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Die Nachtwanderin

Die Nachtwanderin

Titel: Die Nachtwanderin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T. J. Hudspeth
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Mann zu treffen. Ein kurzer Blick auf die digitale Uhrenanzeige ihres Handys zeigte ihr, dass sie sich besser auf den Weg machen sollte, um pünktlich am Treffpunkt anzukommen. Mimma wollte den Mann nicht noch unnötig mit Unpünktlichkeit verärgern. Sie packte ihre Sachen in ihre Handtasche und machte sich daran das Kaffee zu verlassen. Ihren fast noch vollen, jedoch kalt kaltgewordenen und somit für Mimma ungenießbaren Kaffee, ließ sie am Tisch stehen. Sie zog sich ihren dunkel violetten Mantel an und stülpte sich die daran angebrachte Kapuze über, um sich vor dem Regen zu schützen, der nach wie vor an Stärke nicht verloren hatte und begab sich hinaus in das Unwetter.
Mimma lief eine Weile durch die fast menschenleeren Straßen. Die meisten hatten in Restaurants, Bars und Einkaufsläden Schutz vor dem Regen gesucht. Andere sind in ihre Mietswohnungen und Häuser geflüchtet, um sich nicht womöglich noch eine Erkältung einzufangen. Während sie so lief, ging sie in Gedanken ihr bisheriges Leben durch, bis zu dieser einen Nacht, die alles veränderte.
    *****

    Mimma war das letztgeborene Kind von insgesamt fünf Kindern. Ihre Mutter war alleinerziehend. Mit ihren anderen Geschwistern verstand sich Mimma nicht, denn sie hatte die Stellung als Nesthäkchen inne. Bei jeder sich bietenden Gelegenheit, piesackten ihre älteren Geschwister sie. Sie ließen Mimma von Anfang an spüren, dass sie nicht erwünscht war. Durch die ständigen Quälereien ihrer Geschwister und die fehlende Liebe ihrer Mutter, stumpfte Mimma ab und zog sich immer mehr zurück. Während sie heranwuchs, wurde sie zu einer Einzelgängerin, die weder in der Schule, noch in ihrer Freizeit, Kontakt mit gleichaltrigen Kindern suchte. Sehr zum Ärgernis von Mimmas Lehrern, denn ihr asoziales Verhalten war für sie ein Dorn im Auge. Umso älter Mimma wurde, desto schwieriger wurde sie. Pädagogen waren mit ihren erzieherischen Maßnahmen erfolglos gewesen und somit mit ihrem Latein am Ende. Es folgte ein Marathon an Psychologen- und Sozialarbeiterbesuchen. Doch auch das brachte keinen Erfolg. Sie legten ihrer Mutter nahe, Mimma mit Hilfe von psychopharmazeutischen Medikamenten ruhig zu stellen. Die chemischen Bomben sollten ihre Emotionen völlig lahm legen. Doch dann hätte Mimma in eine betreute Wohngemeinschaft gehen müssen, denn mit den Medikamenten wäre ein normales Leben für sie nicht mehr denkbar gewesen. Doch Mimmas Mutter fehlte dazu der Mut. Außerdem wollte sie nicht wahr haben, dass sie als Mutter völlig versagt hatte. Mimma war alles egal. Sie spürte sowieso nichts mehr. Alles was sie wollte, war von ihrer Familie weg zu kommen und frei zu sein. Wenn Freiheit für sie also bedeutete, vollgepumpt mit Medikamenten und sabbernd in der Ecke eines betreuten Wohnheims zu sitzen und Löcher in die Luft zu starren, wie ein gehirnloser Zombie, dann wäre ihr diese abgewandelte Form von Freiheit auch recht gewesen. Hauptsache sie konnte der Hölle, die sich ihre Familie nannte, endlich entfliehen.

Irgendwann, als Mimma so zwischen 16 und 17 Jahren alt war, flatterte mal wieder ein Brief von der Schule nach Hause, indem sich die Schulleitung über das Verhalten und über die vielen Fehltage von Mimma beschwerte. Das war der Augenblick, als Mimmas Mutter endgültig mit ihren Kräften am Ende war. Alles was sie wollte, war dass es endlich aufhörte. Sie wollte keine negativen Briefe mehr von der Schule erhalten, die beinahe täglich den Briefkasten füllten und schon ohnehin an ihrem leichten Nervenkostüm zerrten. Nicht nur die Disharmonie in der Familie, machte ihr zu schaffen, sondern auch die täglichen Anstrengungen irgendwie weiterzumachen. Jeden Tag musste sie von neuem schauen, wie sie ohne jegliche Unterstützung, fünf hungrige Mägen und ihren eigenen füllen konnte. Oft hungerte Mimmas Mutter, damit zumindest die Kinder satt und zufrieden ins Bett gehen konnten. Der ständige Kampf ums Überleben stand Mimmas Mutter ins Gesicht geschrieben. Sie sah um einiges älter aus, als sie es eigentlich war und auch ihr Körper streikte. Jeden Tag hatte sie andere Wehwehchen, die ihr das Leben erschwerten.
Als Mimma nach der Schule nach Hause kam, fand sie ihre Mutter am Küchentisch vor. Beide Arme auf den Tisch gestützt, die ihren schweren Kopf hielten. Ihr Rücken war gekrümmt. Sie gab ein jämmerliches Abbild eines Menschen ab, dachte sich Mimma, dennoch hatte sie Mitleid mit ihr, denn ihre Mutter hatte alles falsch gemacht, was man

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