Die Nacht von Shyness

lesen, was sie mögen und warum sie es mögen. Ich versuche zu verstehen, wovon sie warum begeistert sind und was sie generell beschäftigt. Das spiegelt sich bestimmt auch in meinem Schreiben wider.
    Shyness kontrastiert unserer Meinung nach ganz wunderbar all die Dystopien, die im Augenblick angesagt sind. Wie unterscheidet sich Shyness von ihnen, was denken Sie?
    Das ist eine schwere Frage! Eine Sache ist, dass viele der Dystopien die Zukunft oder alternative Realitäten aufzeigen. Für mich ist Shyness mehr eine zeitgemäße Realität, die der Leser durch einen Verzerrspiegel auf dem Jahrmarkt betrachtet. Oder was passieren würde, wenn man auf einmal ein Stück aus seinem Leben rutscht und sich in einer leicht verdrehten Welt wiederfindet, die aber viel Vertrautes aufweist. Ich nenne es »die Wirklichkeit in schräg«.
    Wolfboy und Wildgirl sind Gegenentwürfe zu den klassischen Charakteren in Geschichten wie Biss und Co. Haben Sie absichtlich Figuren erschaffen, mit denen Sie sich vom Vampir- und Werwolfhype distanzieren?
    Über Die Nacht von Shyness habe ich schon nachgedacht, bevor es diese Trends gab. Als dann aber die Twilight -Filme rauskamen, war es mir wichtig, dass mein Buch nichts Vergleichbares sein sollte.
    Außerdem wollte ich, dass Wolfboy und Wildgirl auf den Seiten im Buch so real und zugleich kompliziert sind, wie sie es in meinem Kopf waren. Sie sollten nicht einfach in eine erwartbare Mädchen-Jungs-Kiste reinstolpern. Außerdem war es mir wichtig, dass ihre unterschiedlichen Persönlichkeiten eine Dynamik zwischen ihnen voller Spannung, Elektrizität und Anziehung zur Folge haben.
    Arbeiten Sie an einer Fortsetzung?
    Ja, glücklicherweise. Aktuell arbeite ich an der Fortsetzung mit dem Arbeitstitel Queen Of The Night . Die Geschichte beginnt sechs Monate nach dem, was in Shyness passiert ist, und konzentriert sich noch mehr auf Wolfboy und Wildgirl. So viele Leser, inklusive meiner eigenen Mutter, wollten lesen, wie es weitergeht – und irgendwann wollte ich es selbst auch wissen. Aber so einfach mache ich es euch nicht! Ich arbeite hart daran, dass ihr etwas bekommt, das ihr nicht erwartet.
    Wir können uns die Geschichte sehr gut auf der Leinwand vorstellen. Gibt es hierzu irgendwelche Pläne?
    Oh, das wäre herrlich! Bisher ist nichts in Planung, aber wenn Sie jemanden wissen … Tom Tykwer ist ein wunderbarer deutscher Filmemacher; von ihm könnte ich mir Shyness gut vorstellen. Ich denke viel in Bildern, wenn ich schreibe, also wäre es so spannend zu sehen, was Leute vom Film aus der Geschichte machen würden. Ich habe mal für eine Filmfirma gearbeitet und liebe es, ins Kino zu gehen. Deshalb wäre es ein Traum für mich, Shyness verfilmt zu sehen.
    Herzlichen Dank, liebe Leanne, für das Interview.
    Dieses Interview wurde im Oktober 2011 geführt (Aufbau Verlag).

Informationen zum Buch
    Am Stadtrand von Shyness, wo ewige Dunkelheit herrscht, trifft Wolfboy ein merkwürdiges Mädchen. Sein Name ist Wildgirl und es erklärt Wolfboy zum Fremdenführer für eine Nacht. Auf ihrer Tour durch Shyness kommen sie nicht nur den zuckerabhängigen Kidds in die Quere, sondern auch verrückten Affen, ewigen Träumern, Döner verkaufenden Wahrsagerinnen, teuflischen Psychiatern und einer großen Liebe – denn eine Nacht ist lang genug, um zwei Leben zu verändern.

Informationen zur Autorin
    © Lucian Chaffey
    L EANNE H ALL arbeitet in Teilzeit als Kinderbuchhändlerin. Ihre Kurzgeschichten wurden in verschiedenen Anthologien veröffentlicht. Für »Die Nacht von Shyness« erhielt sie diverse Auszeichnungen und Nominierungen. Die Autorin lebt in Melbourne.