Die Nacht der lebenden Trekkies
von Buckelwalen. Jim vermutete, dass Letzteres eine Hommage an Star Trek IV: Zurück in die Gegenwart war. Aber im Grunde vermutete dies jeder.
Kurz darauf öffnete sich die Aufzugtür wieder und enthüllte einen wild dreinblickenden Teenager in einem T-Shirt mit dem Aufdruck »Es kann nur einen Kirk geben«. Er richtete seinen Kunststoffphaser auf Jim und drückte ab. Das Spielzeug spuckte hellrotes Licht aus.
»Toh-pah!«, schrie der Junge.
Jims Arm zuckte vor und erwischte Mr. Phasers Handgelenk. Dann riss er ihn in den Aufzug hinein und schob ihn an die Wand. Seine Bewegungen waren rein reflexiv. Er brauchte nicht einmal darüber nachzudenken.
»Man richtet keine Waffen auf Menschen«, sagte er. »Der Letzte, der das gemacht hat, wurde in ’nem Leichensack weggetragen.«
Starr vor Schreck ließ der Junge das Spielzeug sinken.
Jim griff danach, um es an sich zu nehmen. Er schämte sich für seine Überreaktion. Es war ja nicht so, dass dieses Zweitsemester für jemanden eine Bedrohung darstellte. Dem Bürschchen fehlte nur etwas Disziplin.
»Ich schlage vor, du gehst jetzt in dein Zimmer«, fuhr Jim fort. »Schau dir das Fernsehprogramm an oder mach irgendwas anderes.«
»Der Fernseher ist im Eimer.«
Wunderbar, dachte Jim. Noch ein Problem.
Er fragte den Jungen nach seiner Zimmernummer, dann versuchte er, das Problem zu klären. »Ist der Apparat wirklich kaputt? Oder zeigt er nur ein unscharfes Bild?«
»Da schneit es nur«, erklärte der Junge.
Jim versprach, bis zum Ende des Tages einen Haustechniker vorbeizuschicken. »Wenn die Convention zu Ende ist, kannst du deine Kanone abholen. Frag nach dem Ding, wenn du abreist.«
Eine Minute später war er wieder in der Empfangshalle. Als er aus dem Aufzug trat, stand dort eine hübsche junge Frau. Angesichts ihres marineblauen Aufzugs und ihrer Reisetasche nahm er an, dass sie sich auf einer Geschäftsreise befand.
Die Frau schenkte ihm ein Lächeln. »Hübsches Kostüm.«
Jims Blick fiel auf sein rotes Hoteljackett und den Spielzeugphaser, und er begriff, dass sie ihn für einen Trekkie hielt. »Ich bin kein Trekkie«, erklärte er verlegen. »Ich arbeite hier.«
Die Frau trat in den Aufzug. »Dann sollten Sie sich für die Strahlenkanone ein Holster besorgen.«
Jim wollte weiteren Protest äußern, doch es war zu spät. Die Tür hatte sich schon geschlossen.
Es wird also mal wieder so ein Wochenende, dachte er.
An der Rezeption begegnete ihm ein Angehöriger der Haustechnik. Er stand auf einer Leiter und bemühte sich, über der Rezeption ein Spruchband mit dem Text »Willkommen bei der 5. Golf-Convention« aufzuhängen. Jim trat hinter den Tresen und schritt durch eine Tür. Er kam an einigen Kabuffs vorbei und erreichte schließlich ein Büro mit richtigen Wänden. Auf der Tür stand »Sicherheitschef«. Jim klopfte mit dem Phasergriff an.
»Herein«, rief eine Stimme auf der anderen Seite.
Jim betrat Dexter Remnicks Büro und warf die Spielzeugwaffe in einen großen Karton mit Fundsachen. Dexters drei Zentner Lebendgewicht waren hinter einem Metallschreibtisch eingeklemmt, dessen Platte mit allerlei Gegenständen eines Erste-Hilfe-Koffers bedeckt war. Eine blütenweiße Bandage zierte seinen linken Unterarm.
»Na, so was«, sagte Dexter. »Der Assistent des Uniform tragenden Managements gibt uns die Ehre! Wie war dein Nickerchen?«
»Sehr erfrischend«, sagte Jim. »Danke, dass du mir Janice auf den Hals gehetzt hast.«
»Es war mir eine Freude. Und wie bekommt dir die Beförderung?«
Jim nahm grimmig lächelnd Platz. Er hatte den größten Teil seiner sechs Monate im Botany Bay in den Niederungen des Pagenstandes verbracht. Seine »Beförderung« – Dexter und er zogen sich fast täglich an diesem Witz hoch – hatte sich ganz überraschend ergeben: Der Direktor hatte ihn eines Tages in sein Büro gebeten und geäußert, er hätte viel Gutes über seinen »Führungsstil« und seine Fähigkeit gehört, dem Rest der uniformierten Mannschaft »Auftrieb zu geben«.
Dexter hatte zutreffend gemutmaßt, dass viel von Jims »Führungsstil« aus der Tatsache erwuchs, dass er fast einen Meter neunzig groß war, zwei Zentner wog und Muskeln hatte. Was natürlich zu ausgezeichneten Resultaten führte, wenn er jemanden bat, ihm einen Gefallen zu tun. Wie damals, als er Ted, den Poolreiniger, gewarnt hatte, beim Reinigen der Filter die weiblichen Gäste anzulechzen. Seit dieser Begegnung ging Ted seiner Arbeit viel motivierter nach.
»Hättest du
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