Die Nacht gehört dem Drachen (German Edition)
Zeitung heute nicht ausgetragen wird. Ich denke dran, dass die bei Jonas anrufen werden und dann feststellen, dass der noch im Urlaub ist, dass der die ganze Zeit weg war und jemand anders den Job gemacht hat, für den er eigentlich angestellt worden ist. Ich denke dran, dass ich seit bestimmt einer Stunde schon in der Bäckerei stehen sollte, dass ich mich nicht abgemeldet habe.
Bonnie schaut hoch, schaut aber nicht mich an, sondern in Richtung Auto.
Weil es da klingelt. Das ist nicht mein Handy.
Als ich am Auto ankomme, hat es aufgehört, als ich die Tür aufmache, fängt das Klingeln wieder an und klingelt, bis ich es endlich finde. Ich nehm das Handy und trag es rüber zu Jana, die immer noch schläft, auch nicht aufwacht, als es wieder anfängt zu klingeln.
»Jana«, sag ich und stups sie leicht mit dem Fuß an. Bonnie knurrt mich ein bisschen an. Spinnerter Hund.
»Jana, wach auf.«
Unter der Decke regt sich was, leise Geräusche, dann wieder Stille, bis ich sie noch mal anstupse und sogar Bonnie wach und munter wird und aufspringt. Jana braucht länger. Irgendwann leg ich einfach das Handy neben ihr Ohr, und das wirkt, das Grummeln, das Maunzen wird lauter, dann wurschtelt sie sich endlich aus der Decke.
»Dein Handy«, sag ich.
»Was’n?«
»Dein Handy klingelt dauernd. Deine Eltern suchen dich bestimmt schon.«
Jana greift sich in die Haare, reibt sich die Augen, gähnt und streckt sich.
Das Handy klingelt weiter.
»Willst du da nicht mal drangehen?«
Jana schaut ihr Handy an, als würde sie so was zum ersten Mal sehen, als wüsste sie nicht, was das Ding von ihr will.
Ich werde unruhig.
Ich muss hier weg.
Ich kann noch bei der Arbeit anrufen, dass ich letzte Nacht wegen der Schnittwunde nicht schlafen konnte und erst vor einer Stunde eingeschlafen bin, mich für heute abmelden muss. Irgendwie so was. Das muss man nur gut verkaufen, dann glauben die einem alles. Und die Zeitung … da fällt mir auch noch was ein.
Ich hab den Autoschlüssel noch in der Hand, ich fang an, damit zu klimpern.
»Komm, steh auf. Wird Zeit.«
Jana starrt immer noch auf ihr Handy.
»Jana!«, sag ich.
Wie sie mich anguckt, als ob sie mich zum ersten Mal in ihrem Leben sieht, als ob sie mich nicht einordnen kann. Es dauert ein bisschen, dann steht sie auf, und ihr Handy klingelt und klingelt.
»Erst mal frühstücken, was?«, sag ich, aber sie antwortet nicht, läuft einfach hinter mir her.
Gut, ich bin ein bisschen rausgefallen aus allem. Aber ich kann das alles wieder regeln, selbst das mit der Theorieprüfung. Ich frag den Kehrer heute Abend, wann ich wiederholen kann, und das mit dem heute mal nicht in der Bäckerei auftauchen wird schon kein Beinbruch sein, ich hab mich ja immer gut benommen, so schnell werden die mich schon nicht rauswerfen. Nee. Ich hab immer noch alles im Griff. Jetzt erst mal was essen, Kaffee dazu, das Auto zurückbringen, den Hund und dann wieder zurück zum Plan.
Jana steigt ein.
»Willst du’s nicht wenigstens auf stumm schalten?«
Jana sagt nichts und schaut erst eine Weile aus dem Fenster, dann stellt sie das Handy auf lautlos.
»Kannst deinen Eltern ja sagen, dass du bei einer Freundin geschlafen hast und das Handy eben auf leise hattest.«
Jana nickt.
»Die werden dir schon nicht den Kopf abreißen«, sag ich.
Schaut wieder aus dem Fenster.
Im nächsten Ort ist ein Bäcker, da halte ich. Die Croissants sind noch warm, ich kaufe Kaffee, der Becher ist viel zu heiß, ich wickel noch ein paar Servietten drum. Ich kauf Jana noch einen Kakao, die ist zu jung für Kaffee. Und überhaupt muss sie nicht wach sein.
Jana ist im Auto geblieben, sie stiert nach vorn, als ich wieder einsteige, ihr die Tüte auf den Schoß lege, ihr meinen Kaffee und ihr Trinkpäckchen in die Hand drücke. »Vorsicht, ist heiß«, sag ich, aber selbst dafür ist sie noch zu verschlafen.
»Bist nicht so der Morgenmensch, was?«, frag ich. Die Croissants duften rüber, das scheint sie auch nicht zu interessieren. Mann, ist die morgens apathisch. Dann schau ich auf die Uhr, halb acht.
Ich halte noch mal, an so einem Stückchen Park, da ist auch eine Bank, sage: »Komm, Frühstück«, und Jana steigt mit aus. Ich nehm ihr den Kaffee aus der Hand, die Tüte, nehm mir einen Coissant, zerreiße ihn.
»Sind deine Eltern streng?«, frag ich.
»Was?«, sagt sie.
»Ob deine Eltern streng sind.«
Sie zuckt mit den Schultern.
»Also musst du dir keine Sorgen machen, wenn du jetzt nach Hause kommst,
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