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Die Nacht im Stau (German Edition)

Die Nacht im Stau (German Edition)

Titel: Die Nacht im Stau (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sylvia Smuda
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dieser großen Befriedigung traten die häuslichen Reibereien zurück.
    Vielleicht lag es auch daran, dass Robert in diesem letzten halben Jahr vermehrt lernen musste. Er tat sich sichtlich schwer damit, sich wieder hinzusetzen und zu pauken. Immerhin waren ja auch schon sechs Jahre vergangen, seit er zum letzten Mal die Schulbank gedrückt hatte. Sechs Jahre, in denen er feinste manuelle Arbeit verrichtet hatte, die jedoch nicht allzu viel kognitive Leistung erforderte. Er war es schlichtweg nicht mehr gewohnt, anstrengende Kopfarbeit machen zu müssen. Manchmal konnte Sonja ihm helfen, ihn abfragen, aber im Großen und Ganzen musste er sein Pensum alleine bewältigen.
    Sie sahen sich weni ger, meistens nur am Wochenende und manchmal, wenn die Zeit es erlaubte, auch in der Wochenmitte, was den Vorteil hatte, dass sie sich weniger stritten.
    Um sich nicht auseinander zu leben, um endlich wieder einmal etwas Geme insames, Schönes zu teilen, hatten sie dieses Wochenende im Elsass geplant.
    Und nun saß sie hier auf der Autobahn im Stau fest , hatte diesen Fremden getroffen und alles Bisherige geriet ins Wanken.
     
    Sven kommt zurück, sie sieht ihn im Rückspiegel.
    „Sie haben mir zehn Liter Benzin eingefüllt, das langt auf jeden Fall bis zur nächsten Raststätte“, freut er sich, nachdem er sich neben sie gesetzt hat.
    Sonja sieht ihn an. Seine Lippen sind blau gefroren und der ganze Kerl zittert.
    „Ich hoffe, du schickst mich jetzt nicht in mein ausgekühltes Auto, nur weil ich wieder Benzin habe und heizen könnte, oder?“, jammert er, bewusst Mitleid heischend.
    „Aber nein.“ Sonja lacht . „Wer weiß, vielleicht brauche ich ja noch dein Müsli und die Milch zum Frühstück.“
    „Ach so.“ Sven grinst. „Wenn das so ist...“
    Es ist wunderschön, mit ihm herum zu flachsen. Sonja hat das Gefühl, Sven schon ewig zu kennen. So vertraut ist er ihr, so nahe. Wenn er doch nur eine Andeutung machen würde, dass es mit ihnen nach dieser ersten Begegnung weiter geht. Sie möchte ihn so gerne wieder sehen, ihn besser kennen lernen. Aber sie will nicht als erste die Initiative ergreifen. Wenn er nicht ähnliche Gefühle empfindet wie sie, dann soll es wohl nichts werden mit ihnen.
    Noch einmal überlegt sie, wie das Gespräch weiter gehen könnte , doch Sven ist wohl im Augenblick einfach nur noch müde.
    „Lass uns ein wenig schlafen“, schlägt er vor und schaut sie lange an. Seine Augen strahlen wie eine blank geputzte Murmel, obwohl er vor Müdigkeit ständig blinzeln muss. „Der Mann vom ADAC hat gesagt, dass es nicht mehr lange dauern wird, bis die Unfallstelle geräumt ist. Und dann sollten wir doch wieder einigermaßen fit sein, meinst du nicht?“
    Wie schön seine Augen sind! Jetzt, wo Svens Blick auf ihr ruht, spürt sie das Blut in ihren Ohren rauschen. Wie er sie so anschaut, könnte man glauben, dass er ähnliche Gefühle empfindet wie sie. Wenn er doch nur ein Zeichen gäbe! Aber ihr Nebensitzer scheint im Augenblick einfach nur hundemüde zu sein.
    „Einverstanden “, nickt sie. Mittlerweile zeigt die Uhr zwei in der Früh an und auch sie ist eigentlich kurz vor dem Zusammenklappen.
    Nun gut, denkt sie, und kuschelt sich fast glücklich in ihre Decken. Warten wir’s ab. Noch ist alles offen. Immerhin ist er zu ihr zurückgekommen, obwohl er jetzt ja auch in seinem Auto hätte bleiben können.
    Sie schließt die Augen und lauscht, so lange es nur geht, seinem gleichmäßigen Atem. Dann fällt sie in einen unruhigen Schlaf.
     
    Sonja wacht als Erste auf. Weiter vorne tut sich etwas. Autohupen erklingen, vermutlich um einen schlafenden Autofahrer zu wecken, ab und zu wird eine Türe geschlagen.
    Sie richtet sich auf und späht den Karossen entlang in die Ferne. Ja, die Rücklichter ganz vorne bewegen sich tatsächlich ein wenig, die Blechschlange setzt sich in Bewegung.
    Endlich! Sie streckt sich, dehnt ihre Schultermuskulatur und holt tief Luft. Dann schaut sie den Mann an, der neben ihr sitzt. Sven schläft tief und fest, er hat der Kopf an den Holm gelehnt und sein Mund ist ein ganz klein wenig geöffnet. Sonja weiß, dass sich in den nächsten Minuten Vieles, vielleicht sogar Zukunftsweisendes entscheiden wird und sie hat große Angst davor. Aber es hilft alles nichts, die Situation erlaubt keinen Aufschub, sie muss ihn wecken.
    „Sven! Aufwachen!“, flüstert sie leise und berührt sanft seine Schulter. Er holt tief Luft, schließt seinen Mund und schläft ungestört weiter.

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