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Die Nacht Der Jaegerin

Die Nacht Der Jaegerin

Titel: Die Nacht Der Jaegerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Vorlesen fertig war. «Ich hatte mir gewisse Hoffnungen gemacht, dass du mir eine gute Reise wünschen möchtest.»
    «O verdammt, das hab ich vollkommen vergessen.»
    «Danke.»
    «Ich hab nicht gemeint ...»
    «Bei dem Schnee müssen wir natürlich noch früher los.»
    «Ja, natürlich, vergiss einfach, was ich dir vorgelesen habe, ich ...»
    «Ich versuch’s eine halbe Stunde lang, in Ordnung?»
    «Du bist echt unheimlich hilfsbereit, für einen Waliser.»
    «Das macht eine Viertelstunde Abzug», sagte Eirion.
    Amber war nirgends in Sicht, als Jane das Telefonat beendet hatte. Matthew jedoch unterhielt sich auf der Treppe mit Alistair Hardy.
    Diese Typen – es war alles so kuschelig. So bemüht kuschelig, wie in einem Altersheim. Machte der Tod Mus aus dem Hirn? Ging man weiter zur Arbeit, bis einer wie Hawksley einen umdrehte und man sich Aug in Aug mit der verstorbenen Verwandtschaft wiederfand, die eine furchtbare Rentnerparty für einen veranstaltete?
    «Jane!» Amber stand bei dem Weihnachtsbaum. Sie trug ihre Schürze. Ihre Stimme war viel zu hoch und schwach für dieses Haus. In Stanner musste man laut sprechen, sonst verloren sich die Worte in den weitläufigen Räumen wie Staub. «Kannst du mir bitte helfen?»
    «Klar.»
    Doch sobald sie an der Küchentreppe waren, sagte Amber: «Jane, hast du deiner Mutter erzählt, was hier geplant ist?»
    «Nein. Ich habe Ihnen doch schon erklärt, wie sie reagieren würde.»
    «Das hab ich mir gedacht», sagte Amber resigniert. «Ben dachte, du würdest es tun, aber dann ...»
    «Ben? Ben weiß, dass Sie versucht haben, meine Mutter anzurufen?»
    «Eigentlich war es sogar Bens Idee, Jane.»
    «Das verstehe ich nicht.»
    «Du kommst besser mit runter in die Küche.» Amber sah sich kurz um. «Lügen und Betrügen ist nicht gerade meine Stärke, Jane. Ich bin schließlich bloß eine Köchin.»
     
    Der Hintereingang war nicht abgeschlossen. Das war normal. Danny schaltete seine Taschenlampe an und klopfte an die Hintertür.
    Das Heulen brach ab. Danny rüttelte an der Klinke, und die Tür ging auf. Das war nicht normal. Jedenfalls nicht nachts. Danny leuchtete mit der Taschenlampe in der Küche herum.
    «Jeremy?»
    Der alte Rayburn-Ofen grummelte vor sich hin. Ein Wasserhahn tropfte. Es war niemand im Raum. Danny ging weiter ins Wohnzimmer, wo der Strahl seiner Taschenlampe den grünlichen Jesus im Garten Gethsemane erfasste. Hinter dem Kaminschirm züngelten kleine orangefarbene Flammen aus einer Mischung aus Holzscheiten und Kohlengrus.
    Davor saß der Hund auf dem braungrünen Kaminvorleger, der sein ganzes Leben und Jeremys ganzes Leben an dieser Stelle gelegen hatte. Er jaulte nicht mehr, sondern hechelte nur mit bebenden Flanken, den Blick unverwandt auf Danny gerichtet. Das war ein guter Hund, ein Border-Collie-Mischling. Ein Hund, der gejault hatte.
    «Wo ist der Chef, Flag?»
    Der Hund kam nicht zu Danny, er bellte nicht, knurrte nicht, fiepte nicht, sondern saß einfach nur da. Danny ließ den Strahl der Taschenlampe über die rosageblümte Tapete wandern, die Jeremys Ma vor langer, langer Zeit an die Wand geklebt hatte. Über der Anrichte hing ein bemalter Teller, der anscheinend die Kathedrale von Hereford zeigte. Über dem Turm verlief ein Sprung durch den Teller.
    Auf der Anrichte stand ein schmaler weißer Umschlag.
    Auf dem Umschlag stand:
Mr. Danny Thomas
    Danny sagte: «O nein, o Gott.»
    Der Umschlag war nicht zugeklebt. Danny zog ein zusammengefaltetes Blatt heraus und hielt es ins Licht der Taschenlampe.
    Danny, für Förmlichkeiten hatte ich noch nie was übrig. Du warst mir immer ein guter Freund. Bitte, nimm den Hund. Er kennt dich. Bitte, kümmere dich um den Verkauf der Tiere und sorg dafür, dass sie an den richtigen Ort kommen, oder behalt sie einfach, ich schenk sie dir. Natalie wird
     
    Danny ließ das Blatt fallen. Etwas wie ein Schluchzen kam aus seiner Kehle. Als er wieder aufsah, war das Antlitz Jesu im Schatten verschwunden.
    Er rannte aus dem Zimmer, durch die Küche, über die Veranda in den weißen Hof. Das große Scheunentor gegenüber war zu. Aber die kleine Tür rechts davon stand einen Spalt auf.
    Licht schimmerte durch den Spalt.
    Danny blieb vor der Tür stehen. Er hatte Angst. Hinter ihm hatte der Hund wieder angefangen zu jaulen, ließ wieder den kältesten, einsamsten Klageton der Welt ertönen. Es schneite wieder heftiger, aber er spürte es nicht. Er spürte die Kälte nicht mehr; die Schneeflocken hätten ebenso

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