Die Nacht mit dem Wuestenprinzen
hatte ihre letzten zwanzig Hongkongdollars aufgezehrt.
Renate hatte ihr Frühstück mit Tiffany geteilt und ihr einen Job als Hostess im Le Club verschafft, damit sie sich als Bedienung ein wenig Geld verdienen konnte.
Von Renate wusste sie auch, wo die Tabletts mit den „Champagnercocktails“ standen – das Einzige, was den Hostessen zu trinken erlaubt war. Sie bestanden aus Limonade. Aus billiger Limonade. Damit die Mädchen nüchtern blieben und die Gäste dazu animierten, teure Cocktails zu bestellen. Cocktails mit sexy Namen, für die Le Club offenbar berühmt war. Natürlich wurde erwartet, dass die Kunden auch für die völlig überteuerten Drinks der Hostessen aufkamen. Aber Tiffany konnte sich keine Skrupel leisten. Sie musste Renate dankbar sein, dass sie hier bedienen durfte. Sir Julian schien ohnehin nur zu gern bereit, Renates falsche Champagnercocktails zu bezahlen.
Es geht mich nichts an, dachte Tiffany. Mund halten und die Drinks servieren. Später dann die Trinkgelder einstreichen. Dafür war sie hier und würde lächeln, bis ihr das Gesicht wehtat. Sie warf dem jüngeren der beiden Männer einen Blick zu, doch ihr Lächeln erstarb, als sie sah, wie abweisend er wirkte. Selbst hier, in diesem überfüllten Club, schien er um sich herum einen magischen Ring gezogen zu haben, den niemand übertreten durfte.
Unsinn. Tiffany ärgerte sich über ihre melodramatischen Gedanken und setzte erneut ihr Lächeln auf. „Was kann ich Ihnen zu trinken bringen?“
Es war Sir Julian, der zuerst antwortete. „Ich bleibe bei meinem Gin Tonic.“ Er gab ihr die Cocktailkarte zurück.
„Für mich eine Cola. Kalt, bitte, und mit Eis, falls es hier welches gibt, das noch nicht geschmolzen ist.“ Der Mann, den Renate Rafiq genannt hatte, gönnte Tiffany die Andeutung eines Lächelns. Der harte Ausdruck seines markanten Gesichts wich purem Charme, und Tiffany stockte der Atem, als sie sah, wie unglaublich anziehend dieser Fremde war.
„Na…natürlich“, stammelte sie. „Ich bin gleich wieder bei Ihnen.“
„Du findest uns in einem der Separees dort drüben“, sagte Renate und wies auf die abgeschirmten Nischen im hinteren Bereich des Clubs.
Es war nicht schwer, die drei zu finden, als Tiffany ein paar Minuten später mit den Drinks zurückkehrte. Zuerst bediente sie Renate und Sir Julian, die nebeneinandersaßen, dann wandte sie sich Rafiq zu.
Ein interessanter Name, dachte sie. Er passt zu ihm. Sehr männlich. Exotisch. Wortlos reichte Tiffany ihm den Softdrink. Dabei klirrte das Eis im Glas.
„Danke.“ Er neigte den Kopf.
Sekundenlang verspürte Tiffany den verrückten Impuls, vor diesem Mann zu knicksen.
Renate beugte sich vor. „Hier.“
Tiffany nahm das Handy, das Renate ihr in die Hand drückte, und schaute die Kollegin verwundert an. Renate bedeutete ihr mit einer Geste, sie solle ein paar Fotos machen. Also versuchte Tiffany rasch, sich mit dem Fotomodus vertraut zu machen. Sobald sie fertig war, entdeckte sie, dass Renate mittlerweile auf Sir Julians Schoß saß und die Arme um seinen Hals geschlungen hatte. Tiffany machte ein paar Schnappschüsse.
Doch als der Blitz aufflammte, reagierte Sir Julian scharf und abwehrend. „Keine Fotos.“
„Tut mir leid.“ Tiffany errötete und bemühte sich, die Löschfunktion zu finden.
„Sind die Fotos gelöscht?“, fragte Rafiq, und seine Stimme klang eiskalt.
„Ja, ja …“ Tiffany schob das Handy in den breiten Ledergürtel und schwor sich, die Bilder zu vernichten, sobald sie ein paar Minuten Zeit fand.
„Braves Mädchen.“ Sir Julian lächelte, und Tiffany entspannte sich ein wenig. Das wäre es noch gewesen: Gefeuert zu werden, ehe sie Gelegenheit gehabt hatte, ihren Lohn einzustreichen.
„Setz dich neben Rafiq!“, forderte Renate sie jetzt auf.
Er saß Sir Julian gegenüber, und neben ihm war Platz, aber es schien nicht so, als wolle er diesen mit jemandem teilen.
„Hm, ich glaube, ich schaue lieber, ob noch jemand was trinken will.“
„Setz dich, Tiffany.“ Diesmal war klar, dass Renate keinen Widerspruch duldete.
Tiffany schaute sich um. Die meisten der Hostessen saßen in Nischen, tranken falsche Champagnercocktails und unterhielten sich mit den Gästen. Niemand schien zurzeit Nachschub zu brauchen.
Also schob sich Tiffany auf den gepolsterten Sitz neben Rafiq und hoffte, dass es bloß das schummrige Licht war, das ihn so unnahbar, fast grimmig wirken ließ. Was fiel diesem Mann ein, sie so abfällig zu
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