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Die Mutter der Königin (German Edition)

Die Mutter der Königin (German Edition)

Titel: Die Mutter der Königin (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philippa Gregory
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Luxemburg, sie alle sind mit den Engländern verbündet. Mein Vater schreibt aus St. Pol an seinen Bruder Jean und verlangt von ihm als dem Oberhaupt der Familie, Johanna den Engländern zu überstellen. Aber meine Großtante, die Demoiselle, besteht darauf, dass wir Johanna beschützen, und so zögert Onkel Jean.
    Die Engländer fordern die Herausgabe der Gefangenen, und da sie über den Großteil Frankreichs herrschen und ihr Verbündeter, der Herzog von Burgund, den restlichen Teil kontrolliert, ist ihr Wille meist Gesetz. Die einfachen englischen Soldaten haben auf dem Schlachtfeld gekniet und dankend Freudentränen vergossen, als die Jungfrau gefangen genommen wurde. Sie haben keine Zweifel daran, dass die verfeindete französische Armee ohne die Jungfrau wieder zu dem verängstigten Haufen wird, der sie vor ihrer Ankunft war.
    Der Duke of Bedford, der Regent über die englischen Besitzungen in Frankreich, beherrscht fast den gesamten Norden des Landes. Mehrmals täglich schickt er Briefe an meinen Onkel, um ihn an seine Loyalität den Engländern gegenüber und ihre lange Freundschaft zu erinnern. Er bietet ihm auch Geld an. Mir macht es Spaß, nach den englischen Boten Ausschau zu halten, die in der feinen Livree des königlichen Herzogs auf prächtigen Pferden angeritten kommen. Es heißt, der Herzog wäre ein großer Mann und sehr beliebt, der größte Mann in Frankreich und gewiss niemand, den man zum Feind will, doch bislang gehorcht mein Onkel seiner Tante, der Demoiselle, und weigert sich, ihm unsere Gefangene auszuhändigen.
    Mein Onkel erwartet, dass der französische Hof ein Angebot für sie macht – schließlich hat er Johanna seine Existenz zu verdanken –, doch dieser bleibt merkwürdigerweise stumm, selbst nachdem mein Onkel dem König geschrieben hat, die Jungfrau sei in seinem Gewahrsam und sie sei bereit, an den Hof ihres Königs zurückzukehren und erneut in seiner Armee zu dienen. Mit ihr an der Spitze könnten sie ausreiten und die Engländer schlagen. Sie werden doch gewiss ein Vermögen bezahlen, um sie zurückzubekommen?
    «Sie wollen sie nicht», erklärt ihm meine Großtante. Sie sitzen an ihrem privaten Esstisch, das große Abendessen für den ganzen Haushalt in der großen Halle ist bereits vorüber. Die beiden haben vor den Männern meines Onkels gesessen, die Gerichte gekostet und sie als Zeichen ihrer besonderen Gewogenheit ihren Günstlingen geschickt. Jetzt sitzen sie bequem an einem kleinen Tisch vor dem Feuer in den privaten Gemächern meiner Großtante, wo ihre persönlichen Bediensteten ihnen aufwarten. Während das Essen serviert wird, habe ich mit einer anderen Hofdame dabeizustehen. Ich muss die Diener im Auge behalten, sie nach Wunsch herbeirufen, die Hände bescheiden vor dem Körper gefaltet, und soll nicht zuhören. Aber selbstverständlich tue ich genau das.
    «Jeanne d’Arc hat einen Mann aus Prinz Charles gemacht. Er war nichts, bevor sie mit ihrer Vision zu ihm gekommen ist. Erst sie hat diesen Jüngling zum Mann und zum König gemacht. Sie hat ihn gelehrt, sein Erbe einzufordern. Aus den Gefolgsleuten in seinem Lager hat sie eine Armee formiert und sie zum Sieg geführt. Wären sie ihrem Rat gefolgt, wie sie ihren Stimmen folgt, hätten sie die Engländer auf ihre nebligen Inseln zurückgejagt, und wir wären sie für immer los gewesen.»
    Mein Onkel lächelt. «Oh, liebe Tante! Dieser Krieg dauert jetzt schon fast hundert Jahre. Glaubst du wirklich, dass er endet, weil ein dahergelaufenes Mädchen Stimmen hört? Sie hätte die Engländer nie und nimmer vertreiben können. Niemals wären sie abgezogen. Diese Gebiete gehören ihnen, durch Erbfolge und Eroberungen. Sie müssen nur den Mut und die Kraft aufbringen, sie zu halten. Und von beidem hat John von Bedford genug.» Er wirft einen Blick auf sein Weinglas, und ich winke dem Hofdiener, damit er nachschenkt. Ich trete vor, um dem Mann den Kelch hinzuhalten, dann setze ich ihn behutsam auf dem Tisch ab. Sie trinken aus feinem Glas; mein Onkel ist ein wohlhabender Mann, und für meine Tante ist das Beste gerade gut genug.
    «Der englische König mag fast noch ein Kind sein, aber der Sicherheit seines Königreichs schadet das nicht, denn sein Onkel Bedford steht hier treu zu ihm, und sein Onkel, der Duke of Gloucester, ist ihm in England treu. Bedford hat den Mut und die Verbündeten, die englischen Besitzungen hier zu halten, und ich glaube, sie werden den Dauphin immer weiter nach Süden treiben. Bis ins

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