Die Nacht mit dem Wuestenprinzen
brauchte den Lohn, um die Jugendherberge bezahlen zu können. An eine zweite Schicht war überhaupt nicht zu denken. Sie blickte Renate in die Augen. „Gut, ich stehe es durch.“
„Denk doch mal nach. Es ist wirklich keine große Sache, wenn man das erste Mal hinter sich hat“, probierte Renate es erneut. „Das machen doch alle hier. Es gibt eine große Nachfrage nach jungen Touristinnen.“ Renate zuckte die Achseln. „Rafiq sieht gut aus. Es ist bestimmt angenehm mit ihm. Willst du lieber abgebrannt und verzweifelt in Hongkong rumsitzen?“
„Ja.“ Tiffany fröstelte, als sie an Rafiqs abschätzigen Blick dachte. „Rafiq hat kein Interesse daran, mit mir zu schlafen.“
Renate lachte. „Und ob er das hat. Allerdings wirst du dabei nicht zum Schlafen kommen“, bemerkte sie anzüglich. „Und hinterher kriegst du eine Menge Geld.“
„Lieber verhungere ich!“
„Unsinn. Nicht wenn du tust, was er von dir verlangt.“
„Nein!“ Entschlossen fügte Tiffany hinzu: „Und verhungern werde ich auch nicht. Ich wurde hier als Bedienung angeheuert, und wenn ich meine Schicht beendet habe, steht mir mein Lohn zu. Außerdem schuldet mir Rafiq noch mein Trinkgeld.“
Lohn und Trinkgeld würden sie übers Wochenende bringen. Und dieser Gedanke gab ihr neuen Mut.
Sir Julians überlaute Stimme dröhnte in sein Ohr, aber Rafiq konzentrierte sich auf den runden Durchgang, in dem Tiffany und Renate jetzt erschienen. Tiffany war nicht die Sorte Frau, die er in einem solchen Club erwartet hätte. Ihr Gesicht besaß etwas Frisches, fast Unschuldiges, und passte überhaupt nicht zu dem knallroten Lippenstift und dem lächerlichen schwarzen Fetzen, den sie trug. Aber vermutlich war alles bloß Show, das eine wie das andere. Tiffany, die perfekte Schauspielerin.
Und trotzdem – als sie zurück an den Tisch kam, hätte er schwören können, dass sie sich hier in dieser Umgebung nicht wohlfühlte.
Sie reichte ihm einen großen Softdrink mit viel Eis und sah unsicher zu ihm auf.
„Danke.“ Seltsam, wie diese Frau ihn irritierte. Er war es gewohnt, dass Frauen ihn anhimmelten und versuchten, ihn zu umgarnen. Doch Tiffany verhielt sich völlig anders. Der Blick ihrer großen dunklen Augen war fast ängstlich, als habe ihr jemand erzählt, er sei ein Mädchenhändler oder Schlimmeres.
Renate? Aber was konnte die große Blondine wohl über ihn gesagt haben? Sie hielt sich an Sir Julian. Offenbar versprach sie sich von dem Hotelmagnaten mehr als von einem Scheich aus königlicher Familie. Eigentlich hatte Rafiq sofort gehen wollen, nachdem er erkannt hatte, um was für ein Lokal es sich beim Le Club handelte. Aus Höflichkeit und um den Vertragsabschluss mit Sir Julian zu begießen, der ein Hotel in Dhahara, Rafiqs Heimat, bauen wollte, war er auf einen Drink geblieben.
Doch dann hatte Tiffany Leitungswasser getrunken statt eines falschen Champagnercocktails, und er war neugierig geworden, was für ein Spiel sie spielte.
„Setzen Sie sich“, forderte er sie auf. „Ich beiße nicht.“
Sie reagierte nicht, sondern starrte entsetzt zu Sir Julian und Renate hinüber. Rafiq folgte ihrem Blick.
Renate strich lasziv mit ihrem Daumen über Sir Julians fleischige Lippen und kicherte, als der Hotelier begann, an ihrer Fingerspitze zu knabbern, ehe er sie in den Mund nahm, um lustvoll daran zu saugen.
Rafiq presste die Lippen aufeinander. Tags zuvor noch war er bei Sir Julian zu Hause eingeladen gewesen. Stolz hatte der Baulöwe ihm seine Frau vorgestellt, mit der er fast dreißig Jahre verheiratet war. Seine erwachsene Tochter war ebenfalls anwesend gewesen. Sir Julian hatte sofort versucht, sie mit Rafiq zu verkuppeln.
„Ich verschlinge auch keine Daumen“, fügte er an Tiffany gewandt hinzu und nahm erstaunt wahr, dass sie sich ein wenig entspannte.
Zum ersten Mal bemerkte er, dass ihre braunen Augen goldgesprenkelt waren. Bisher war ihm nur aufgefallen, wie schön ihr Haar und ihre pfirsichzarte Haut waren. Nicht, dass er sich wirklich für eine Frau interessiert hätte, die in einem solchen Club ihr Geld verdiente …
Abrupt fragte er: „Warum arbeiten Sie hier?“
„Ich bin heute das erste Mal hier“, erwiderte Tiffany leise. „Renate meinte, es sei ein guter Ort, um Geld zu verdienen.“
„Haben Sie Geld denn so nötig?“ Als sie nicht antwortete, stieg so etwas wie Enttäuschung in ihm auf. „Sie sollten gehen.“
Tiffany errötete und starrte blicklos auf die Tischplatte.
Rafiq wandte sich ab
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