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Die Nanowichte

Die Nanowichte

Titel: Die Nanowichte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrew Harman
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ist mein Glückstag.«
    »Das ist irgendein Trick, eine abgekartete Sache. Sie haben betrogen! Der Laden ist geschlossen, raus! Alle!« brüllte Doz Ysher und hämmerte wütend mit der Faust auf den Tisch.
    Die Menge johlte höhnisch und rückte keinen Zentimeter von der Stelle. Jahrelang hatte man auf Doz Ysher und seine ›aktuellen Tips‹ gehört, hatte ihm das Geld nachgeworfen (nicht viel, aber immerhin) und wollte jetzt, nachdem es so aussah, als müßte endlich einmal er blechen … Also, das wollte man sich auf gar keinen Fall entgehen lassen. Selbst dann nicht, wenn das ganze Geld an einen völlig Fremden gehen sollte, an einen, der komisches Zeug anhatte und dem ein höhnisch quäkender Papagei auf der Schulter hockte.
    So nebenbei wurde bereits die eine oder andere Wette abgeschlossen, ob der Buchmacher auszahlen mußte oder ob er schaffen würde, das ganze Bare für sich zu behalten.
    »Ich habe gewonnen!« sagte Quintzi energisch.
    »Sie haben betrogen!«
    »Gewonnen!«
    »Betro …«
    »Gewo … Moment mal!« schrie Quintzi und warf theatralisch die Hände hoch. Er hatte eine Idee! Eine Idee, so umwerfend wie die Flutwelle der Euphorie, die sich im Laufe eines von glänzenden Erfolgen gekrönten Tages aufgebaut hatte.
    »Sie sind doch eine risikofreudige Spielernatur, nicht wahr?« Er grinste den Buchmacher anzüglich an.
    »Äh … sicher«, brummelte Doz Ysher verwirrt.
    »Was halten Sie davon, wenn wir die Sache mit einer Wette regeln?«
    Die Menge brüllte begeistert.
    »Wette? Was meinen Sie mit Wette?« fragte der Buchmacher mißtrauisch. »Heute gibt’s kein Rennen mehr.«
    »Es muß ja nicht unbedingt ein Rennen sein«, meinte Quintzi, steckte beiläufig den kleinen Finger ins Ohr und rüttelte die Nanowichte auf. »Wie wär’s mit etwas Näherliegendem? Mit etwas, das uns unmittelbar betrifft? An dem es keinen Zweifel geben kann?« Quintzi blickte zur Decke hinauf, sah den alten Balken aus Eichenholz an, erinnerte sich an eine vor kurzem niedergelegte Scheune und auch daran, daß es großen Spaß gemacht hatte …
    »Ich höre.« Doz Ysher spürte, daß alle Blicke auf ihn gerichtet waren, erwartungsvoll, gespannt …
    »Hmmm«, brummelte Quintzi und strich sich nachdenklich den Bart. »Ich wette … Ich wette, daß dieser Balken da oben die Decke, die darauf liegt, allenfalls noch … tja, also … höchstens noch drei Minuten tragen kann.«
    »Was?« Doz Ysher blieb der Mund offenstehen, er wollte seinen Ohren genausowenig trauen, wie er einem Gebrauchtwagenhändler traute. Die Menge war enttäuscht. Das war doch verrückt!
    »Der Balken da oben?« Doz Ysher zeigte kopfschüttelnd zur Decke.
    »Jau. In drei Minuten kracht er runter. Und alles, was dranhängt. Was ist: Wollen wir wetten? Um meinen Gewinn aus den Rennen?«
    »Sind Sie verrückt geworden? Soll das vielleicht irgend so ein Reklametrick sein? Der Balken hält schon dreihundert Jahre!«
    »Und wird jetzt keine drei Minuten mehr halten. Sie werden schon sehen.«
    »Den ganzen Gewinn aus den Rennen?«
    Quintzi nickte.
    »Ha! Topp!« brüllte der Buchmacher und streckte die Hand durch das Schaltergitter.
    Quintzi fuhr herum, gab das Zeichen zum Einsatz, und die im Wettforum Anwesenden begannen zu zählen, verwirrt und auch wenig enttäuscht darüber, wie die Sache sich entwickelt hatte.
    Was soll man, fragten sie sich, davon halten, wenn jemand erst eine Unmenge Geld gewinnt und dann riskiert, wegen einer Schnapsidee alles wieder zu verlieren? Andererseits hatte er mit seinen Schnapsideen immer richtig gelegen. Also konnte es doch auch diesmal wieder … Nervös rückten sie einen Schritt zurück. Sicherheitshalber.
    Unbemerkt flitzten drei winzige Lichtpünktchen aus Quintzis Ohr, sausten an die Decke, hinein ins Innerste des Balkens und machten sich auf die Suche nach den Schwachstellen.
    »… fünfunddreißig … sechsunddreißig …«
    »Holen Sie lieber schon mal das Bare aus dem Safe«, frotzelte Quintzi.
    »Wird wohl kaum nötig sein«, fauchte Doz Ysher, verschränkte die Arme und fläzte sich siegessicher in seinen Sessel.
    Die beiden starrten sich über die Schaltertheke hinweg an wie zwei Schachgroßmeister, die einen stummen, verbissenen Kampf kämpften.
    »… neunundneunzig … hundert …«
    »Da! Hat geknackt!« stichelte Quintzi. »Hat eindeutig geknackt. War nicht zu überhören.«
    Die Nanowichte werkelten auf der Molekularebene dahin, schnippelten Myriaden von Holzfasern durch und richteten irreparable

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