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Die Mutter aller Stürme

Die Mutter aller Stürme

Titel: Die Mutter aller Stürme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Barnes
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Boden-Satelliten-Verbindungen ist schlicht die
effektivste Art. Aber sie hat den gleichen Effekt: nichts und niemand
kann die Verbindungen stören, solange Sender und Empfänger
breit genug aufgefächert sind. Man kann zwar die Kommunikation
oder den Empfang einer Person stören… aber das ist dann
auch schon alles.
    Und von ebendiesen Billionen Kanälen hängen die UN, die
nationalen Regierungen und die Konzerne ab.
     
    Es ist ein schöner, warmer Nachmittag im Westpazifik. Carla
Tynan ist mit ihrer Jacht aufgetaucht, um an Deck ein Sonnenbad zu
nehmen. Vor einigen Jahren, als sie noch bei der NOAA arbeitete,
hatte sie den größten Teil ihrer Ersparnisse von den
Software-Patenten darin investiert, ihre Haut krebsresistent machen
zu lassen, so daß sie sich in die Sonne legen kann, ohne sich
Sorgen wegen der Ozon-Schicht machen zu müssen. Von demselben
Vermögen hatte sie die MyBoat erworben, ihre
U-Boot-Jacht.
    Das bedeutete, daß sie offiziell pleite war, was Louie,
ihrem damaligen Ehemann, überhaupt nicht gefiel, obwohl sie sein
Geld sicher nicht angerührt und ihn nicht einmal um welches
gebeten hatte.
    Sie setzt die große Sonnenbrille auf, kratzt sich am ganzen
Körper (die Intimsphäre mitten im Ozean ist unerreicht) und
beschließt, für eine Weile nicht mehr an Louie zu denken.
Vielleicht sollte sie sich wieder mit einigen Unterlagen befassen,
mit denen sie sich bereits abgeplagt hat… es ist an der Zeit,
sich im Non-Profit-Bereich zu profilieren, denn wenn man als
freiberuflicher Wissenschaftler arbeitet, muß man die anderen
Wissenschaftler davon überzeugen, daß man ein vollwertiger
Kollege ist. Und der arme alte Henry Pauliss bekam genau deshalb
Probleme mit der Regierung, weil er seine Non-Profit-Beiträge
nicht eingereicht hatte.
    Außerdem hat sie sich schon eine Weile nicht mehr der
Buchführung gewidmet, und vielleicht wäre es auch an der
Zeit, einige System-Konstruktionen für den Privatsektor oder ein
paar Algorithmen zu konzipieren, damit wieder etwas Geld in die Kasse
kommt. Da gäbe es nämlich noch ein paar Anbauteile, die sie
gern für MyBoat hätte, und dabei hat sie noch nicht
einmal den letzten Kauf beim Computer-Konstruktionsbüro in
Tanzania abbezahlt. Auf jeden Fall hat sie in den letzten Wochen nur
gefaulenzt und kaum mehr getan, als in romantische virtuelle
Realitäten einzutauchen, in der Sonne zu liegen und zu angeln.
Es ist ihre dritte Weltreise auf MyBoat, und diesmal ist sie
direkt von Sansibar nach Singapur gefahren, ohne einen Landgang
einzulegen… mit der Zeit hat sie sich selbst eingestanden,
daß, auch wenn man diesen schönen Planeten schon ein
paarmal gesehen hat, noch immer viele Orte ihrer Entdeckung harren,
aber dennoch bleibt der schale Nachgeschmack, daß man damit
letztlich nur das Gefühl der Leere überspielt.
    Nun, war es aber nicht gerade das gewesen, was sie an Louie damals
so attraktiv gefunden hatte? Sei ehrlich, Carla … er war
einer von acht Leuten, die schon einmal einen fremden Planeten
betreten hatten. Nicht, daß er viel Aufhebens davon gemacht
hätte, und was ihn dabei anscheinend noch am meisten beeindruckt
hatte, war ›die absolute Einsamkeit‹ – wohl die
größte Hommage an die Poesie, die sie von diesem Mann
jemals vernommen hatte.
    Sie stützt sich auf die Ellbogen und betrachtet ihren
Körper, wobei sie glucksend kichert. Es war im Grunde
unvorstellbar, daß eine so dicke und muskulöse Person
– auf dem College hatte sie Gewichtheben betrieben und seitdem
etwas Fett angesetzt – die Aufmerksamkeit des Stellvertretenden
Missionsleiters für Mars-Operationen erregt haben sollte; nach
seiner Rückkehr hatte weiß Gott eine Menge geiler kleiner
straffer Körper auf ihn gewartet, aber nein, nicht einmal zwei
Jahre nach seiner Rückkehr lag er auf Carla Schwarz, der
Nachwuchswissenschaftlerin.
    Carlas Mutter witterte die Schwierigkeiten bereits, als sie Louie
gerade erst zwei Stunden kannte: »Ihr beiden wollt jemanden, um
den ihr euch kümmern könnt, und ihr beiden würdet eher
sterben, als daß ihr zulaßt, daß jemand sich um
euch kümmert.«
    Anscheinend war Mamas Prognose bezüglich der Dauerhaftigkeit
der Ehe korrekt gewesen, denn hier ist Carla: MyBoat, das nur
Platz für sie und ihre Arbeit hat, ist ihr nicht zu klein, und
dort ist Louie – vielleicht zieht er gerade in diesem Augenblick
am Himmel über ihr seine Bahn – als einzige Besatzung der
letzten Raumstation der USA. Sie haben sich zu ›fünf guten
Abendessen und

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