfolgen.
»Du bist heute aber nicht sonderlich redselig.« Margaretha wickelte eine pechschwarze Haarsträhne um den Zeigefinger ihrer rechten Hand und dachte nach, dann schien sie zu einem Schluss zu kommen. »Schön, ich erkläre es dir. Das Babyblut …«
»Ich hätte nie gedacht, dass du dich auch an wehrlosen Kindern vergreifst!«
Margaretha hob die Hände und lachte.
»Ich vergreife mich an allem.« Sie lachte wieder und schüttelte den Kopf. »Hier bin ich allerdings ausnahmsweise unschuldig. Es war Catharina, die herausgefunden hat, dass das Blut eines Kindes die Seele reinigen kann. Genau genommen solltest du uns sogar dankbar sein. Hätte ich den Goldschmied nicht regelmäßig mit Blut versorgt, dann hätten schon viel früher Menschen sterben müssen.«
»Was willst du damit sagen? René Kardos war krank. Schizophren. Er hatte vermutlich Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Eine ausgeprägte Ich-Störung.« Rebecca hatte bei der Obduktion des Toten charakteristische Schädigungen entdeckt. Dominik hatte bis dahin nicht gewusst, dass Schizophrenie im Gehirn feststellbar war.
»Das glaubst du. Das glauben die Schulmediziner, aber ich weiß es besser. Ich weiß um die Wirkung von Blut und …«
»Schluss jetzt!« Dominik stand auf.
»Findest du es nicht auch zu schade, dass du Catharina einsperren lassen hast? Jetzt, wo du weißt, was deine
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