Die Nacht mit dem Wuestenprinzen
und sah, wie Sir Julian seine Hand in Renates Ausschnitt gleiten ließ. Renate kicherte.
Erneut suchte Rafiq Tiffanys Blick. „Ist es das wert?“
Sie antwortete nicht, sondern beobachtete das Paar, das ihnen gegenübersaß. Dabei wirkte sie, als sei ihr übel.
„Sie würden sich für Geld von einem Mann betatschen lassen?“, fragte er härter als beabsichtigt. „In aller Öffentlichkeit?“
„Ich glaube, mir wird schlecht.“
Sie sprang auf und rannte Richtung Toilette. Rafiq lehnte sich zufrieden zurück. Heute war ihr erster Abend im Club. Vielleicht würde es ihm gelingen, sie zur Vernunft zu bringen, ehe es zu spät war. Eine junge Frau wie Tiffany durfte sich nicht auf diese Weise das Leben ruinieren.
Mit einem verächtlichen letzten Blick auf Sir Julian und Renate warf Rafiq eine Hundertdollarnote auf den Tisch, stand auf und folgte Tiffany.
2. KAPITEL
Rafiq lehnte im Korridor an der Wand, als Tiffany den Waschraum verließ. Nun kam er geschmeidig wie ein Panther auf sie zu, und Tiffany konnte bloß hoffen, dass er sie nicht als Beute betrachtete. Dieser attraktive Mann besaß finstere Eigenschaften, von denen sie lieber nichts wissen wollte.
„Ich rufe Ihnen ein Taxi.“
„Jetzt?“, rief sie entgeistert. „Ich kann jetzt nicht weg. Meine Schicht ist noch nicht zu Ende.“
„Ich sage dem Verantwortlichen Bescheid, dass Sie das Lokal mit mir verlassen. Niemand wird sich deswegen mit mir anlegen.“
Sie musterte ihn. Unbeugsamer Blick, markante Züge, durchtrainierter Körper. Rafiq war ein Mann, der sich Raum nahm, und diesen Raum machte ihm niemand streitig. Stimmt, dachte sie. Kein Mensch wird sich mit ihm anlegen wollen.
Außer ihr selbst. „Ich gehe nirgendwo mit Ihnen hin.“
„Ich hatte nicht vor, Sie irgendwo mit hinzunehmen. Ich wollte Ihnen nur ein Taxi rufen.“
„Ich kann mir kein Taxi leisten“, sagte sie schlicht.
„Dann bezahle ich eben dafür.“
Zuerst wollte Tiffany protestieren, doch dann zögerte sie. Weshalb sollte er nicht für das Taxi aufkommen? Er schuldete ihr schließlich immer noch das Trinkgeld für den Service. Wenn auch in diesem Club unter „Service“ mehr verstanden wurde, als ein paar Drinks zu servieren. Renate würde die Nacht sicherlich im Bett von Sir Julian verbringen. Und wofür? Damit er sie mit zum Pferderennen nahm und ihr ein paar Klamotten kaufte?
Tiffany hatte nicht vor, es ihr gleichzutun. Sie wollte ihre Selbstachtung behalten.
Andererseits konnte sie es sich nicht leisten, zu stolz zu sein, denn sie brauchte jeden Cent. Für etwas Essen und für die Unterkunft. Wenn Rafiq ihr das Geld fürs Taxi gab, konnte sie den Hinterausgang benutzen, während er telefonierte. In der Zwischenzeit würde sie zu Fuß nach Hause gehen. Das wäre doch kein Betrug, oder? Immerhin hatte sie sich ein bisschen Trinkgeld redlich verdient.
Also gab sie nach. „Danke.“
Plötzlich stand er ganz dicht vor ihr. Viel zu dicht. Tiffany trat einen Schritt zurück und hätte ihm beinahe gesagt, er solle sein Geld behalten. Dann riss sie sich zusammen. Das bisschen Lohn, das sie für ihre Arbeit hier im Club bekommen würde, konnte zusammen mit dem Geld fürs Taxi reichen, um bis zum Montag über die Runden zu kommen.
Erleichtert atmete sie auf. Ihre Probleme waren gelöst. Zumindest bis Montag.
Am Wochenende würde sie weiter versuchen, ihren Vater zu erreichen. Bestimmt las er irgendwann seine E-Mails, hörte seine Mailbox ab. Seine Standpauke würde sie über sich ergehen lassen. Doch dann würde er ihr Geld aufs Konto überweisen, sodass sie ihren Rückflug buchen konnte. Zu Hause warteten ihre Mutter und ganz andere Probleme auf sie.
„Das wäre sehr nett“, fügte sie deshalb noch hinzu und erwartete, dass er nun seine Geldbörse zücken würde.
„Dann gehen wir.“
Rafiq legte ihr eine Hand auf den Rücken, und Tiffany überlief ein heißer Schauer. Es musste an der Hitze im Club liegen und nicht an der Berührung von Rafiq. Trotzdem konnte sie einen Moment lang keinen klaren Gedanken fassen. Als sie es tat, war es bereits zu spät.
„Warten Sie“, rief sie und fügte im Stillen hinzu: „Mein Lohn!“
Doch er hatte sie schon an der Bar vorbei in die verspiegelte Lobby geschoben. Gleich darauf standen sie draußen auf der Straße. Es war drückend heiß, und natürlich warteten vor dem Club Taxis. Für Männer wie Rafiq gab es immer ein Transportmittel.
„Halt“, protestierte Tiffany, doch Rafiq hatte schon die Wagentür geöffnet
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