Die Nacht der Wölfe
Huskys. »Der Marshal und seine Männer«, erkannte Alex. »Höchste Zeit, Proviant zusammenzupacken.« Er nahm eine Schachtel mit Patronen aus der Schublade und schob sie ihr hin. »Pack alles in einen Beutel … und vergiss die Kekse nicht … Wir haben doch noch Kekse?« Und als sie nickte, fügte er hinzu: »Ich kümmere mich um das Hundefutter.«
Während sie packten, klopften der Marshal und seine Männer an die Tür und traten in die Blockhütte ein. Mit ihnen drang ein Schwall eisiger Luft in den Raum.
»Hallo, Alex! Ma’am …«, begrüßte sie der Marshal, »ich bin US Deputy Marshal Chester Novak aus Anchorage. Die Männer gehören zu meinem Aufgebot.« Er war ein schneidiger Mann mit kantigen Gesichtszügen, der sich wie ein Offizier benahm und es gewohnt zu sein schien, Befehle zu erteilen. »Ihr Mann hat Ihnen sicher schon erzählt, hinter wem wir her sind.«
»Das hat er, Marshal.« Sie grüßte die Männer mit einem Kopfnicken, den indianischen Fährtenleser, der neben der Tür stehen geblieben war, die beiden Fallensteller, die sie von einer kurzen Begegnung im Handelsposten kannte, und die beiden Hilfspolizisten aus Anchorage, die sich so viele Meilen abseits der Stadt etwas unwohl zu fühlen schienen. Alle trugen gefütterte Mäntel oder Jacken, Handschuhe, Pelzmützen und feste Stiefel. »Möchten Sie Tee?«
»Nein, danke, Ma’am. Wir haben es eilig. Sind Sie so weit, Alex?«
Alex erschien mit dem Hundefutter und griff nach dem Proviantbeutel. Lächelnd registrierte er die Tüte mit den Schokokeksen zwischen den Biskuits, dem Käse und dem Speck. Seine Wasserflasche war mit heißem Tee gefüllt.
»Ich bin so weit, Marshal. Gehen Sie schon mal vor … Ich komme gleich nach.«
Der Marshal hatte eine bissige Erwiderung auf der Zunge; er befürchtete wohl, dass Alex sich zu ausgiebig von seiner Frau verabschieden würde, sagte aber nichts. Zusammen mit den anderen Männern verließ er die Blockhütte.
Nachdem die Tür ins Schloss gefallen war, schlang Clarissa ihre Arme um Alex’ Hals und küsste ihn innig. Inzwischen waren seine Lippen warm, und sie spürte die tiefe Hingabe, die sie miteinander verband. Seit der ungewollten und langen Trennung vor drei Jahren war ihre Liebe noch stärker und leidenschaftlicher geworden, und der Gedanke, nur für ein paar Tage von ihm getrennt zu sein, machte ihr mehr zu schaffen als sie sich eingestehen wollte. »Wie lange werdet ihr brauchen?«, fragte sie hoffnungsvoll. »Ein paar Tage?«
»Nicht lange«, erwiderte er, und beide ahnten, dass es wahrscheinlich gelogen war. »Der Marshal hat versprochen, uns einen Lohn zu bezahlen, und bestimmt keine Lust, zu tief in die Tasche zu greifen. Kommst du zurecht?«
»Das weißt du doch. Ich liebe dich.«
»Ich liebe dich auch. Bis in ein paar Tagen.«
Sie küssten sich wieder.
»Pass gut auf dich auf, Alex! Hörst du?«
»Keine Angst«, versprach er, »diesmal bringen wir diesen Mistkerl endgültig hinter Gitter, und dann haben wir nichts mehr von ihm zu befürchten.«
Von draußen rief der Marshal ungeduldig: »Hey, Alex! Wir müssen weiter!«
»Ich komme, Marshal!«
Sie küssten sich ein letztes Mal, dann löste sich Alex von ihr und verließ die Blockhütte. Clarissa blieb in der offenen Tür stehen und blickte den Männern nach, bis sie mit ihren Schlitten im dichten Schneetreiben verschwunden waren. Schon nach wenigen Minuten lag die Lichtung wieder einsam vor ihr.
Clarissa schloss die Tür und lehnte sich mit dem Rücken dagegen. Sie hätte am liebsten laut losgeheult, unterdrückte ihre Tränen jedoch und presste beide Fäuste fest gegen ihre Wangen, bis der Schmerz nachließ. Sie wusste am besten, wie gefährlich Frank Whittler werden konnte, noch dazu mit zwei Komplizen aus der Unterwelt, und dass nicht mal ein Aufgebot aus einem Marshal und mehreren Männern genügte, ihn in die Enge zu treiben und zu besiegen. »Lässt uns dieses Scheusal denn nie in Ruhe?«, flüsterte sie.
Sie schenkte sich den Rest des Tees in ihren Becher und setzte sich an den Tisch. Nach dem Abschied von Alex war sie viel zu aufgewühlt, um jetzt zu schlafen. Sie gönnte sich einen Riegel Schokolade, ohne ihn richtig zu genießen und sich danach besser zu fühlen, begann die erste Geschichte in ihrem neuen Buffalo-Bill-Heft zu lesen und legte es entnervt zur Seite, als ständig die Buchstaben vor ihren Augen verschwammen und sie sich nicht konzentrieren konnte. Sie packte es weg, löschte die Lampe und ging ins
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