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Die Nacht Von Lissabon

Die Nacht Von Lissabon

Titel: Die Nacht Von Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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hierbleiben.‹
    ›Wohin sollen wir gehen?‹
    ›In deine Wohnung.‹
      Ich glaubte nicht recht gehört zu haben. ›Wohin?‹ fragte ich noch einmal.
    ›In deine Wohnung. Wohin sonst?‹
      ›Man kann mich auf der Treppe erkennen! Wohnen nicht dieselben Leute wie früher noch in dem Haus?‹
    ›Man wird dich nicht sehen.‹
    ›Und das Mädchen?‹
    ›Ich werde es für den Abend wegschicken.‹
    ›Und morgen früh?‹
      Helen sah mich an. ›Bist du von so weit gekommen, um mich alles das zu fragen?‹
      ›Ich bin nicht gekommen, um gefaßt zu werden und dich in ein Lager zu bringen, Helen.‹
      Sie lächelte plötzlich. ›Josef‹, sagte sie. ›Du hast dich nicht verändert. Wie bist du nur hergekommen?‹
      ›Das weiß ich auch nicht‹, erwiderte ich und mußte selbst lächeln. Die Erinnerung daran, daß sie das früher manchmal, halb zornig, halb verzweifelt über meine Umständlichkeit, gesagt hatte, wischte die Gefahr auf einmal weg. ›Aber ich bin da‹, sagte ich.
      Sie schüttelte den Kopf, und ich sah, daß ihre Augen voll Tränen waren. ›Noch nicht‹, erwiderte sie. ›Noch nicht! Und nun komm, oder man wird uns tatsächlich verhaften, weil es aussieht, als mache ich dir eine Szene.‹
      Wir gingen über den Platz. ›Ich kann doch nicht sofort mit dir kommen‹, sagte ich. ›Du mußt dein Mädchen doch vorher wegschicken! Ich habe ein Zimmer in einem Hotel in Münster genommen. Man kennt mich da nicht. Ich wollte dort wohnen.‹
    Sie blieb stehen. ›Wie lange?‹
    ›Das weiß ich nicht‹, erwiderte ich. ›Ich habe nie weiter
    denken können, als daß ich dich sehen wollte und daß ich danach irgendwie zurück müßte.‹
    ›Über die Grenze?‹
    ›Wohin sonst, Helen?‹
      Sie senkte den Kopf und ging weiter. Ich dachte daran, daß ich nun sehr glücklich sein sollte, aber ich fühlte es nicht so. Wirklich fühlt man es wohl immer erst später. Jetzt - jetzt weiß ich, daß ich es war.

    ›Ich muß Martens telefonieren‹, sagte ich.
      ›Du kannst das von deiner Wohnung aus tun‹, erwiderte Helen. Es traf mich jedesmal, wenn sie ›deine Wohnung‹ sagte. Sie tat es absichtlich. Ich wußte nicht, weshalb.
      ›Ich habe Martens versprochen, ihn in einer Stunde anzurufen‹, sagte ich. ›Das ist jetzt. Wenn ich es nicht tue, glaubt er, es sei etwas passiert. Vielleicht tut er dann etwas Unvorsichtiges.‹
    ›Er weiß, daß ich dich abhole.‹
      Ich blickte auf die Uhr. Es war schon eine Viertelstunde später, als ich anrufen wollte. ›Ich kann es von der nächsten Kneipe aus tun‹, sagte ich. ›Es dauert nur eine Minute.‹
      ›Mein Gott, Josef!‹ sagte Helen zornig. ›Du hast dich wirklich nicht geändert. Du bist noch pedantischer geworden.‹
    ›Dies ist keine Pedanterie. Es ist Erfahrung. Ich habe zu oft gesehen, wieviel Unheil passieren kann, wenn man Kleinigkeiten vernachlässigt. Und ich weiß zu genau, was Warten heißt, unter Gefahr.‹ Ich nahm ihren Arm. ›Ohne Pedanterie dieser Art wäre ich nicht mehr am Leben, Helen.‹ - Sie drückte heftig meinen Arm. ›Ich weiß‹, murmelte sie. ›Siehst du denn nicht, daß ich furchte, es würde etwas passieren, wenn ich dich jetzt nur noch eine Minute allein lasse?‹
      Ich spürte alle Wärme der Welt. ›Nichts wird passieren, Helen. Auch daran kann man glauben. Mit aller Pedanterie.‹ Sie lächelte und hob ihr blasses Gesicht. ›Geh und telefoniere! Aber nicht in einer Kneipe. Drüben ist ein Telefonstand. Man hat ihn hingebaut, während du fort warst. Er ist sicherer als eine Kneipe.‹
      Ich ging in die Glaskabine. Helen blieb draußen. Ich rief Martens an. Die Nummer war besetzt. Ich wartete einige Zeit und rief wieder an. Das Nickelstück fiel scheppernd zurück; die Nummer war immer noch besetzt. Ich wurde unruhig. Durch das Glas sah ich Helen draußen aufmerksam hin und her gehen. Ich machte ihr ein Zeichen, aber sie sah mich nicht. Sie beobachtete die Straße, den Hals gereckt, spähend, ohne es zu sehr zeigen zu wollen. Wärter und Schutzengel zugleich, in einem sehr gutsitzenden Kostüm, wie ich jetzt bemerkte. Ich sah auch, während ich wartete, daß ihr Mund mit Lippenstift nachgezogen war. Im gelben Licht wirkte er fast schwarz. Mir fiel ein, daß Schminke und Lippenstift im neuen Deutschland unerwünscht waren.
      Beim dritten Anruferreichte ich Martens. ›Meine Frau hat telefoniert.‹ sagte er. ›Fast eine halbe Stunde. Ich konnte sie nicht

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